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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brutto; Brutus

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Brutto - Brutus.

infolge davon in tiefen Verfall, von dem es sich nie wieder erholte.

Brutto (ital., "unrein", roh, franz. brut, engl. gross), vorzüglich in Zusammensetzungen gebräuchlich, z. B. Bruttogewicht (Rohgewicht), das Gewicht einer verpackten Ware mit Einschluß desjenigen der für Aufbewahrung oder Transport dienenden Emballage (abgekürzt Brutto oder auch Bto.). Das Gewicht dieser Emballage (Faß, Kiste, Sack etc.) heißt Tara. Bei fettigen und nassen Waren gebraucht man auch in Süddeutschland und Österreich den Ausdruck Sporco ("schmutzig"). In Rechnungen versteht man unter Bruttobetrag eine Geldsumme vor Abzug der Unkosten an Diskont etc.; unter Bruttoertrag (Rohertrag) den Ertrag einer Einnahmequelle vor Abzug der durch Nutzung der letztern bewirkten Auslagen (Löhne etc.); unter Bruttogewinn (Rohgewinn) den Überschuß aus einem Unternehmen vor Abzug der dadurch veranlaßten Kosten (Provision etc.). Der Gegensatz ist Netto (s. d.).

Brutus, 1) Lucius Junius, Roms Befreier von der Königsherrschaft und erster Konsul, Sohn des M. Junius und der Tarquinia, der Schwester des Königs Tarquinius Priscus. Als Tarquinius Superbus alle, die ihm gefährlich schienen, unter ihnen auch des B. Bruder (M. Junius) und Vater, tötete, ließ er diesen allein leben, weil er sich blödsinnig stellte; daher sein Name "B." (s. v. w. vernunftlos), was jedoch der Sage nach seine Ernennung zum Oberbefehlshaber der Reiterei nicht hinderte. Er ward den beiden Söhnen des Königs, Titus und Aruns, als Begleiter beigegeben, als sie das Orakel zu Delphi über die Zukunft ihres Vaters, den böse Anzeichen geschreckt hatten, befragen sollten. Als die Jünglinge den väterlichen Auftragen genügt hatten, fragten sie das Orakel, wer von ihnen nach dem Vater zu Rom herrschen werde? "Der zuerst die Mutter küßt", antwortete die Priesterin. Während die Brüder sich verglichen, ihre Mutter gleichzeitig zu küssen, um einst gemeinschaftlich zu herrschen und dem dritten Bruder, Sextus, das Wort des Gottes zu verheimlichen, fiel B. wie zufällig nieder, so daß seine Lippen die Mutter Erde berührten. Als Lucretias Tod den Unwillen über die Tyrannei der Tarquinier zum Ausbruch brachte, wurde er die Seele der Bewegung und bewog das Volk, den König abzusetzen und mit seiner ganzen Familie zu verbannen. B. und Lucretias Gatte Tarquinius Collatinus wurden nunmehr zu Konsuln gewählt. Als Tarquinius Superbus aber von Tarquinii aus eine Verschwörung in Rom anstiftete, an welcher sich auch des B. beide Söhne beteiligten, verurteilte B. dieselben zum Tod und ließ das Urteil trotz der Bitten der Söhne und des Volkes in seiner Gegenwart vollziehen. Hierauf sammelte Tarquinius ein ansehnliches Heer und zog an dessen Spitze gegen Rom. Die Reiterei des Tarquinius führte sein Sohn Aruns, die Roms B.; beide, vorauseilend, trafen aufeinander und durchbohrten sich gegenseitig mit den Lanzen (509 v. Chr.). Die Matronen betrauerten B. ein Jahr lang als Rächer der Ehre ihres Geschlechts. Die Republik errichtete auf dem Kapitol sein Bild von Erz, mit gezogenem Schwert, in der Mitte der sieben Könige. Eine Reihe römischer Münzen zeigen seinen Kopf; auf der Rückseite ist gewöhnlich der Kopf der Libertas dargestellt. In einer trefflichen Bronzebüste des Konservatorenpalastes zu Rom wollen einige die des B. sehen.

2) Marcus Junius B., der letzte Kämpfer für die römische Republik, geb. 85 v. Chr., Sohn des Marcus Junius Brutus und der Servilia, einer Stiefschwester des Cato Uticensis. Er wurde von seinem Oheim Quintus Servilius Cäpio adoptiert und wird daher zuweilen Quintus Cäpio genannt. Obgleich Pompejus seinen Vater, der sich im J. 78 an den Aufstand des Lepidus angeschlossen, besiegt und getötet hatte, schloß er sich doch an dessen Partei an, als derselbe sich zum Verteidiger der Republik oder vielmehr der Sache der Optimaten aufwarf, focht mit diesem bei Pharsalus, ergab sich aber darauf (48) dem Cäsar, welcher ihm 46 die Verwaltung des cisalpinischen Gallien übertrug, ihn 44 zum städtischen Prätor ernannte und ihm nach Ablauf dieses Amtes die Provinz Makedonien zuwies. Dessen ungeachtet ließ er sich durch das Zureden des Gajus Cassius und durch allerlei Mahnungen, die an ihn als den Träger des glorreichen Namens des Befreiers Roms ergingen, zur Teilnahme an der Verschwörung bewegen, welcher Cäsar 15. März 44 erlag (s. Cäsar). Zum Mißlingen des Unternehmens der Verschwornen trug B. aber dadurch wesentlich bei, daß auf sein Verlangen nicht zugleich M. Antonius getötet wurde, welcher bald darauf bei der öffentlichen Leichenfeier zu Ehren Cäsars das Volk gegen die Verschwornen aufreizte, so daß dieselben genötigt wurden, Rom zu verlassen. B. ging nach mehrmonatlichem Aufenthalt auf seinen Landgütern über Athen, wo sich viele angesehene Römer ihm anschlossen, in seine Provinz Makedonien, gewann dort die Truppen für sich und nahm Gajus Antonius, den Bruder des Triumvirs, gefangen. Er begab sich hierauf, um sich zum Kriege gegen die Triumvirn zu rüsten, nach Syrien und Kleinasien, wo er sich mit Cassius vereinigte. Als die Triumvirn Antonius und Oktavian gegen die Republikaner im Osten auszogen, kehrten beide nach Makedonien zurück. Dort sammelte sich ihr Heer, 80,000 Mann Fußvolk und 12,000 Reiter zählend, in der Ebene von Philippi, wo auch die Triumvirn im Herbst 42 eintrafen. B. stand aus der linken Seite in einem abgesonderten Lager dem Oktavian, Cassius auf der rechten dem Antonius gegenüber. Während B. über das Heer des Oktavian einen entschiedenen Sieg davontrug, wurde Cassius von Antonius geschlagen und tötete sich selbst, da er auch B. besiegt glaubte und demnach seine Sache für verloren hielt. Etwa 20 Tage später, nach Sammlung der versprengten Truppen des Cassius, wagte B., durch den Ungestüm seines Heers genötigt, eine zweite Schlacht, in welcher er, tapfer kämpfend, unterlag. Seine Sache verloren gebend, stürzte er sich aus der Flucht in das Schwert seines Vertrauten Strato. Seine Gemahlin Porcia, die Tochter des M. Cato Uticensis, folgte dem Gatten durch freiwilligen Tod (sie verschluckte glühende Kohlen). B. schrieb mehrere philosophische Schriften, welche aber nicht erhalten sind. Einige Briefe von ihm sind in den Sammlungen von Ciceros Briefen "ad familiares" und an Atticus erhalten; der Briefwechsel zwischen ihm und Cicero (2 Bücher) ist wahrscheinlich wenigstens zum Teil unecht. Porträte von ihm finden sich mehrfach; das beste derselben besitzt das Museo Capitolino zu Rom.

3) Decimus Junius B. Albinus, tüchtiger Feldherr Cäsars, geboren um 84 v. Chr., diente unter Cäsar in Gallien, befehligte im Bürgerkrieg 49 die Belagerungsflotte Cäsars vor Massilia und siegte in zwei Seetreffen. Cäsar ernannte ihn zu seinem Magister equitum und im folgenden Jahr zum Statthalter von Gallien und setzte ihn auf Oktavians Todesfall zum Nacherben ein. Trotzdem trat er der