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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Boucaniers; Bouchain; Bouchardon; Bouchardy; Bouche; Bouché; Boucher; Boucher de Crèvecoeur de Perthes

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Boucaniers - Boucher de Crèvecoeur de Perthes.

und heldenmütigen Patrioten wurde tief betrauert. - Sein Bruder Konstantin (Kosta) B. rächte seinen Tod. 1826 war er in Missolunghi unter den 1000 Kriegern, welche sich durchschlugen; er starb 13. Nov. 1853 als General und Senator in Athen. Beider Oheim Notho B. focht in den Reihen der Sulioten bei der Verteidigung Sulis, warf sich (1803), von türkischer Übermacht gedrängt, in das Kloster Vetenitza, fiel aber bei dem Versuch, sich durchzuschlagen, in türkische Gefangenschaft. Befreit, trat er in ein französisches Regiment, wurde Major und stand dann im Befreiungskrieg seinem Neffen Markos mit Rat und That zur Seite. Auch er entkam glücklich mit jenen 1000 Mann aus Missolunghi und starb 1831. Markos' Sohn Dimitri B., geb. 1813, ward Artillerieoberst, dreimal Kriegsminister unter den Königen Otto und Georg, zweimal Mitglied der Nationalversammlung, und galt für einen der intelligentesten Militärs; er starb 17. Aug. 1871 in Athen.

Boucaniers (franz.), s. Bukanier.

Bouchain (spr. buschang), Stadt und Festung vierter Klasse im franz. Departement Nord, Arrondissement Valenciennes, an der Schelde und der Nordbahn, mit (1876) 1600 Einw., Bierbrauerei und Rübenzuckerfabrikation. Die Umgegend kann weithin unter Wasser gesetzt werden. B., zuerst Succinium genannt, war später die Hauptstadt des zur Grafschaft Hennegau gehörigen Ländchens Ostrevent (Osterbant), wurde 1676 von den Franzosen erobert und 1678 im Nimwegener Frieden an Frankreich abgetreten, dann 1711 während des spanischen Erbfolgekriegs von Marlborough genommen und kam 1713 im Frieden von Utrecht definitiv an Frankreich.

Bouchardon (spr. büschardóug), Edme, franz. Bildhauer und Architekt, geb. 29. Mai 1698 zu Chaumont, Schüler des jüngern Coustou, studierte dann als königlicher Pensionär in Rom und ward 1736 Zeichner an der Akademie der schönen Künste in Paris. Im J. 1739 führte er den Springbrunnen in der Straße Grenelle aus, der für sein Meisterwerk gilt. Die Stadt Paris übertrug ihm 1751 die Ausführung der Statue Ludwigs XIV. zu Pferde, an der er zwölf Jahre arbeitete, die aber 1792 umgestürzt und vernichtet wurde. B. starb 27. Juli 1762 in Paris.

Bouchardy (spr. busch-), Joseph, franz. Theaterdichter, geboren im März 1810 zu Paris aus einer Künstlerfamilie, widmete sich zuerst der Kupferstecherkunst, wandte sich dann aber der Bühne zu, für die er, anfangs in Gemeinschaft mit Eugène Deligny, Vaudevilles und andre Stücke schrieb. Unter den zahlreichen Dramen dieses durchaus naturalistischen und ungebildeten, aber starken Talents fanden namentlich "Gaspard le pêcheur" (1837), "Le sonneur de Saint-Paul" (1838) und "Lazare le pâtre" (1840) großen Beifall und wurden auf den Boulevardtheatern Hunderte Male hintereinander aufgeführt. Es sind Spektakelstücke mit großem Schaugepränge und von vortrefflicher Architektonik. B. brachte später noch einige Dramen, wie "L'armurier de Santiago" (1868) und "Philidor" (1869), zur Aufführung, aber ohne den frühern Erfolg. Er starb 28. Mai 1870 in Paris.

Bouche (franz., spr. buhsch), Mund, Mündung; bonne b., Wohlgeschmack, angenehmer Nachgeschmack; b. close! s. v. w. reinen Mund gehalten!

Bouché (spr. busche), bei naturwissenschaftl. Namen P. Fr. Bouché (gest. 1856 als Kunstgärtner in Berlin; Entomolog).

Boucher (spr. büscheh), 1) François, franz. Maler, geb. 29. Sept. 1703 zu Paris, Schüler von Le Moine, ging 1725 nach Rom, ward, nach Frankreich zurückgekehrt, 1734 Mitglied der Akademie, 1744 Professor, nach Vanloos Tod 1765 erster Maler des Königs und starb 30. Mai 1770. Er war Maler seiner Zeit, huldigte ihrer Verdorbenheit und gebrauchte den Pinsel zur Darstellung der niedrigsten Lüste, wie sie zu Ludwigs XV. Zeit im Schwange waren. Dabei besaß er eine leichte Erfindungskraft, und seine Farbe ist heiter und blühend, weshalb seine Dekorationsmalereien zu seinen besten und erfreulichsten Leistungen gehören. Zu seiner Zeit wurde er als der Maler der Grazien hoch gefeiert. B. hat eine große Menge Öl-, Miniatur- und Pastellbilder und über 10,000 Zeichnungen geliefert, nach denen, vornehmlich in Frankreich, eine Menge von Stichen erschien. Er radierte auch selbst einige Blätter. Vgl. Mantz, B., Le Moine et Natoire (Par. 1880).

2) Alexandre Jean, franz. Violinvirtuose, geb. 11. April 1770 zu Paris, entwickelte sich unter Leitung Navoigilles des ältern so schnell, daß er sich schon im sechsten Lebensjahr bei Hof und zwei Jahre später im Concert spirituel hören lassen konnte. Als 17jähriger Jüngling wurde er in der Kapelle Karls IV. zu Madrid als Sologeiger angestellt, gab jedoch um 1806 diese Stellung wieder auf, um Kunstreisen durch ganz Europa zu unternehmen. Im J. 1844 zog er sich nach Orléans zurück, machte aber von hier aus oft Ausflüge nach Paris, auf deren einem er daselbst 29. Dez. 1861 starb. B. verdankt seine Erfolge nicht so sehr seinen künstlerischen Leistungen als vielmehr seiner häufig an Charlatanerie streifenden Geschicklichkeit, durch Aufwendung virtuoser Mittel die Hörer zu überraschen, zum Teil auch seiner äußern Erscheinung, da er Napoleon I. zum Verwechseln ähnlich sah. An Kompositionen hat er zwei Violinkonzerte mit Orchesterbegleitung hinterlassen, die jedoch geringe Verbreitung gefunden haben.

Boucher de Crèvecoeur de Perthes (spr. büscheh d' krähwkör d' pert), Jacques, Gelehrter und Schriftsteller, geb. 10. Sept. 1788 zu Réthel, kam durch Vermittelung seines Vaters Jules B., eines namhaften Botanikers, in die Nähe Napoleons I. und wurde von diesem zu zahlreichen Missionen nach Italien, Deutschland, Österreich und Ungarn gebraucht. Nach der Restauration ließ er sich zu Abbeville nieder, lebte hier als Präsident der Société d'émulation seinen Studien und starb 5. Aug. 1868. Er veröffentlichte das nationalökonomische Werk "Opinion de M. Christophe, vigneron", eine Apologie des Freihandelssystems (Par. 1831-34), wurde aber erst durch sein späteres Werk: "De la création", ein Versuch über den Ursprung und die Fortentwickelung der Wesen (das. 1839-41, 5 Bde.), bekannter. Wissenschaftlichen Ruf erwarb er sich durch seine langjährigen Forschungen über das Vorkommen alter Steinwaffen und andrer Reste einer primitiven menschlichen Kultur in den tertiären und ältern quaternären Diluvialschichten. Epochemachend auf diesem Gebiet ist seine Entdeckung eines fossilen menschlichen Kinnbackens in den Steinbrüchen von Moulin-Quignon bei Abbeville (1863). Bouchers hierauf bezügliche Arbeiten sind enthalten in den "Antiquités celtiques et antédiluviennes" (Abbeville 1846-65, 3 Bde.) und in der Schrift "De l'homme antédiluvien et de ses oeuvres" (das. 1860, 2. Aufl. 1865). Außerdem veröffentlichte B.: "Emma" (Roman in Briefform, 1852); "Les Maussades, complaintes", lyrische Gedichte (1862); "Les masques, biographies sans noms", Studien über die Moral (1861-64, 5 Bde.); "Sous dix rois, souvenirs de 1791 à 1860" (1862-67, 8 Tle.); "Des idées innées de la mémoire et de l'instinct"