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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Canovas del Castillo

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Canovas del Castillo.

mentlich auf Zöglinge der Kunstanstalten und dürftige Künstler. In dem Tempel, welchen er in Possagno gründete, einer Rotunde, deren Frontispiz genau nach dem Parthenon zu Athen gebildet ist, opferte er der Religion, dem Vaterland und der Kunst die Früchte seiner sämtlichen Arbeiten. Die Veranlassung zu diesem Bau war die Weigerung der Kardinäle, eine von ihm in kolossaler Größe verfertigte Statue der Religion mit Kreuz und Schild in einer Kirche Roms aufstellen zu lassen. Zu Venedig, wo C. seine letzten Lebensjahre zubrachte und wo er 13. Aug. 1822 starb, wurde ihm in der Kirche ai Frari ein Denkmal gesetzt, welches er selbst für Tizian entworfen hatte. C. hinterließ eine große Anzahl plastischer Werke, aber auch in der Malerei hat er sich mit Glück versucht. Seine Gemälde sind leicht hingemalt, aber von angenehmem Kolorit; sie stellen Venus und Amor, die Grazien, Helden, auch eine Kreuzabnahme etc. dar. Unter seinen Skulpturen sind die in das Bereich der christlichen Darstellungen fallenden zu seinen schwächsten Leistungen zu rechnen. C. lebte in der antiken Poesie als dem Element, das seiner Neigung zum Weichen und Zierlichen vielfältigen Stoff bot, und deshalb sind auch Werke wie die Grabmäler zweier Päpste, Clemens' XIV. (Ganganelli) in der Apostelkirche und Clemens' XIII. (Rezzonico) in St. Peter zu Rom, sowie das der Erzherzogin Marie Christine in der Augustinerkirche zu Wien, das Vorbild seines eignen in Venedig, nur mit allgemeinen christlichen Emblemen ausgestattet und zeigen keinen der Charaktere, die dem christlichen Glauben Gegenstände der Verehrung sind. So ist auch seine reuige Magdalena, jetzt im Besitz des Herzogs von Sachsen-Meiningen, wiewohl eine seiner besten Leistungen, nicht die biblische, sondern mehr der Ausdruck seiner individuellen Empfindungen. C. folgte fortwährend seiner Neigung zum Bilden poetischer Gestalten, und erst in seiner letzten Zeit (1817) sah man ihn einen Johannes den Täufer als Kind, eine Magdalena (1819) und 1822 für seine Kirche zu Possagno eine Pietà und Basreliefs aus der alt- und neutestamentliche Geschichte modellieren. Diese letzten Werke tragen aber auch keinen entschiedenen Stil an sich, ja in den Basreliefs hat sich der Künstler so sehr in das Gebiet des Malerischen verirrt, daß sie zu seinen schwächsten Werken gehören. Unter den übrigen Werken Canovas sind zu erwähnen: ein liegender Amor und Psyche, nach der Fabel des Apulejus; Psyche, stehend; Venus und Adonis, in Neapel; Amor und Psyche, stehend; Perseus, das abgehauene Medusenhaupt haltend (vom Papst Pius VII. gekauft); zwei Athleten, im vatikanischen Museum; Hebe, die Nektarschenkende, im Besitz des Kaisers von Rußland; Herkules, den Lykas an einen Felsen schleudernd; das bereits erwähnte Grabdenkmal der Marie Christine, Erzherzogin von Österreich, in der Augustinerkirche zu Wien (s. Tafel "Bildhauerkunst VI", Fig. 19), eins der vortrefflichsten Werke des Künstlers; Napoleons Mutter, Nachahmung der Agrippina im Kapitol; die siegende Venus (Porträt der Fürstin Pauline Borghese, geborne Bonaparte, die er auch nackt auf einem Ruhebett liegend darstellte); Venus, aus dem Bad kommend, in Charakter und Haltung der Mediceischen ähnlich; die drei Grazien, reizende Gestalten von anmutigen, flüssig runden Formen, in der Galerie des Herzogs von Leuchtenberg zu Petersburg, Konkordia, Porträt der Kaiserin Marie Luise, sitzend dargestellt, mit dem Zepter und Diskus; Paris, lebensgroße Statue aus karrarischem Marmor, in der Glyptothek zu München; Hebe, in der Nationalgalerie zu Berlin; Psyche, in der königlichen Residenz zu München; die Statue des Marchese Poleni, aus dem Platz Vittorio Emanuele zu Padua; das Monument des Ritters Angelo Emo, im Arsenal zu Venedig; die Statuen zweier Faustkämpfer, im vatikanischen Museum; die Marmorbüste Kaiser Franz' I., in Wien; eine Statue der Polyhymnia, daselbst; Alfieris Denkmal mit der trauernden Italia, in der Heiligenkreuzkirche zu Florenz; das Denkmal Volpatos, in der Apostelkirche zu Rom; die Bildsäule Pius' VI., in der St. Peterskirche zu Rom. C. gebührt das Verdienst, der Bildnerei nach langer Verirrung einen bessern Weg gezeigt zu haben. Dennoch ist er von manchen Fehlern nicht freizusprechen. Gehören seine Hebe in Berlin, seine drei Grazien und seine Psyche in München zu den reizendsten Gebilden moderner Plastik, so zeigt doch eine Reihe ähnlicher Gestalten eine gewisse Überzierlichkeit, Süßlichkeit, zuweilen auch Koketterie (namentlich die bekannte Venus). Ein vollständiges Verzeichnis von Canovas Werken findet man in den "Notizie intorno alla vita di Antonio C." von A. Paravia (Rom 1823). Vgl. auch Quatremère de Quincy, C. et ses ouvrages (Par. 1834). Biographien Canovas haben geliefert Cicognara (Vened. 1823), Missirini (Prato 1824, 4 Bde.) und Rosini (Pisa 1825). Seine "Memorie" wurden herausgegeben von A. d'Este (Flor. 1865). Gestochen wurden seine Werke von Lasinio (mit Beschreibung derselben von der Gräfin d'Albrizzi, Pisa 1821-25, 5 Bde.), von Heinr. Moses in London (1828, 3 Bde. mit 137 Kupfern), A. Reveil in Paris (1823, 100 Blätter); eine Sammlung von 100 Blättern in lithographischen Umrissen, mit Text nach d'Albrizzi u. a., von Delatouche gab Schulz heraus (2. Ausg., Stuttg. 1836).

Canovas del Castillo (spr. kastiljo), Don Antonio, span. Staatsmann, geb. 8. Febr. 1826 zu Malaga, studierte die Rechte, machte sich zuerst als Dichter bekannt und erhielt wegen seiner historischen und belletristischen Schriften einen Sitz in der Akademie. Unter seinen Schriften sind zu nennen: "Storia del dominico austriaco in Ispagna" und "Studii letterarii". Er übernahm 1851 die Redaktion der konservativen Zeitung "Patria", ward 1854 Mitglied der Cortes, 1855 Geschäftsträger in Rom, 1861 Unterstaatssekretär des Innern, war 1864-68 wiederholt Minister, vertrat 1868 in den konstituierenden Cortes mit Mut die gemäßigt konservative Monarchie und trat an die Spitze der Partei, welche nach Abdankung der Königin Isabella (1870) die jüngere bourbonische Linie mit dem Prinzen Alfons von Asturien auf den spanischen Thron zurückführen wollte. Als dies im Dezember 1874 endlich glückte, ernannte der junge König Alfons XII. C. zum Ministerpräsidenten, und es gelang der Mäßigung und Gewandtheit Canovas del Castillos, die neue Monarchie rasch zu befestigen. Nur die päpstliche Kurie machte einige Schwierigkeiten. C. hatte nämlich derselben vor Alfons' Thronbesteigung die Wiederherstellung des Konkordats von 1851 versprochen, konnte aber dies Versprechen nicht halten und mußte in dem den konstituierenden Cortes vorgelegten Verfassungsentwurf in § 11 eine beschränkte Kultusfreiheit zugestehen. Dagegen protestierte der päpstliche Nunzius Simeoni, und daher trat C. 12. Sept. 1875 vom Ministerium zurück. Sein Nachfolger Jovellar erreichte es, daß die Kurie ihren Protest zurückzog, und nun übernahm C. wieder das Ministerium. Er brachte darauf 30. Juni 1876 die neue Verfassung zu stande, welche die Ansprüche des Klerus einigermaßen befriedigte, ohne die liberalen Grundsätze völlig zu verleugnen, erlangte im Senat

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]