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Charlotte Amalia - Charlottenburg.
demselben vermählt. Die Ehe war keine glückliche, die förmliche Trennung derselben erfolgte aber erst 1805. Wegen Teilnahme an einer Verschwörung gegen Johann, seit 1792 Prinz-Regent, wurde sie nach Quelus verbannt, folgte ihm aber 1807 dennoch nach Brasilien und hielt mit ihren drei Töchtern in Rio de Janeiro Hof, als Mittelpunkt der Opposition gegen die Regierung ihres Gatten. Von ihren abenteuerlichen Plänen zur Gewinnung von Macht in der Alten oder Neuen Welt kam keiner zur Ausführung. Als nach der Revolution in Oporto Johann VI., seit 1816 König, mit der Annahme der Konstitution zauderte, kehrte C. (1820) nach Portugal zurück, um aus der Hand der Cortes die höchste Gewalt entgegenzunehmen, fand sich aber getäuscht und wurde nun mit ihrem Sohn Dom Miguel die Seele der absolutistischen Partei. Letzterer mußte nach blutigem Bürgerkrieg das Land verlassen, und C. wurde in ein Kloster verwiesen; später lebte sie im Schloß Quelus, von wo aus sie neue Intrigen begann. Aber auch des Königs Tod (10. März 1826) brachte sie nicht zu ihrem Ziel. Zwar sah sie ihren Liebling Dom Miguel im Februar 1828 die Regentschaft übernehmen, erhielt aber selbst keinen Anteil an derselben. Sie starb 7. Jan. 1830.
4) Marie C., Kaiserin von Mexiko, geb. 7. Juni 1840, Tochter des Königs Leopold I. von Belgien und der Prinzessin Louise von Orléans (der Tochter Ludwig Philipps, Königs von Frankreich), vermählte sich 27. Juli 1857 mit dem Erzherzog Maximilian von Österreich, dem damaligen Generalgouverneur des Lombardisch-Venezianischen Königreichs, und folgte 1864 ihrem Gemahl auf den Kaiserthron nach Mexiko. Sie trat bei jeder Gelegenheit energisch für das neue Kaisertum und für die Stellung ihres Gemahls ein, widersetzte sich den Ansprüchen des im Dezember in Mexiko angekommenen päpstlichen Nunzius Meglia und reiste, als der Widerstand der Mexikaner gegen das Kaisertum wuchs und die Franzosen Anstalten trafen, das Land zu räumen, 1866 nach Europa, um ihrem Gemahl die französische Hilfe dauernd zu sichern. Von Napoleon trotz ihrer Bitten und Vorwürfe abgewiesen, begab sich C. nach Rom, um den Papst zum Abschluß eines Konkordats zu vermögen, das den mexikanischen Klerus gewänne und auf die Seite des Kaisers zöge. Bevor eine Entscheidung hierüber getroffen war, brach infolge der Strapazen der sommerlichen Reise und der geistigen Aufregung Charlottens Kraft zusammen. Sie verfiel in Irrsinn, blieb noch mehrere Monate im Schloß Miramar und wurde im Juli 1867 nach Belgien gebracht, wo sie sich in dem Schloß Bouchoute, in der Nähe von Brüssel, als eine rettungslos Kranke aufhält. Von dem Ende ihres Gemahls, der 19. Juni 1867 in Queretaro erschossen wurde, erfuhr sie nichts mehr.
Charlotte Amalia, Hauptstadt der dänisch-westind. Insel St. Thomas, mit 12,000 Einw.; Freihafen mit Docks und Kohlendepots für die westindischen Dampferlinien.
Charlottenbrunn, Marktflecken und besuchter Badeort im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Waldenburg, liegt 448 m ü. M. im Waldenburger Gebirge in einem von dichten Tannenwaldungen umschlossenen, nur nach SSO. offenen Thal und an der Eisenbahn von Kohlfurt nach Glatz, hat eine evang. Pfarrkirche, ein großes Badehaus, eine Schweizer Molkerei und (1880) 1231 Einw. Unter den Mineralquellen ist die Charlottenquelle ein alkalisch schwacher Eisensäuerling, dessen Wasser gegen Affektionen etc. der Atmungsorgane, Herz- und Herzklappenkrankheiten, Blutarmut und Nervenleiden verwendet wird. Die Umgegend des Orts, der jährlich von etwa 1700 Badegästen besucht wird, bietet eine große Menge der anmutigsten Spaziergänge; auch Kohlenbergwerke und eine Porzellanfabrik (Sophienau) sind in der Nähe. Vgl. Beinert, C. als Trink- und Badekuranstalt (Charlottenbr. 1859); Engels, Der klimatische Kurort C. (Wüstegiersdorf 1877).
Charlottenburg, Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, 5 km westlich von Berlin, 33 m ü. M., an der Spree, Station an der Berliner Stadt- und Ringbahn mit Anschluß an die Eisenbahnen von Berlin nach Hamburg, Hannover (Köln), Holzminden (Aachen) u. Nordhausen (Frankfurt a. M.). Unter den Straßen sind die Berliner Straße und die 53 m breite Kurfürstendamm-Avenue, vom zoologischen Garten bis zum Grunewald, hervorragend; unter den Gebäuden die für die Artillerie- und Ingenieur-, für die technische Hochschule, die Hochreservoirs der Berliner u. Charlottenburger Wasserwerke auf dem Spandauer Berg, die Gebäude des Vereins für Hindernisrennen auf der Rennbahn ebenda, zahlreiche Villen auf Westend (dem neuen Stadtteil im W.) und im südöstlichen Stadtgebiet und das königliche Schloß. Dieses, dem die Stadt ihre Entstehung verdankt, wurde seit 1696 für Sophie Charlotte, zweite Gemahlin des Kurfürsten, nachmaligen Königs Friedrich I., unter Schlüters Leitung in der Nähe des Dorfs Lietzen (Lützow) erbaut und deshalb anfangs Lietzenburg genannt. Nach dem Tod Sophie Charlottens erhielt es vom König den jetzigen Namen, und zu Anfang des 18. Jahrh. begann derselbe die Erbauung der Stadt. Das Schloß enthält einen Mittelbau von Schlüter, zwei Seitenflügel und eine hohe Kuppel von J. F. ^[Johann Friedrich] v. Eosander. An dasselbe schließt sich ein geräumiger, von der Spree begrenzter Park mit einem großen Orangeriehaus, einem Theater und dem berühmten Mausoleum aus Granit (von Hesse), welches die Grabdenkmäler der Königin Luise (s. Tafel "Bildhauerkunst VIII", Fig. 1) und Friedrich Wilhelms III., von Rauch in Marmor gearbeitet, enthält. Zu den Füßen derselben ist in einer Urne von märkischem Findlingsgranit das Herz Friedrich Wilhelms IV. eingesenkt. Unweit des Schlosses dehnt sich der Park der Aktiengesellschaft Flora mit schönem Palmenhaus aus. C. hat (1880) 30,483 Einw., darunter 27,818 Evangelische, 2147 Katholiken und 287 Juden. Die Industrie ist im Aufblühen, einige Fabrikanlagen befinden sich in dem Stadtteil Martinikenfelde im N. von der Spree. Wichtig sind die Eisengießereien und Maschinenfabriken, Fabriken für Porzellan, Thonwaren, Glas, Papier und Pappe, Chemikalien, Farbwaren, Spiritusapparate, farbiges Leder, Feilen; ferner eine chemische Waschanstalt, eine Dampfsägemühle, Bierbrauerei, eine Gas- und Wasserleitung und große Pferdemärkte. An Kunst- und Bildungsanstalten sind vorhanden: das königliche Institut für Glasmalerei, die vereinigte Artillerie- und Ingenieur-, die technische Hochschule, ein Gymnasium. Für ältere ledige Frauen ist das Wilhelmsstift bestimmt; sodann gibt es eine Kaltwasserheilanstalt, ein Krankenhaus und 3 Privatirrenanstalten. C. ist Sitz einer Polizeidirektion und eines Amtsgerichts und hat einen Magistrat
^[Abb.: Wappen von Charlottenburg.]
^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]