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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bonifaciuspfennige; Bonifaciusstraße; Bonifaciusverein; Bonifazio; Bonifikation; Boni homines; Boniment; Bonin

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Bonifaciuspfennige - Bonin.

und den Bann über diesen und das Interdikt über Frankreich verhängte (April und September 1303) sowie die französischen Unterthanen vom Eid lossprach, ließ Philipp die Bullen verbrennen, appellierte an ein allgemeines Konzil und an seine Reichsstände und ließ durch seinen Kanzler Nogaret und den vertriebenen Sciarra Colonna den Papst zu Anagni gefangen nehmen (7. Sept. 1303). Zwar wurde B. durch das Volk zu Anagni befreit und gelangte nach Rom, starb aber, 80 Jahre alt, aus Kummer 11. Okt. 1303. B. veranstaltete das erste römische Jubeljahr 1300 mit vollkommenem Ablaß auf das ganze Leben für alle Besucher Roms. Dante hat ihm als Simonisten seinen Platz in der Hölle angewiesen. Vgl. Drumann, Geschichte B.' VIII. (Königsb. 1852, 2 Bde.); "Registres de Boniface VIII" (hrsg. von Dicard u. a., Par. 1884 ff.). -

9) B. IX., vorher Peter Tomacelli, aus Neapel, ward, während Clemens VII. zu Avignon residierte, in Rom 2. Nov. 1389 Nachfolger Urbans VI. Er trieb den unverschämtesten Wucher mit geistlichen Ämtern und Pfründen, Dispensationen und Ablässen und wandelte 1392 die Annaten in eine regelmäßige Steuer um. Dem jungen Wladislaw von Ungarn verhalf er zur Krone von Neapel und wirkte der Übermacht der Visconti in Mailand entgegen, ohne es aber zu großer politischer Bedeutung zu bringen. Um Wladislaw gegen Ludwig von Anjou zu schützen, mußte er einen großen Teil seines Gebiets an mächtige Herren in Lehen geben, bei welcher Gelegenheit Ferrara an das Haus Este kam. 1391 und 1394 aus Rom vertrieben, kehrte er erst 1399 zurück. Er starb 1. Okt. 1404 aus Zorn über die ihm von dem Avignoner Benedikt XIII. gemachten berechtigten Vorwürfe der Simonie.

Bonifaciuspfennige, s. Enkriniten.

Bonifaciusstraße (Straße von San Bonifacio, im Altertum Fretum Gallicum), die an der engsten Stelle 11 km breite Meerenge zwischen den Inseln Corsica und Sardinien. Sie enthält zahlreiche Klippen und ist wegen heftiger Strömung von O. nach W. gefährlich zu befahren, bietet aber dem Thunfischfang wie der Korallenfischerei ergiebige Stellen dar. Dabei die Stadt Bonifacio (s. d.).

Bonifaciusverein, s. Piusverein.

Bonifazio, Name von drei wohl Einer Familie angehörigen italienischen Malern, von denen der älteste den Beinamen Veronese, der jüngste den Beinamen Veneziano hatte. B. I., wahrscheinlich Schüler von Palma Vecchio, war besonders in Verona thätig, wo er um 1540 starb. B. II., ebenfalls nach Palma gebildet, starb 1553 in Venedig. Sein Sohn ist vermutlich B. III., welcher bis nach 1579 in der Art von B. I. und Tizian thätig war. Die Werke der drei B. lassen sich noch nicht mit Sicherheit voneinander scheiden. Die Hauptwerke von B. I. sind die Findung Mosis in der Brera in Mailand und die Anbetung der Könige in der Akademie zu Venedig, von B. II. das Gastmahl zu Emmaus in Mailand (Brera) und der thronende Christus in Venedig (Akademie). B. I., einer der glänzendsten Koloristen der venezianischen Schule, war der bedeutendste der drei.

Bonifikation (neulat.), Vergütung, Entschädigung; bonifizieren, vergüten, entschädigen. Im Zoll- und Steuerwesen heißt B. die bei der Ausfuhr erstattete Rückvergütung von bereits entrichteten Einfuhrzöllen oder innern Aufwandsteuern. Dieselbe kann leicht zur Ausfuhrprämie ausarten. Vgl. Zölle, Ausfuhr und Exportbonifikation.

Boni homines (lat., franz. Bons hommes, "gute Leute"), in der fränkischen Kanzlei- und Volkssprache Freie oder Edelleute; dann Beiname des englischen Ordens der Sackbrüder (gestiftet 1259 durch Prinz Edmund), der Mönche von Grammont, der französischen Minimen, der Waldenser, Albigenser und andrer Sekten.

Boniment (franz., spr. -mang), marktschreierische Rede, um das Publikum anzulocken; auch Redensart, um jemand hinters Licht zu führen.

Bonin, 1) Eduard von, preuß. General, geb. 7. März 1793 zu Stolp in Hinterpommern, trat 1806 in das Regiment des Herzogs von Braunschweig-Öls und wohnte dem Feldzug in Sachsen und dem Rückzug Blüchers nach Lübeck bei, wo er gefangen ward. Auf Ehrenwort entlassen, kehrte er in seinen Garnisonsort Prenzlau zurück und besuchte hier das Gymnasium. Im August 1809 aber trat er als Fähnrich in das 1. Garderegiment, ward 1810 Leutnant, machte als Adjutant bei der Gardebrigade die Schlachten von 1813 bis 1814 mit und erhielt vor Paris das Eiserne Kreuz erster Klasse. 1817 ward er Hauptmann, 1829 Major im Alexanderregiment, 1842 Oberst desselben und 1848 Kommandeur der 16. Infanteriebrigade. Im schleswig-holsteinischen Feldzug von 1848 übernahm er 26. März das Kommando der preußischen Linienbrigade, wirkte an deren Spitze mit Auszeichnung in den Gefechten bei Schleswig und Düppel mit und ward nach Abschluß des Malmöer Waffenstillstandes zum Oberbefehlshaber des schleswig-holsteinischen Heers erwählt, das er im Winter 1848-49 reorganisierte und ansehnlich verstärkte. An der Spitze desselben kämpfte er 20. und 22. April 1849 siegreich bei Kolding, konnte aber Fredericia nicht einnehmen und ward 6. Juli zurückgeschlagen. Nach dem zweiten Waffenstillstand zwischen Preußen und Dänemark legte er im April 1850 sein Kommando nieder und trat in die preußische Armee zurück. Er wurde nun Kommandant von Berlin, erhielt dann den Oberbefehl über die 16. Division in Trier und ward im März 1852 zum Generalleutnant und Kriegsminister ernannt. Als solcher bemühte er sich um Einführung größerer taktischer Beweglichkeit bei der Infanterie, betrieb eine innigere Verschmelzung der Landwehr mit der Linie durch Errichtung der gemischten Linien- und Landwehrbrigaden, gab der Landwehrreiterei eine vorteilhaftere Organisation und setzte die verbesserte Bewaffnung der Infanterie durch. 1854 trat er zurück, weil er während des Krimkriegs die preußische Politik von dem russischen Einfluß zu befreien suchte, erhielt das Kommando der 12. Division in Neiße und wurde 20. März 1856 Vizegouverneur von Mainz. 1858 ward er vom Prinz-Regenten wieder mit dem Kriegsministerium betraut, aber im Dezember 1859 wegen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Reorganisation der Armee wieder entlassen und zum kommandierenden General des 8. Armeekorps in Koblenz ernannt, wo er 13. März 1865 starb. Als Militärschriftsteller machte er sich durch die "Grundzüge für das zerstreute Gefecht" (Berl. 1839) vorteilhaft bekannt.

2) Gustav von, preuß. Staatsmann, geb. 23. Nov. 1797 zu Heeren in Westfalen, widmete sich nach Vollendung seiner Studien zu Berlin und Göttingen dem Verwaltungsfach, war erst Regierungspräsident zu Magdeburg und Köln und wurde 1845 zum Oberpräsidenten der Provinz Sachsen ernannt. In dieser Stellung wußte er mit großer Mäßigung die extremen Parteien nach rechts und links in Ordnung zu halten, wie er denn auch, nachdem er in das Ministerium Pfuel im September 1848 als Finanzminister eingetreten war, bei den parlamentarischen Verhandlungen durch seine Ruhe und maßvolle Haltung Po-^[folgende Seite]