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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bolivia

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Bolivia (Grenzen, Gebirge, Flüsse).

(Code Boliviano) aufdrang, in Kolumbien die Preßfreiheit unterdrückte und die Klosterschulen wiederherstellte, so beschuldigte man ihn monarchischer Gelüste und warf ihm vor, er wolle Napoleons I. Rolle spielen. Peru erklärte sogar dem Diktator von Kolumbien den Krieg, und als B. an die Grenze zog, kam es in Caracas 25. Nov. 1829 zum Aufstand; Venezuela sagte sich von ihm und von der kolumbischen Union los. Darauf erhielt B. von dem im Januar 1830 zu Bogotá versammelten Nationalkongreß die verlangte Entlassung; zugleich wurde ihm ein Jahrgeld von 30,000 Piaster ausgesetzt und der Dank der Nation dargebracht. Er reiste im November nach Santa Marta und starb hier 10. Dez. 1830 mit dem Ausruf: "Eintracht! Eintracht; sonst wird uns die Hyder der Zwietracht verderben!" B. war kühn und unternehmend, uneigennützig, wie er denn sein Vermögen für das Vaterland hingab und für die Anklage, daß er die Freiheit seinem Ehrgeiz habe zum Opfer bringen wollen, wenigstens keine Beweise vorliegen. 1832 ward nach dem Beschluß des Kongresses von Neugranada Bolivars Asche mit großen Feierlichkeiten von Santa Marta nach seiner Vaterstadt Caracas gebracht und hier dem Andenken des Befreiers ein Triumphbogen errichtet. Vgl. "Coleccion de documentos relativos a la vida publica de Libertador de Colombia y de Peru, Simon B." (Caracas 1826 ff., 22 Bde.); "Correspondencia general de Libertador Simon B. etc." (hrsg. von Larrazabel, 2. Aufl., New York 1866, 2 Bde.); Larrazabel, Life of Simon B. (das. 1866); Rojas, Simon B. (Madr. 1883).

Bolivia (s. Karte "Argentinische Republik etc."), eine der aus den spanischen Provinzen Südamerikas hervorgegangenen Republiken, die das Gebiet der frühern spanischen Audiencia Charcas einnimmt und lange Zeit mit dem freilich nicht geeigneten Namen Hochperu bezeichnet wurde, liegt zwischen 10° 15' bis 26° 30' südl. Br. und 58° bis 68° westl. L. v. Gr. Nach Art. 2 des 4. April 1884 zwischen Chile und B. zu Santiago auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrags ist indessen für die Zeit der Gültigkeit des Vertrags das gesamte westlich der Küstenkordillere gelegene und im N. vom Loa begrenzte Gebiet der bisherigen Provincia Litoral Bolivias der chilenischen Regierung unterstellt worden. Die Grenze zwischen dem neuerworbenen Nordteil Chiles und B. wird nach jenem Vertrag durch eine Linie gebildet, welche, im S. von Sapalega ausgehend, dem Kamm der Andes folgend, zum Vulkan Lincancaur, von da zum Gipfel des erloschenen Vulkans Cavana und weiter zu dem See Azcotan führt und sich, diesen der Länge nach durchschneidend, zum Gipfel des Vulkans Allagua fortsetzt, um sich hier an die alte Grenzlinie zwischen dem gegenwärtig auch von Chile besetzten Südperu und B. anzuschließen. Durch die auf Grund dieses Vertrags erfolgte Abtretung der Litoralprovinz Atacama an Chile vom Meer abgeschlossen und hinter die Küstenkordillere zurückgedrängt, wird B. jetzt im N. und O. von Brasilien, im S. von Paraguay und Argentinien, im W. von Chile und Peru umschlossen und hat innerhalb dieser Grenzen ein Areal von 1,247,040 qkm (22,647,3 QM.).

[Physische Beschaffenheit.]

B. ist das höchste und gebirgsreichste Land Amerikas, es umfaßt der Hauptsache nach die gewaltige Verbreiterung des Andessystems, das sich durch das Auftreten zweier Hauptkettensysteme mit zwischengelagerten, langgestreckten Hochebenen charakterisiert. Die westliche dieser beiden Hauptketten ist die sogen. Küstenkordillere, welche von 17° südl. Br. an zuerst die Grenze des Landes entlang zieht, so daß nur der östliche Teil derselben B. angehört, von 21° an die Gestalt einer mächtigen Doppelgebirgskette annimmt (die Kordillere von Sililica im O. und von Huatacondo im W.) und südlich von 22° sich zu einem öden Plateaurücken von 4250 bis 4500 m Höhe verbreitert, über den sich einzelne vulkanische Berge zerstreut erheben. Einige von diesen sind noch thätig; die höchsten bilden unter 18-19° südl. Br. eine Gruppe (Sahama 6415 m, Gualasieri, Pomarape, Parinacota). Die mittlere Höhe der Küstenkordillere beträgt gegen 4500 m; von den Pässen ist der von Azcotan der niedrigste. Ganz anders ist die östliche Kordillere gebildet. Ihr fehlen die in der Küstenkordillere so vorherrschenden jungvulkanischen Gesteinsmassen; altsedimentäre Formationen setzen sie namentlich zusammen. Sie wird in ihrem höchsten, nördlichen Teil die Königskordillere (Cordillera Real) genannt. Eine Reihe zackiger, mit Eis und Schnee bedeckter Gipfel überragen die mächtige Gebirgskette, darunter die Vulkane Nevado de Sorata oder Illampu (6550 m) und Illimani südöstlich von La Paz (6400 m). Weiter im S. ist das Hochgebirge niedriger, die höchsten Spitzen erheben sich nur noch bis zur Höhe von 4620-4800 m und tragen nicht mehr ewigen Schnee, da die Schneegrenze hier erst in 5200 m liegt. Das Land, das von diesen beiden Gebirgsmassen eingeschlossen wird, ist eine große, hoch gelegene Ebene, die Hochebene von B. oder von Oruro, die sich bei einer Breite von 110-220 km von 15-22° südl. Br. hinzieht und 82,500 qkm (gegen 1500 QM.) Flächeninhalt und eine durchschnittliche Höhe von 4000 m hat. Sie zerfällt in zwei Teile. Der nördliche enthält an seinem Nordende den Titicacasee (3824 m) sowie viele nicht unfruchtbare und gut bewässerte Thäler und ist der am meisten bewohnte. Der Teil im S. der die Scheide bildenden, von NW. gegen SO. verlaufenden Kordillere von Llicatahua ist bis auf einzelne isolierte Berge und Ketten völlig eben und im ganzen eine wasserlose, unfruchtbare Wüste (los desertos de Lipes). Das Wasser ist in dem mit Salz geschwängerten Boden dieser Wüsten salzig; die von den Bergen fließenden Ströme versiegen bald im Sand oder enden in großen Becken, die nur zur Regenzeit mit Salzwasser gefüllt sind. Während im N. die Königskordillere sich steil und unvermittelt zu der Tiefebene des Amazonasbeckens hinabsenkt, schließt sich weiter nach S. an den östlichen Rand der östlichen Kordillere ein Stufenland, das den Abfall zu den Tiefebenen des Innern bildet. Es beginnt im N. mit der Kordillere von Cochabamba, die von dem Südende der Königskordillere gegen O. zieht und sich später in die Tiefebene verliert. An ihren Südabhang schließt sich jenes Stufenland, das südlicher am rechten Ufer des Rio Vermejo mit dem ganz ähnlichen der Argentinischen Konföderation zusammenhängt und aus einer Reihe von großenteils in der Richtung der östlichen Kordillere ziehenden Ketten besteht (Kordilleren von Liqui, Tacsara, Padilla etc.), die nach O. an Höhe abnehmen und schöne, fruchtbare und wohlbewässerte Thäler umschließen, welche zu den reichsten Gegenden von B. gehören. Daran endlich schließen sich Tiefebenen an, die im N. am Abhang der Kordillere von Cochabamba (die Ebenen von Mojos und Chiquitos) den Charakter des Tieflandes des Amazonenstroms, im SO. (die Ebenen der Provinz Cordillera und des Gran Chaco oriental) den der Pampas des La Plata-Gebiets besitzen.

Die Flüsse von B. sind nur in den östlichen Teilen besser und günstiger entwickelt. In der Hochebene