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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bremen

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Bremen (Kirchen, Profanbauten; Schulen; Industrie; Handel).

Bildhauer K. Steinhäuser); das Denkmal des heil. Ansgarius vor der Ansgariikirche und die Marmorvase auf dem Wall, einen alten Bremer Gebrauch, den Umzug der Klosterochsen, allegorisch darstellend (beide ebenfalls von Steinhäuser); die prächtige, von Fogelberg modellierte Statue König Gustav Adolfs auf der Domsheide (dieselbe strandete bei Helgoland, wurde dann aus dem Meer gehoben und von einigen Bremer Bürgern der Stadt geschenkt); das Kriegerdenkmal von Robert Keil auf einer Bastion des Walles, westlich vom Ansgariithor (errichtet 1875); das Altmanns-Denkmal auf dem Wall zur Erinnerung an den Gärtner Altmann, welcher die Festungswerke der Stadt in prächtige Gartenanlagen umschuf; das Seume-Denkmal an der großen Weserbrücke, zur Erinnerung an die Entweichung Seumes aus der Gewalt hessischer Werber; das Körner-Denkmal aus dem Körnerwall und die Statue des Apostels Jakobus des ältern (major) an der Wüsten Stätte (im Volk als "Juxmajor" bekannt). Durch Medaillons und Gedenktafeln sind bezeichnet die Häuser des Astronomen Olbers, des Bürgermeisters Smidt, des Liederdichters Neander, des Astronomen Bessel. Die Stadt B. hat 14 Kirchen; davon liegen in der Altstadt: der Dom (früher erzbischöfliche Kathedrale, jetzt lutherische Hauptkirche), die Liebfrauenkirche, die Martinikirche, die Ansgariikirche, die Stephanikirche, die Kirche des Armen- und Zuchthauses sowie die den Katholiken überwiesene Johanniskirche; in der Neustadt: die Paulikirche; in den Vorstädten: die nach den Plänen des Architekten Heinrich Müller 1869-1871 neuerbaute Rembertikirche, die Jakobikirche, die Friedens-, die Michaelis- und die Wilhadikirche und die Methodistenkapelle. Die wenigen in B. wohnenden Juden haben eine kleine, architektonisch nicht hervortretende Synagoge. Von den ausgezahlten Kirchen sind die meisten reformierte Pfarrkirchen, doch stehen an einigen auch lutherische Prediger, da die Zahl der Lutheraner durch Einwanderung aus Hannover und Oldenburg fortwährend und bedeutend steigt. Architektonisch bemerkenswert sind der großartige, aber aus sehr verschiedenen Zeitaltern stammende Dom, dessen älteste Teile dem 11. Jahrh. angehören (vgl. Müller, Der Dom zu B. und seine Kunstdenkmale, Brem. 1861), mit schönen Glasfenstern und einer herrlichen Orgel (in ihm befindet sich ein "Bleikeller" genanntes Gewölbe, in welchem infolge der trocknen Luft die aufbewahrten Leichen zu Mumien austrocknen), ferner der 97 m hohe schlanke Turm der Ansgariikirche, das schöne gotische Gewölbe der Johanniskirche und die schöne, neuerbaute Rembertikirche. Andre hervorragende Gebäude sind: das prächtige Rathaus (1404-1407 gebaut, doch stammt die Renaissancefassade erst aus den Jahren 1609-12), das sehr unschöne Stadthaus, der Schütting (Haus der Kaufmannschaft), die Börse (ein prächtiges gotisches Gebäude, 1861-64 von Heinrich Müller erbaut), das Arbeitshaus vor der großen Weserbrücke, das Gebäude der Wasserleitung, die neue Hauptschule, die Realschule beim Doventhor, zahlreiche Volksschulgebäude, die prächtige Reichspost an der Domsheide (1878 vollendet), das Gebäude der Reichsbank, das der alten Sparkasse an der Obernstraße, das Gewerbehaus (früher Krameramthaus), das Haus "Seefahrt" mit Wohnungen für Witwen von Seeleuten (vgl. Kohl, Das Haus Seefahrt zu B., 1862), das Museum (ein großartiges Klublokal), das Gebäude des Künstlervereins mit herrlichem Konzertsaal und schöner, gotisch gewölbter Halle für geselligen Verkehr, die Union, das Haus des Kunstvereins (für Gemälde, Kupferstiche und Skulpturen), die Stadtwage (ein altes Giebelhaus auf der Langen Straße), das Armenhaus, das bei dem Dorf Oslebshausen neuerbaute Zuchthaus, das große Krankenhaus, das Siechenhaus, das Diakonissenhaus, das St. Josephsstift, die öffentliche Badeanstalt (1877 vollendet), der großartige, 1882 vollendete Schlachthof, die Gasanstalt und die Bahnhöfe. Unter dem Rathaus findet sich der berühmte Ratskeller, den Wilh. Hauff durch seine "Phantasien" poetisch verherrlicht hat (vgl. Kohl, Der Ratsweinkeller zu B., 1866); seine besten Weinsorten sind "die Rose" (1624-1731er, Rüdesheimer und Moselwein) und der Apostelwein (1666-1783er, Hochheimer, Rüdesheimer und Johannisberger). B. besitzt sehr gute Schulen, namentlich ein Gymnasium, eine Handelsschule (Realgymnasium) und eine beiden gemeinsame Vorschule, zwei städtische und eine Privatrealschule, eine Seefahrtsschule, ein Lehrerseminar, eine Zeichenschule, eine Fortbildungsschule für Frauen und Mädchen, zwei Lehrerinnenseminare und zahlreiche gehobene Volks- und Freischulen; die Töchterschulen sind sämtlich Privatinstitute. An höhern wissenschaftlichen Instituten ist B. sehr arm. Die Stadtbibliothek hat erst seit etwa zwei Jahrzehnten eine größere Bedeutung erhalten; ebenso sind die (früher der Gesellschaft "Museum" gehörigen, seit 1876 aber städtischen) Sammlungen für Naturgeschichte und Ethnographie nur in einzelnen Zweigen (der ausgezeichneten Vogelsammlung, dem Herbarium und dem ethnographischen Teil) wertvoll. Die Kunstsammlungen des Kunstvereins enthalten einige wertvolle Ölbilder und eine große Anzahl kostbarer Kupferstiche. Eine seit 1878 bestehende kunstgewerbliche Sammlung hat bei ihren geringen Mitteln noch keinen größern Aufschwung nehmen können. Von großer Bedeutung für das geistige Leben der Stadt sind der Künstlerverein (über 1300 Mitglieder), der Naturwissenschaftliche Verein, die Singakademie, die Geographische Gesellschaft, der Kunstverein (der Ausstellungen von Kunstwerken veranlaßt), der Gewerbe- u. Industrieverein, der Arbeiterbildungsverein Vorwärts (seit 1848). Unter den in B. erscheinenden Zeitungen ist die "Weserzeitung" die bedeutendste. Die Industrie Bremens hat im ganzen nur eine geringe Bedeutung. B. besitzt ansehnliche Eisengießereien und Maschinenfabriken, Bierbrauereien, Fabriken für Spirituosen und Zigarrenkisten und namentlich wichtige Reisschälmühlen, deren Produkt (sogen. "polierter Reis") gegenwärtig einen Hauptausfuhrartikel bildet. Bis vor kurzem blühten namentlich auch Zuckersiederei und Zigarrenfabrikation, welch letztere 1867 noch nahe an 2900 Menschen beschäftigte; doch ist der Export dieses Artikels seitdem zurückgegangen (1871: 75,118 Mille, 1883: 70,175 Mille), und die Fabrikation hat sich zu einem großen Teil über die Zollvereinsgrenze nach dem preußischen Ort Hemelingen gezogen. Dagegen hat sich der Schiffbau in den letzten Jahren wieder etwas vermehrt. 1883 waren auf Bremer Gebiet 6 Werften mit 1357 Arbeitern in Thätigkeit; 1881-83 wurden 31 Schiffe von 14,489 Registertons Größe erbaut. In Bremerhaven sind seit 1878 große Werften zum Bau von eisernen Schiffen entstanden.

Handel. B. ist die zweite deutsche Handelsstadt, liegt aber als solche sehr ungünstig. Der Weserstrom genügt trotz zahlreicher zu seiner Vertiefung ausgeführter Arbeiten nur für den Verkehr von Flußschiffen und kleinen Seeschiffen. B. gründete deshalb 1827 an der Unterweser den Ort Bremerhaven (s. d.); ohne die dortigen Hafenanstalten wäre der merkantile Auf-^[folgende Seite]