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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Charvati; Charwoche; Charybdis; Chasan; Chasaren; Chascomus; Chase

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Charvati - Chase.

schon 1847 hier die genannte Mission. Die Bevölkerung, ca. 50,000 Köpfe, bestand zum allergrößten Teil aus Arabern aus den verschiedensten Gegenden, aus Eingebornen Innerafrikas, die hierher als Sklaven geschleppt wurden, aus Levantinern, Griechen, Italienern, Franzosen u. a. Die Europäer waren Missionäre, Konsulatsbeamte, Ärzte, Apotheker, Kaufleute. Die Stadt hatte wohlversorgte Bazare, europäische Magazine, Märkte voll von Lebensmitteln, Früchten u. a., eine Anzahl zum Teil durch Griechen gehaltener Materialwarenbuden (Bakal), Likör- oder Kaffeebutiken u. a. Der Blaue Nil war erfüllt von größern und kleinern Barken; selbst Dampfboote ankerten hier. Übrigens ist C. ein ganz besonders ungesunder Ort, so daß die europäische Kolonie mehrmals fast ganz ausstarb. Die Stadt hat sich aus dem Lager entwickelt, welches Mehemed Alis Generale auf der Landzunge zwischen den beiden Flüssen aufschlugen, und um das sich die Eingebornen des Handels wegen bald ansiedelten. Nach dem Sturz des alten Handelszentrums Schendy konzentrierte sich der Handel des Sudân in C., das nun den gesamten Handel mit Elfenbein, Gummi, Tamarinden, Straußfedern und Sklaven aus Zentralafrika mit dem Roten Meer vermittelte. Unter Ismail Pascha wurde die Stadt zur Hauptstadt des Sudân und zum Sitz des Generalgouverneurs (Baker, dann Gordon u. a.) erhoben. Gegen die Anhänger des Mahdi wurde sie durch Gordon lange tapfer verteidigt, bis sie 26. Jan. 1885 durch Verrat in die Hände der Mahdisten fiel, wobei Gordon selber sein Ende fand.

Charvati, Dorf beim alten Mykenä (s. d.).

Charwoche, s. Karwoche.

Charybdis, nach der griech. Mythe ein wasserschlürfendes, den Schiffern Verderben bringendes Ungeheuer, das alles hinabschlang, was sich seinem Rachen näherte. Es hauste auf einem Felsen in der Meerenge von Sizilien unter dem Vorgebirge Peloron, gegenüber der noch schrecklichern Skylla (s. d.).

Chasan (hebr.), Vorbeter einer jüdischen Gemeinde.

Chasaren (Chazaren), ein altes Volk vom uralisch-finnischen Stamm, im N. des Schwarzen und Kaspischen Meers, nach Saint-Martin mit den Agazzir oder Katziri des Jornandes und der Byzantiner identisch, war schon geraume Zeit vor dem 7. Jahrh. an den Ufern des Kaspischen Meers im nordwestlichen Teil Kaukasiens mächtig, dehnte sich dann zwischen 642 und 668 infolge der großen bulgarischen Wanderung weiter über die Ländereien am Asowschen Meer aus und beherrschte zu Anfang des 8. Jahrh. auch die Taurische Halbinsel. Nachdem die C. die Slawen am Dnjepr und an der Oka unterworfen und tributpflichtig gemacht hatten, drangen sie nach W. bis zu den Karpathen vor und erstiegen darauf in der zweiten Hälfte des 9. Jahrh. die höchste Stufe ihrer Macht. Ihr Reich erstreckte sich damals vom Jaik bis zum Dnjepr und Bug, vom Kaspisee, Kaukasus und Schwarzen Meer bis zur mittlern Wolga, zum Quellgebiet des Donez und über Kiew hinaus bis zur Oka. Die C. schließen die Reihe der Völker finnischen Ursprungs, welche von dem 3. bis zum 9. Jahrh. nacheinander in den ungeheuern Ebenen des südlichen Rußland zwischen der Wolga und der untern Donau geherrscht haben. In dem Chasarenreich waren alle Religionen geduldet. Juden, Christen, Moslems und Anhänger des mittelasiatischen Naturkultus lebten in friedlichem Verkehr miteinander. Die Familie des Chakan und die Großen des Volkes bekannten sich ursprünglich zum Islam, traten aber später zum Judentum über. Da Richter und Beamte aus den verschiedensten Religionen aufgestellt waren, so ward jedem das Recht durch seine Glaubensgenossen gesprochen, während für die Streitigkeiten der Anhänger verschiedener Religionen eine gemischte Behörde angeordnet war. Die Chasarenfürsten standen gewöhnlich in gutem Einvernehmen mit dem byzantinischen Reich. Ihre alte Hauptstadt war Balandshar (das jetzige Astrachan). Später ward unter Mithilfe byzantinischer Baukünstler eine neue Residenz, Sarkal ("weiße Stadt", das jetzige Bjelajaweza, in der Nähe der katschalinischen Kosakenstaniza), erbaut, die jedoch schon um 1300 in Trümmern lag. Mit den griechischen Baumeistern kam auch wohl Konstantin aus Thessalonich (Kyrillos) in das Land der C. und bekehrte nach der Sage das ganze Volk zum Christentum. Das Andenken der Chasarenherrschaft hat sich bis auf den heutigen Tag in mehreren russischen Ortsnamen erhalten. Swajatoslaw, der erste russische Beherrscher mit slawischem Namen (965), schlug die C. selbst in einer blutigen Schlacht und eroberte ihre Festung Sarkal. Wahrscheinlich haben die Russen damals alle chasarischen Gebiete an dem östlichen Gestade von Asow und Taman erobert. Nur in der Krim blieb noch ein Schatten der chasarischen Macht übrig, der aber (1016) ebenfalls den vereinigten Kräften der Griechen und Russen unter Motislaw von Tamatarcha, dem Sohn Wladimirs, unterlag. Reste des Volkes, namentlich des sich zum Mosaismus bekennenden Teils, sollen nach einigen die Karaiten (Karaim) im südlichen Rußland und den ehemaligen polnischen Ländern sein. Vgl. Frähn, Excerpta de Chasaris (Petersb. 1821); Derselbe, Ibn Foszlan (das. 1823); Harkavy, Mitteilungen über die C. ("Russische Revue" 1875 u. 1877).

Chascomus, Stadt in der Argentinischen Republik, Provinz Buenos Ayres, 100 km südlich der Hauptstadt, bei fischreichen Teichen, mit Hospital und (1882) 3700 Einw.

Chase (spr. tschehs), 1) Salmon Portland, amerikan. Staatsmann, geb. 13. Jan. 1808 zu Cornish in New Hampshire, war zuerst Privatlehrer in Washington, erwarb sich aber, mit angesehenen Juristen befreundet, praktische Rechtskenntnisse und betrieb dann in Cincinnati im Staat Ohio mit bedeutendem Erfolg die Advokatur. Daneben setzte er sich die Sammlung und Kommentierung der Statuten des Staats Ohio zur Aufgabe. Durch entflohene Sklaven vielfach als Anwalt in Anspruch genommen, ward er bald einer der entschiedensten Vorkämpfer für die Rechte der Sklaven und Mitbegründer der spätern republikanischen Partei. 1851 zum Mitglied des Senats in Washington gewählt, war er ganz im Sinn humaner und freiheitlicher Grundsätze thätig und unterstützte warm die sogen. Heimstättebill, während die Nebraskabill in ihm einen entschiedenen Gegner fand. 1855 und 1857 wurde er zum Gouverneur des Staats Ohio erwählt. Als Lincoln 4. März 1861 sein Amt antrat, übertrug er C. das Finanzministerium. Doch war C. dieser Aufgabe nicht gewachsen. Voreilig ging er von der Gold- zur Papierwährung über und brachte die Anlehen in Augenblicken auf den Markt, wo eine ungünstige Aufnahme derselben vorauszusehen war, und vollends verlor C. das Vertrauen der Finanzwelt, als er das unfundierte Papiergeld in unzulässigem Maß vermehrte. So trat er im August 1864 von der Finanzverwaltung zurück und wurde Anfang Dezember von Lincoln zum obersten Richter des höchsten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ernannt. Er starb 7. Mai 1873.

2) William, amerikan. Maler, geb. 1849 zu Frank-^[folgende Seite]

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