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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Branntweinwage; Brant

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Branntweinwage - Brant.

wendeten Destillierapparaten (Blase, Kessel) berechnet, kann zwar die Leistungsfähigkeit, welche mit jedem technischen Fortschritt zur Aufstellung neuer Rechnungsfaktoren zwingt, nicht aber auch die Qualität berücksichtigen. Die Würzesteuer oder Würzeertragsteuer erfaßt das steuerpflichtige Objekt vor der Destillation bei der Gärung der Würze, indem sie den Zuckergehalt derselben sowie die normale Alkoholausbeute mit Hilfe des Saccharimeters bestimmt. Dieselbe berücksichtigt somit die Qualität der Rohstoffe, nicht aber auch die durch Vollkommenheit der Destillierapparate bedingte Menge des ausgebrachten Alkohols. Auch belästigt und verteuert sie durch ihre Kontrollen und Proben den Betrieb. Die meisten dieser Übelstände werden durch die direkte Fabrikatsteuer vermieden, welche die wirklich gewonnenen Erzeugnisse direkt mit Kontrollierung des ganzen Fabrikationsprozesses oder durch die denselben nicht weiter beschränkende Anwendung von besondern Spiritusmeßapparaten ermittelt. In der Praxis ist dieselbe jedoch überall da nicht anwendbar, wo die Branntweinfabrikation in zahlreiche kleine Betriebe zersplittert ist. Gerade in diesem Fall hat man wegen der Schwierigkeit der Besteuerung zu dem summarischen Verfahren der auch bei großen Brennereien vorkommenden Abfindung für eine bestimmte Zeit seine Zuflucht genommen. Die Kontrolle beschränkt sich bei einer solchen meist auf einer Verbindung der Materialertrag- mit der Blasensteuer beruhenden Fixation darauf, daß die Geräte nur während der Betriebszeit nicht verschlossen sind, und daß keine andern Materialien zur Verwendung kommen. Die vom Brennereibetrieb erhobenen Lizenzen sind zwar mit keinen Beschwerungen verknüpft, wenn sie in gleichen Sätzen erhoben werden; dagegen können sie keine hohen Erträge abwerfen. Werden die Sätze hingegen abgestuft, indem denselben die nach der Dauer des Brennens, nach dem Raumgehalt der Blasen, dem Umfang des Betriebs berechnete mutmaßliche Menge sowie die Stärke des Branntweins zu Grunde gelegt werden, so werden auch wieder weiter gehende Kontrollen des Betriebs erforderlich. Auch die vom Kleinverkauf, insbesondere vom Ausschank, erhobenen Lizenzen dürfen schon wegen der Schwierigkeit der Kontrolle mäßige Sätze nicht übersteigen. Dieselben gar in vollständige Fabrikatsteuern umzuwandeln, ist bei einer großen Anzahl von Verkaufsstätten, weil zu überaus teurer, schwieriger und peinlicher Kontrolle führend, geradezu unmöglich.

Im deutschen Reichssteuergebiet, mit Einschluß von Elsaß-Lothringen, wird die B. meist und zwar bei Verarbeitung von mehligen Stoffen in der Form der Maischbütten-, bei Obst etc. in der der Materialsteuer erhoben. Ausnahmsweise kommt bei einzelnen Stoffen der Blasenzins oder die Blasenpauschalierungssteuer vor, bei umgeschlagenem Bier tritt je nach dem Wunsch des Fabrikanten die Materialsteuer oder die Fabrikatsteuer ein. Brennereien, welche nichtmehlige Stoffe verarbeiten, werden Fixationen eingeräumt, landwirtschaftlichen Brennereien geringere Steuersätze bewilligt. Bayern hat je nach Art der verarbeiteten Stoffe eine Maischbütten- oder Materialsteuer. Die Fabrikatsteuer kann statthaben, wenn in der Fabrik geeignete Apparate zur Messung des Spiritus vorhanden sind. Württemberg zieht seine ganze B. fast ausschließlich aus Schenkabgaben (Lizenzen) für Kleinverkauf. Daneben kommt eine Produktionssteuer insoweit vor, als das verwandte Malz der gleichen Besteuerung wie das Braumalz unterliegt. In Baden besteht die Kesselsteuer, eine Art pauschalierter Blasensteuer. Österreich-Ungarn besteuert die großen Brennereien, welche mehlhaltigen Stoffe verwenden, durch eine Verbindung der Material- mit der Maischbüttensteuer; bei nichtmehligen Stoffen und kleinen Brennereien tritt eine Blasensteuer in Verbindung mit der Materialertragsteuer ein, die Fabrikatsteuer fakultativ, wenn selbstzählende Spiritusmeßapparate verwandt werden. Die Abfindung kommt bei einfachen sowie bei von Bierbrauern betriebenen Brennereien vor. Frankreich erhebt Eingangssteuern in Städten, Lizenzen von Kleinverkäufern und Brennern, Fabrikatsteuern beim Austritt der Produkte aus den Niederlagen der Produzenten und Denaturationsabgaben von zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemachtem Branntwein. England hat eine nach Menge und Qualität der Maischwürze bestimmte Würzesteuer. Die Kontrolle ist eine strenge und peinliche; kleine Brennereien sind verboten, dann sind bestimmte Vorschriften über die Lage der Fabriken zu beobachten. Kein Fabrikant darf gleichzeitig für den inländischen Verbrauch und für die Ausfuhr arbeiten. In Rußland ist die Fabrikatsteuer in Verbindung mit der Materialsteuer eingeführt unter Bemessung mit Spiritusmeßapparaten und Kontrolle der verarbeiteten Materialien. Ferner kommen vor in Holland die Materialertragsteuer, in Schweden die Fabrikatsteuer unter Verbot der kleinen Brennereien, in Italien eine Blasenpauschalierungssteuer nebst einer Fabrikatsteuer nach den Angaben des Meßapparats, in Belgien eine ähnliche Besteuerung wie in Norddeutschland, in Nordamerika die Fabrikatsteuer. In einigen Teilen der Vereinigten Staaten (z. B. Maine) sind im Interesse von Gesundheit und Sittlichkeit Fabrikation und Verkauf von Branntwein verschiedenen polizeilichen Beschränkungen unterworfen.

Die Einnahmen aus der B. waren 1880 (die zweite Rubrik zeigt den Prozentsatz der Gesamteinnahme) in:

Mill. Mark Proz.

Rußland. 621 34,5

Niederlande 38 21,5

Großbritannien 317 19,1

Schweden 15 17,8

Belgien 20 9,4

Deutschland 41 7,6

Dänemark. 4 7,1

Norwegen 3 5,4

Frankreich 80 3,6

Ungarn 15 3,5

Portugal 4 3,3

Österreich 18 2,7

Italien 2 0,2

Von 1 Hektoliter Branntwein bei 100° Tralles wurden erhoben (1880):

Mark

Großbritannien 394

Vereinigte Staaten 199

Niederlande 194

Rußland 182

Frankreich 125

Schweden 86

Belgien 75

Rumänien 34

Italien 24

Norddeutschland 26

Bayern 26

Österreich 22

Dänemark 22

Baden 14

Württemberg 4

Deutschlands Maximalsatz nach der Reichsverfassung: 43,80 Mk.

Vgl. Gläser, Die Steuersysteme bei der Branntweinfabrikation (Brieg 1868); Heine, Über die Branntweinsteuersysteme in den europäischen Ländern (in der "Zeitschrift für Staatswissenschaften" 1872); Hartig, Geschichte, Theorie und Kritik der Branntweinsteuern (Leipz. 1876); Czecz-Lindenwald, Beitrag zur Frage der Besteuerung des Branntweins (Wien 1878); Troschke, Die B.-Gesetzgebung (Halle 1881); J. ^[Julius] Wolf, Die B. (Tübing. 1884).

Branntweinwage, s. Alkoholometrie.

Brant, Sebastian (oft auch mit dem lateinischen Gelehrtennamen Titio genannt), berühmter Gelehrter und Dichter, geb. 1458 als Sohn eines Gastwirts