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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Böhm; Böhme

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Böhm - Böhme.

frei bleiben, so wendet man die in Fig. 3 dargestellte Konstruktion an, bei welcher die erwähnten Erdpfähle hinter der Bohlwand eingerammt und durch ähnliche Querzangen mit den Bohlwerkspfählen verbunden werden. Die hier auf Zug beanspruchten Streben werden oben durch Schraubenbolzen u. kurze Querzangen sowohl mit den erwähnten Horizontalriegeln als auch mit den Bohlwerkspfählen verbunden. Die Erdpfähle müssen in beiden Fällen möglichst fest eingerammt werden, da der Erddruck sie im ersten Fall niederzudrücken, im zweiten Fall herauszuziehen strebt. Eine zweite Verankerung von Bohlwerken durch sogen. Ankerpfähle (Fig. 4) wird besonders bei Bohlwerken mit aufgesetzten Bohlwerkspfählen angewandt, bei welchen auf einer Reihe von starken, unter Niedrigwasser eingerammten Grundpfählen, welche einer Fäulnis nicht unterliegen, die Bohlwerkswand aufgesetzt und an der Verbindungsstelle durch einen Verbindungsriegel und durch eiserne Klammern, welche unter sich wieder durch Splintbolzen verbunden sind, gegen Verschiebung gesichert wird. Einer Drehung und einem Umsturz derselben wird durch die mittels eines horizontalen Riegels verbundenen Ankerpfähle vorgebeugt, welche durch Querzangen mit den auch durch einen Horizontalriegel verbundenen Bohlwerkspfählen fest vereinigt sind. Die Futterbohlen setzen sich bei dieser Anordnung des Bohlwerks, welche bei eintretender Fäulnis und erforderlicher Reparatur desselben das Herausnehmen und Ersetzen nur des aufgesetzten Teils nötig machen, auf den untern Horizontalriegel auf und werden oben so weit ausgeschnitten, als die Querzangen dies erfordern. Über die statische Berechnung der Bohlwerke mit senkrechter Rückwand vgl. unter anderm "Deutsche Bauzeitung" 1870, S. 35 ff.

Böhm, 1) Johann Daniel, Bildhauer, Medailleur und Steinschneider, geb. 16. März 1794 zu Wallendorf in Ungarn, widmete sich seit 1814 der Kunst und war Schüler Cervaras, bildete sich jedoch meist als Autodidakt zu Florenz und Rom. Später wurde er als Hofmedailleur und Lehrer der Graveurschule nach Wien berufen, wo er 15. Aug. 1865 starb. Er war auch in der Skulptur im kleinen hervorragend.

2) Theobald, berühmter Verfertiger von Holzblasinstrumenten (besonders Flöten), geb. 9. April 1794 zu München, war als Flötist langjähriges Mitglied der königlichen Kapelle daselbst und auch als Komponist für sein Instrument, besonders aber als Verbesser der Konstruktion desselben thätig. Das "System B." hat eine vollständige Umwandlung im Bau der Holzblasinstrumente hervorgebracht. B. ging im Anschluß an den Engländer Gordon von der Idee aus, daß nicht die Bequemlichkeit der Applikatur, sondern die akustischen Prinzipien der besten Resonanz maßgebend sein müssen für die Anbringung der Tonlöcher; so stellte er erst die Mensur der Flöte fest und dann erst dann auf eine passende Einrichtung der Mechanik. Die früher sehr kleinen Tonlöcher machte er so weit, daß die Fingerspitze sie nicht völlig deckte und durchweg Klappen als Verschlußmittel nötig wurden. Der Ton der Böhmschen Flöte ist viel voller, runder, prinzipalstimmenartiger als der der alten Flöte, wie denn die Gegner des Systems an ihm auch das Charakteristische des Flötentons vermissen. B. starb 25. Nov. 1881 in München. Er schrieb: "Über den Flötenbau und die neuesten Verbesserungen desselben" (Mainz 1847) und "Die Flöte und das Flötenspiel, in akustischer, technischer und artistischer Beziehung" (München). Sein wissenschaftlicher Betrat war Professor v. Schafhäutl.

3) Joseph, Gründer der modernen Wiener Geigenschule, geb. 4. März 1795 zu Pest, erhielt den ersten Unterricht im Gesang und Violinspiel von seinem Vater, vervollkommte sich im letztern unter Rodes Leitung, konzertierte bereits in seinem achten Lebensjahr und ward 1819 erster Violinist am Wiener Konservatorium, später Professor daselbst sowie auch Mitglied der Hofkapelle; er starb 28. März 1876. Er komponierte Konzerte und Duette für Violine, Streichquartette etc. Als Lehrer entfaltete er eine sehr erfolgreiche Wirksamkeit. Seine namhaftesten Schüler sind: Ernst, Hauser, Auer, Ed. Singer, Hellmesberger (der ältere), Joachim.

4) Joseph Edgar, Bildhauer, Sohn von B. 1), geb. 4. Juli 1834 zu Wien, wurde durch seinen Vater früh in die Kunst eingeführt und bereiste mit diesem auch Italien und England. 1862 ließ er sich in London nieder, wo er durch Porträtbüsten und Statuetten bekannt wurde, die ihm Aufträge von seiten des Hofs verschafften. Seine Arbeiten sind voll Leben und Ausdruck, aber oft mehr malerisch als plastisch wirkend ausgeführt. Allmählich gelangte er auch zu größern, monumentalen Arbeiten und namentlich zu Porträtstatuen; so schuf er eine kolossale Marmorstatue der Königin Viktoria für Windsor Castle, eine kolossale Bronzestatue des Dissenterpredigers John Bunyan (gest. 1688) in Bedford, eine bronzene Reiterstatue des Prinzen von Wales für Bombay, eine sitzende Statue des Schriftstellers Thomas Carlyle, die Statue des Feldmarschalls Burgoyne auf dem Waterlooplatz in London und die des Lords Napier of Magdala für Ostindien.

Böhme (auch Böhm), s. Groschen.

Böhme, Jakob, Mystiker und Theosoph, geb. 1575 als Bauernsohn zu Altseidenberg bei Görlitz in der Oberlausitz, erlernte das Schuhmacherhandwerk und wurde auf seiner Wanderschaft mit mystischen, insbesondere Paracelsischen und Schwenkfeldschen, Schriften bekannt, durch welche, verbunden mit eifriger Bibellektüre und grüblerischer Anlage, er auf "innere Erleuchtung" verwiesen wurde. Nachdem er schon einmal sieben Tage hindurch in einen ekstatischen Zustand geraten, ward ihm 1600 eine abermalige Verzückung zu teil, während welcher sein "astralischer" Geist bis in den Mittelpunkt der Natur entrückt wurde und das innerste Wesen der Geschöpfe aus deren Gestalten, Zügen und Farben zu erkennen vermochte. Den Inhalt der dritten Vision (im Jahr 1610) schrieb er nieder unter dem Titel: "Aurora, oder die Morgenröte im Ausgang" (1612), welche Schrift ihm Verfolgung und vom Görlitzer Magistrat das Verbot zu schreiben zuzog. B. gehorchte sieben Jahre lang, die er seinen Sabbat nannte, worauf er, der innern Stimme nachgebend,