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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chatamlicht; Chatanga; Château; Chateaubriand

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Chatamlicht - Chateaubriand.

und binnen 24 Stunden erschießen zu lassen. Aber, ein besserer Ingenieur als General, bei Wörgl von den überlegenen Bayern und Franzosen geschlagen, mußte er sich durch Salzburg und Steiermark nach Ungarn zurückziehen und nahm an den nächstfolgenden Kriegsereignissen nur als Leiter der Verteidigungsarbeiten von Prag teil. Erst 1813 focht er wieder an der Spitze einer Grenadierdivision bei Dresden. Nach der Schlacht von Kulm wurde er Feldzeugmeister und Gouverneur von Theresienstadt sowie nach dem Abzug der Franzosen aus Dresden Kommandant daselbst und nach der Organisation des Lombardisch-Venezianischen Königreichs Gouverneur in Venedig, wo er 7. Mai 1825 starb. Sein eigentliches Fach war das Geniewesen, und er erwarb sich um dieses große Verdienste.

Chatamlicht, Signallicht, welches je nach der Entfernung, auf welche es sichtbar sein soll, durch Einblasen von Kohlenpulver, Harz oder einem Gemenge von Harz und Magnesiumpulver in eine Flamme erhalten wird; dient zu telegraphischen Zwecken und wurde zuerst von den Engländern im abessinischen Krieg angewandt.

Chatanga, Küstenfluß in Sibirien, zwischen dem Jenissei und der Anabara, empfängt zur Linken die Cheta und fällt nach einem Laufe von 740 km in das Nördliche Eismeer, wo er den 260 km langen Chatangabusen bildet. An seinem Ufer liegt, an der Chetamündung, die russische Ansiedelung Chatanskoje.

Château (franz., spr. schatoh), Schloß, Burg; Châteaux en Espagne (spr. -san-espannj), "Schlösser in Spanien", s. v. w. Luftschlösser.

Chateaubriand (spr. schatohbriang), François René (nicht Auguste), Vicomte de, berühmter franz. Schriftsteller und Staatsmann, geb. 4. Sept. 1768 zu St.-Malo (Schloß Combourg) in der Bretagne aus altadliger Familie, besuchte die Collèges zu Dol und Rennes und wurde erst zum Seedienst, dann zum geistlichen Stand bestimmt, trat schließlich aber als Leutnant in das Regiment Navarra. Nach dem Tod seines Vaters ging er nach Paris, trat in Verbindung mit Parny, Ginguené, Le Brun, Chamfort u. a., unter deren Einfluß er Freidenker wurde, und schiffte sich 1791, um die nordwestliche Durchfahrt aufzufinden, nach Nordamerika ein. Hier im Urwald unter den Indianerstämmen fühlte er sich bald so heimisch, daß er jenen Zweck vergaß. Dafür befruchteten großartige Anschauungen sein Dichtergenie und gaben ihm einen reichen Stoff an die Hand, den er später in den Erzählungen: "Atala", "René" und "Les Natchez" erfolgreich bearbeitete. Erst die Kunde von der Flucht seines Königs rief ihn 1792 zurück. Nach seiner schleunigen Vermählung mit einer reichen Erbin trat er in das Emigrantenheer, wurde bei Thionville schwer verwundet und floh nach London, wo er in großer Not lebte. Hier entstand sein "Essai historique, politique et moral sur les révolutions, etc." (Lond. 1797, 2 Bde.), ein unreifes Gemisch von Vorurteilen, religiösen Zweifeln und philosophischen Betrachtungen nach J. J. Rousseau, noch bizarrer in der Form als in den Ideen. Die Nachricht von dem Tod seiner Mutter bewirkte in ihm eine vollständige Umkehr, er war von nun an eifriger Anhänger des positiven Christentums. In dieser Stimmung verfaßte er sein "Génie du christianisme" (1802, 5 Bde.; deutsch von Schneller, Freiburg 1856-57), eine vom Feuer der glänzendsten Beredsamkeit getragene Apologie des Christentums, die weder historisch noch dogmatisch, sondern lediglich poetisch und ästhetisch ist und sich nur an die Phantasie und an das Gefühl der Leser wendet. Um die Stimmung des Publikums zu erproben, hatte er ein Jahr vorher im "Mercure de France" den Roman "Atala", eine Episode des "Génie du christianisme", veröffentlicht, welcher die majestätische Schönheit der amerikanischen Natur mit der herben, entsagungsvollen Strenge des Christentums vereinigte und zwar mit solcher Pracht und Üppigkeit der Diktion, daß alle Welt entzückt war. Ähnlichen Erfolg hatte "René, ou les effets des passions", eine Episode, welche C. erst 1807 aus dem Hauptwerk loslöste, eine Art christlichen Werthers mit Byronschem Weltschmerz und Faustscher Genußsucht, das Abbild der Persönlichkeit des Autors selbst. Den Schluß zu "René", der selbst eine Fortsetzung von "Atala" sein sollte, bildeten "Les Natchez", die aber erst 1825 im Druck erschienen. Diese Dichtungen haben unzählige Nachahmungen hervorgerufen und sind in fast alle Sprachen Europas übersetzt worden. Als C. 1800 nach Frankreich zurückkehrte, schloß er sich ernstlich dem Konsulat an (die Vorrede zum "Génie du christianisme" vergleicht Bonaparte mit Cyrus) und ging 1803 als Gesandter nach Rom; doch ward er dieser Stellung bald überdrüssig, und der am Herzog von Enghien (1804) verübte Justizmord bot ihm die erwünschte Gelegenheit, sein Amt niederzulegen. 1806 trat er seine bekannte Reise nach dem Orient an; er besuchte Griechenland, Palästina, Afrika und Spanien. Früchte derselben waren das große religiöse Epos in Prosa: "Les Martyrs, ou le triomphe de la religion chrétienne" (1809, 2 Bde.; deutsch von Fesenmair, Münch. 1864), an welchem er seit 1802 arbeitete, die Ausführung der Ästhetik des "Genie du christianisme", indem es die Überlegenheit des Christentums über das Heidentum zur Anschauung bringen sollte; sodann das "Itinéraire de Paris à Jérusalem" (1811, 3 Bde.; deutsch von Haßler, Freiburg 1817), eine Reihe von interessanten poetischen Schilderungen der Örtlichkeiten, auf denen die "Martyrs" sich abspielen, beides Meisterwerke sorgfältiger Ausführung und harmonischen Stils. 1811 wurde C. in die Akademie gewählt an die Stelle M. J. ^[Marie Joseph] Chéniers, des Revolutionärs und scharfen Kritikers seines "Genie du christianisme". Da er aber statt der üblichen Lobrede eine höchst abfällige Beurteilung seines Vorgängers vorlegte, so verbot der Kaiser, die Rede zu halten. Dieser Vorgang wurde entscheidend für sein ferneres Verhalten: C. tritt in Opposition zu Napoleon und wird nun eine politische Persönlichkeit. Sein Haß gegen den Kaiser macht sich am schärfsten geltend in dem unwürdigen Pamphlet "De Buonaparte, des Bourbons et de la nécessité de se rallier à nos princes légitimes pour le bonheur de la France et de l'Europe", das 1814 nach dem Sturz des Kaisers erschien und für Ludwig XVIII. "eine Armee wert" gewesen ist. Während der Hundert Tage wurde er Minister, dann Pair von Frankreich; als solcher saß er auf der äußersten Rechten und war royalistischer als der König selbst, wie seine Schriften: "Réflexions politiques sur quelques écrits du jour et sur les intérèts de tous les Français" (1814), "Mélanges de politique" (1816, 2 Bde.), "De la monarchie selon la charte" (1816) beweisen. Seine Unbesonnenheit erregte den heftigsten Unwillen des Königs; erst seine "Mémoires, lettres et pièces authentiques touchant la vie et la mort du duc de Berri" (1820) brachten eine Versöhnung zu stande. C. wurde 1820 Gesandter in Berlin, dann Minister, Gesandter in London, Bevollmächtigter auf dem Kongreß zu Verona und 28. Dez. 1822 Minister des Auswärtigen und als

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