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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blüte

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Blüte (Blütenhülle, Kelch, Krone).

bildeten Pistills (s. unten) und werden in Bezug hierauf hypogyn genannt (Fig. 4, S. 65). Oder die Blütenachse ist unterhalb der Ansatzstelle der Fruchtblätter ringsum zu einer flachen bis becher- oder krugförmigen Verbreiterung ausgewachsen, auf deren Rande dann erst die Kelch-, Blumenblätter und Staubgefäße entspringen, daher man diese Stellung perigyn nennt (Fig. 5, S. 65). Endlich kann die ganze Blütenachse becherförmige Gestalt annehmen, so daß auch die Fruchtblätter am Rande derselben entspringen. In diesem Fall schließen sich die letztern oberhalb des von der becherförmigen Achse gebildeten Raums zusammen, und der letztere ist dann die sonst von den Fruchtblättern allein gebildete Höhlung, welche die Samenknospen birgt und Fruchtknoten genannt wird (Fig. 6, S. 65). Da hier also der Fruchtknoten unterhalb des Punktes liegt, an welchem die Blütenblätter entspringen, so nennt man diese Stellung epigyn. Die Blütenhülle (perigonium s. perianthium) besitzt in ihrer vollkommensten Form blumenartige Beschaffenheit, wie bei der Tulpe, Lilie etc. In diesem Fall sind die Blätter beider Kreise einander gleichgestaltet oder verschieden, wie z. B. bei der Schwertlilie. Kelchartige Beschaffenheit hat die Blütenhülle z. B. bei den Juncus- und Luzula-Arten, bei Brennesseln, bei der Ulme u. a. Nur als kleine, wenig gefärbte Schüppchen erscheint sie bei der Erle, Eiche, Rotbuche etc. und in ähnlicher unvollkommene Form bei den Gräsern. Die Blüten der letztern sind zwischen zwei Hochblättern, den sogen. Blütenspelzen, eingeschlossen (Fig. 7 b und b'); die Blütenhülle wird erst in Gestalt zweier sehr kleiner Schüppchen sichtbar, wenn man die vordere Blütenspelze entfernt hat (Fig. 8, e e). Noch unvollkommener stellt sich die Blütenhülle dar bei den Arten der Gattung Scirpus, wo sie in Gestalt kleiner, gezähnelter Borsten austritt (Fig. 9). Bisweilen sind die Blätter des Perigons untereinander in ein Ganzes verwachsen, so daß nur ein mehr oder weniger großes Stück ihres obern Teils frei bleibt. Solche Blütenhüllen, wie sie z. B. bei der Hyazinthe, bei Daphne, bei der Ulme (Fig. 10) vorkommen, heißen verwachsenblätterig, in der ältern Botanik auch einblätterig (perigonium gamophyllum s. monophyllum).

Der Kelch (calyx) ist grün oder anders gefärbt, wie bei vielen Ranunkulaceen, wo die Blumenblätter fehlen oder eine andre Ausbildung erhalten, und bei Fuchsia. Die Kelchblätter sind bald von ansehnlicher Größe, meist ganz, seltener fiederförmg geteilt, bald treten sie in ihrer Ausbildung sehr zurück, stellen sehr kleine Zähnchen dar oder fehlen ganz, wie bei den Umbelliferen und den Kompositen, in welch letzterer Familie gewöhnlich ein andres Gebilde an ihrer Stelle steht, die sogen. Haarkrone oder der Pappus (s. d.), der erst an der reisenden Frucht seine völlige Ausbildung erreicht und als metamorphosierter Kelch erscheint. Auch die Kelchblätter sind häufig miteinander verwachsen und bilden einen verwachsenblätterigen Kelch (calyx monophyllus s. gamophyllus), der dann je nach der Länge der freien Enden der Blätter und nach der Zahl derselben zwei- bis vielzähnig, -spaltig, -teilig (calyx bi-, multidentatus, -fidus, -partitus) genannt wird. Beispiele für diese Formen des Kelchs bieten die Nelken und verwandten Gattungen, die Lippenblütler, die Schmetterlingsblütler. Eine eigentümliche Bildung ist der Außen- oder Hüllkelch (epicalyx, s. d.), d. h. ein unmittelbar unter dem Kelch stehender zweiter Kreis kelchartiger Blättchen. In der Regel hat der Kelch eine längere Dauer als die Blume, er ist sogar oft an der Frucht noch vorhanden, ja bisweilen an derselben größer geworden; auch das Perigon zeigt vielfach ein ähnliches Verhalten (vgl. Frucht). Dagegen fällt der Kelch gleichzeitig mit den Blumenblättern nach dem Verblühen ab bei den Kreuzblütlern und schon beim Aufblühen, also vor dem Abfallen der Blumenblätter, beim Mohn.

Die Blume oder Krone (corolla) ist meist vom Kelch durch ansehnlichere Größe, lebhafte Färbung, zarthäutige Beschaffenheit und raschere Vergänglichkeit unterschieden. Wenn die Blumenblätter nicht verwachsen sind, so unterscheidet man ihren untern mehr oder weniger langen, schmalen Teil als den Nagel (unguis) von dem obern brettern, der Platte (lamina, Fig. 11). Die Platte tritt wieder in verschiedenen Formen auf, und ihr Rand ist entweder ganz, oder gezahnt, oder sogar mehr oder weniger tief zerschlitzt, wie bei vielen nelkenartigen Gewächsen (Fig. 11), oder auch tief zweiteilig, wie bei Stellaria. Zwischen Nagel und Platte steht bisweilen aus der Oberseite des Blumenblattes ein schuppenartiges, häutiges Anhängsel, die sogen. Ligula, z. B. bei Arten der Gattungen Silene und Lychnis. Seltener haben die Blumenblätter eine unvollkommene Ausbildung, z. B. als schwach oder nur grünlich gefärbte, an Größe hinter den Kelchblätter zurückstehende, schuppenartige Blättchen bei Arten der Gattungen Ribes und Rhamnus. Sehr häufig sind die Blumenblätter untereinander verwachsen, und es entsteht so die verwachsenblätterige Blume (corolla gamopetala s. monopetala) oder Blumenkrone, die für die ganze Abteilung der Gamopetalen charakteristisch ist. Das untere, aus den verwachsenen Teilen der Blumenblätter bestehende Stück derselben wird die Röhre (tubus), das obere, mehr oder minder ausgebreitete, aus den freien Teilen bestehende Stück der Saum (limbus), die Übergangsstelle zwischen beiden Schlund (faux) genannt. Je nach der Form, den diese beiden Teile haben, heißt die Blumenkrone trichterförmig