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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bodenschätzung; Bodensee

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Bodenschätzung - Bodensee.

Hiermit ist ebensowenig die Ricardosche Theorie widerlegt wie durch 4) die von Carey, Bastiat und M. Wirth vertretene Ansicht, nach welcher der Ertrag des Bodens nur eine mäßige Vergütung für den Arbeitslohn und den Zins des auf Urbarmachung, Erwerb, Anbau des Bodens etc. verwendeten Kapitals sei. Wäre, was übrigens zu bezweifeln, die Behauptung auch richtig, die frühern Aufwendungen seien bei jedem Boden so hoch, daß sie durch die heutigen Überschüsse über die jetzigen Bebauungskosten nicht gedeckt würden, so wäre es doch verkehrt, deswegen das Vorhandensein dieser Überschüsse, d. h. eben der Renten, zu leugnen. Carey, noch mehr aber Bastiat mit seinen oberflächlichen Darlegungen über die B. haben die Thatsache keiner Beachtung gewürdigt, daß der bessere oder dem Markt näher gelegene Boden größere Überschüsse über Bebauungs- und Transportkosten gewährt als der schlechtere oder weiter entlegene. Vgl. außer den Lehrbüchern der Nationalökonomie insbesondere Berens, Dogmengeschichte der Grundrente (Leipz. 1868); Rodbertus, Zur Beleuchtung der sozialen Frage (Berl. 1875).

Bodenschätzung, s. Bonitierung.

Bodensee (in röm. Zeit Lacus Brigantinus, später Schwäbisches Meer oder nach der alten Kaiserpfalz Bodmann an seinem Nordwestrand Bodmannsee genannt, franz. Lac de Constance), großer See zwischen der Schweiz und Deutschland, vom Rhein gebildet und von 9° 27' östl. L. v. Gr. und 47° 45' nördl. Br. durchkreuzt. Von SO. nach NW. sich erstreckend, ist er der größte deutsche und nächst dem Genfer See auch der größte Schweizer See, denn er hat 196,5 km Umfang, 62 km größte Länge (von Bregenz bis zum Einfluß der Stockach), 14,5 km größte Breite (von Arbon nach Friedrichshafen) und bei mittlerm Wasserstand (398 m ü. M.) 539 qkm (9,8 QM.) Flächenraum. Bei Meersburg teilt er sich in zwei Arme, in den Untern oder Zeller See (von Konstanz bis Radolfszell, 18 km lang, eigentlich eine besondere Seebildung), mit der lieblichen Insel Reichenau, und in den Obern oder Überlinger See (nach der badischen Stadt Überlingen, auch Bodmersee genannt, 21 km lang), mit der nicht minder schönen Insel Mainau; Obersee pflegt man auch den ganzen B. mit Ausnahme des Zeller Sees zu nennen. Im SO. liegt auf drei Inseln, durch eine Brücke mit dem Festland verbunden, die Stadt Lindau. Der B. liegt innerhalb der tertiären Formation, welche den Nordrand der Alpen begleitet (über die Funde im Kalkschiefer vgl. Öhningen). In der Eiszeit war er vom Rheingletscher erfüllt. Die größte Tiefe des Sees ist im Kreuz der beiden Linien Lindau-Konstanz und Arbon-Friedrichshafen 276 m, während der Untersee nur eine Tiefe von 20 m hat. Sichtlich verliert der B. mit der Zeit immer mehr an Tiefe, weil die vielen hineinströmenden Flüsse und Bäche, besonders aber der Rhein, der mitten hindurch fließt, sehr viele erdige Teile mitführen und im B. zurücklassen. Noch im 4. Jahrh. reichte der See bis Rheineck, jetzt aber liegt zwischen ihm und diesem Ort eine fast stundenbreite Zone Landes, die von Kanälen und Gräben durchschnitten ist. Das Wasser des Bodensees ist dunkelgrünlich und klar, es schwillt oft sehr plötzlich zur Zeit der Schneeschmelze um 3-4 m an und wird durch den Föhn (Südwind), den Nordwest- und Ostwind zu haushohen Wellen aufgewühlt, auch wird es ohne eine sichtliche äußere Ursache von merkwürdig schnellem Wechsel des Steigens und Fallens (Ruhst genannt) beunruhigt. Um die Gefahr der Überschwemmungen zu vermindern, geht man neuerdings damit um, den Abfluß des Untersees zu regulieren. Im Frühjahr, besonders im März, ist die Fläche des Bodensees häufig mit dem männlichen Samenstaub von Wasserpflanzen bedeckt, was man das "Blühen des Sees" nennt. Die Temperatur des Wassers erleidet weniger Veränderungen als die der dasselbe umgebenden Luft. Sehr selten friert der See zu, und nur strenge Winter, wie 1277, 1435, 1560, 1573, 1587, 1648, 1695, 1788, 1830, 1841 und 1870, gewährten eine Passage auf fester Eisdecke. Im B. halten sich, nach Hartmann, auf: 2 Arten Säugetiere, 73 Arten Vögel, 26 Arten Fische, darunter große Welse (oft 50-60 kg schwer), schmackhafte Grundforellen (Rheinlanken, Salmo lacustris), Seeforellen (Salmo trutta), Trichen (Quappen, Lota vulgaris), Aale und besonders die merkwürdigen Blaufelchen (Coregonus Wartmanni), die dreijährig als "Gangfische" im Spätjahr, besonders am Untersee bei Ermatingen, Gottlieben und Konstanz (an jedem Orte durchschnittlich 50-80,000 Stück), gefangen und in mariniertem oder geräuchertem Zustand versandt werden; außerdem 20 Arten Schaltiere.

Gegenwärtig ist der Verkehr auf dem B., an dem sieben Eisenbahnlinien münden, und der von einer schon teilweise vollendeten Gürtelbahn umgeben werden soll, lebhafter als sonst auf einem Binnengewässer des Kontinents, sowohl in Passagieren als Getreide, Wein, Holz und Kaufmannsgütern. Eine Flottille von 30 Dampfern, darunter 20 deutsche, ist beschäftigt, die Verbindung der ansehnlichsten Uferorte unter sich und mit Schaffhausen zu vermitteln. Zwischen Romanshorn einer- und Lindau-Friedrichshafen anderseits kursiert eine Trajektanstalt, die über 2 Dampffähren und 17 Trajektkähne verfügt und ganze Bahnzüge von Ufer zu Ufer bringt. Die Entfernung Romanshorn-Friedrichshafen (12 km) wird in einer Stunde zurückgelegt. In den deutschen Bodenseehäfen kamen 1882 an Gütern an 53,140 Ton., es gingen ab 365,630 T. Gewöhnlich ist der See ein sehr ruhiges Gewässer und die Fahrt sicher und angenehm. Nur wenn der Föhn die Tiefen erregt, spüren schwächere Personen eine Art Seekrankheit. Die Segelschiffahrt ist sehr gesunken. Die nur stellenweise (gegen NO.) schroff hineinragende Umgebung des Bodensees wird überall von Berg- und Hügelland, an den Mündungen des Rheins, der Schussen und der Stockach sogar von kleinen Tiefebenen gebildet. Obsthaine und Weingärten (Seewein), üppige Getreidefelder und Wiesenfluren und kräftige Waldungen umgürten die Ufer; am südlichen Horizont türmt sich die Alpenwelt in prachtvoller Szenerie bis zur Schneehöhe auf, im NW. thronen auf felsigen Höhen des Hegaus alte Burgen; reinliche Dörfer, gewerbreiche Städte und zahlreiche schloßartige Landsitze (namentlich auf der Schweizer Seite) beleben seine Ufer. Außer dem bayrischen Lindau sind die wichtigsten Orte am B.: Bregenz in Vorarlberg, Rorschach im Kanton St. Gallen, Arbon und Romanshorn im Kanton Thurgau, Konstanz, Radolfszell, Überlingen und Meersburg in Baden und Friedrichshafen und Langenargen in Württemberg. Die Ufer des Bodensees bieten auch eine reiche Ausbeute keltischer Pfahlbauten, besonders bei Sipplingen (zwischen Ludwigshafen und Überlingen), bei Immerstaad (zwischen Meersburg und Friedrichshafen) und zwischen Konstanz und Stein. Weniger zahlreich finden sich römische Altertümer, obgleich wie Konstanz eine römische Kolonie seit Constans, dem Vater Konstantins d. Gr., so Bregenz (Brigantium) schon in der frühern Kaiserzeit römisches Kastell war und dem See seinen römischen Namen gab. Vgl.