Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bostonit; Bostra

255

Bostonit - Bostra.

zahlreichen Kirchen der Stadt ist die protestantisch-bischöfliche Christuskirche (1722 erbaut) die älteste, die katholische Kathedrale, ein gewaltiger gotischer Bau mit 97,5 m hohem Turm, seit 1867 errichtet, die schönste. Die öffentlichen Gebäude sind meist aus Granit ausgeführt. Unter ihnen ragen hervor: das Staatenhaus (State House), 1798 vollendet, mit vergoldeter Kuppel, unter der Chantreys Statue Washingtons steht, während Bildsäulen Dan. Websters und Horace Manns vor dem Gebäude aufgestellt sind; die neue City Hall, 1865 vollendet, mit einer Statue Franklins vor derselben; das großartige Postamt und das 1837-49 erbaute Zollamt. Ferner sind zu erwähnen: der Gerichtshof, das Grafschaftsgefängnis, die Börse, der Freimaurertempel (mit Räumen im ägyptischen, korinthischen und gotischen Stil), die Halle der Oddfellows und die große Markthalle (Quincy market). Historisch merkwürdig sind die 1742 erbaute Faneuil Hall, die "Wiege der Freiheit", in deren Saal der Gedanke an die völlige Losreißung der Vereinigten Staaten von England sich zuerst Bahn brach, und das alte Staatenhaus, jetzt für Geschäftsbüreaus vermietet. In dem Stadtteil Charlestown befinden sich eine Werfte der Union und das Denkmal zur Erinnerung an die Schlacht von Bunker Hill, ein 72 m hoher Obelisk. B. ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Die Bevölkerung, welche 1790: 18,038, 1850: 136,881 betrug, belief sich 1880 auf 362,839 Seelen, einschließlich von 7396 Deutschen und 64,793 Iren. In religiöser Beziehung teilt sich diese Bevölkerung, wie auch sonst in Amerika, in zahlreiche Gemeinden der verschiedensten Richtung, unter denen die freien religiösen Anschauungen huldigenden Unitarier eine hervorragende Stelle einnehmen. B. war seines Reichtums wegen von jeher berühmt und verdankt denselben vorzugsweise seinem Handel, wofür es durch seine Lage an einem vorzüglichen Hafen, den Kanäle und Eisenbahnen mit allen Teilen des gewerbthätigen Neuengland in Verbindung setzen, vorzüglich begünstigt ist. Seine Handelsbewegung mit dem Ausland hat sich seit 1868 mehr als verdoppelt und betrug 1883-84 für die Einfuhr 65,865,551 Doll. (davon deutsch 1,999,727 Doll.), für die Ausfuhr 63,497,829 Doll. Regelmäßige Dampferlinien verbinden B. mit Liverpool, Antwerpen, New York und andern Häfen Amerikas, und die Handelsverbindungen der Bostoner Kaufleute erstrecken sich bis nach Rußland und Ostindien. Vom Ausland liefen 3018 Schiffe von 1,416,231 Ton. ein, dorthin gingen 2850 Schiffe von 1,305,172 T.; die Küstenschiffahrt ist fast ebenso bedeutend. Zum Hafen gehörten 898 Fahrzeuge von 270,159 T. Zur Ausfuhr gelangen namentlich Manufakturwaren, Fleischwaren, Fische, Mehl, Vieh und Eis. Auch in Bezug auf Industrie behauptet B. einen hervorragenden Rang. In seinen 3521 gewerblichen Anstalten waren 1880: 113,626 Arbeiter beschäftigt. Es bestehen namentlich Kleider- und Stiefelfabriken, Gießereien und Maschinenbaustätten, Druckereien, Schlächtereien, Zuckersiedereien, Teppichfabriken, Gerbereien, Brauereien, Orgel- und Pianofabriken, Gummifabriken u. dgl. In der Umgegend leuchten zahlreiche Hochöfen, Eisen- und Stahlhütten. Insgesamt schätzte man den Wert sämtlicher gewerblicher Produkte auf fast 123,4 Mill. Doll. Zahlreich sind die Wohlthätigkeitsanstalten. Neben drei größern Krankenhäusern findet man eine 1831 gegründete Blindenschule (Perkin's Institution), eine Taubstummenanstalt, eine Anstalt für Blödsinnige, ein Irrenhaus und eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher, beide letztere auf Deer Island im Hafen gelegen. B. betrachtet sich nicht mit Unrecht als Sitz der Intelligenz in der Neuen Welt, wenn es auch keinen Anspruch darauf macht, wie Spötter wollen, die "Nabe des Weltalls" (hub of the universe) zu sein. Seine Einwohner sind in der That feiner gebildet und von größerer geistiger Regsamkeit als die der Mehrzahl amerikanischer Städte. Das städtische Schulwesen ist vorzüglich geregelt, und in der nahen Harvard University (s. d.) und in seinen eignen zahlreichen Vereinen und Anstalten besitzt die Stadt zahlreiche Mittelpunkte anregenden geistigen Verkehrs. Die medizinische Fakultät der Harvard-Universität hat in B. ihren Sitz, und außerdem besteht die methodistische Boston-Universität (1869 von I. ^[Isaac ] Rice ^[richtig: Rich] mit 2 Mill. Doll. gegründet) mit Schulen für Rechtspflege, Gottesgelahrtheit und Musik. Auch eine medizinische Schule für Frauen (New England Medical College) besteht seit 1848. Außerdem sind zu nennen das von Jesuiten geleitete Boston College und das technologische Institut. Unter den Bibliotheken ist die Public Library, mit 375,000 Bänden und musterhaft geordnet, die zweitgrößte in ganz Amerika. Ein neuerbautes Museum enthält die Kunstsammlungen der Stadt. Unter den Vereinen sind zu nennen: die 1780 gegründete Akademie der Künste und Wissenschaften (mit Kunstschule), das Athenäum (mit großer Bibliothek), der Naturgeschichtliche Verein (mit Museum und Bibliothek), der Verein für die Geschichte Neuenglands, der Kunstverein u. die Gartenbaugesellschaft (mit großer Ausstellungshalle). Auch für die Unterhaltung ist besser gesorgt als sonstwo, und außer drei großen Theatern besitzt die Stadt eine Musikhalle mit gewaltiger Orgel von Walker in Ludwigsburg.

B. wurde 1630, wo sich John Winthrop mit seinen Genossen hier niederließ, gegründet und zuerst nach drei kleinen Erhebungen Tremont oder Trimountain benannt, ein Name, der von Dichtern und Rednern noch jetzt zuweilen gebraucht wird, erhielt aber später zu Ehren eines aus B. in England eingewanderten Geistlichen seine jetzige Bezeichnung; der indianische Name der Halbinsel war Shawmut. Historisch ist B. vornehmlich dadurch berühmt, daß in ihm die amerikanische Revolution zum Ausbruch kam. Schon 5. März 1770 stießen Bürger und Soldaten zusammen (Boston Massacre), dann ereignete sich 1773 der bekannte "Bostoner Theesturm" (tea-riot). Am 17. Juni 1775 ward die Schlacht von Bunker Hill geschlagen, zu deren Gedächtnis man in der Vorstadt Charlestown ein Monument, gleichsam das Wahrzeichen von B., errichtete. Endlich im März 1776 wurden die britischen Truppen durch die auf den Höhen von Dorchester aufgestellten Batterien gezwungen, B. zu verlassen, und die Amerikaner besetzten die Stadt. John Hancock, der zuerst die Unabhängigkeitserklärung unterschrieb, war ein Bürger von B., und Benjamin Franklin war (17. Jan. 1706) hier geboren. Am 2. Juni 1813 war hier vor dem Hafen ein Seegefecht, worin die Briten eine Unionsfregatte eroberten. Auch in der Antisklavereibewegung standen Bostoner Bürger immer voran. 1869 wurde in B. (15.-19. Juni) das "Friedensjubiläum" gefeiert, und Ende 1882 fand eine größere internationale Industrieausstellung statt. Vgl. Shurtleff, Description of B. (2. Aufl., Boston 1875); Winsor, History of B. (das. 1881, 2 Bde.).

Bostonit, s. Asbest.

Bostra, im Altertum Hauptstadt der syrischen Landschaft Auranitis (jetzt Hauran), am südwestlichen