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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Comtesse; Comum; Comuneros

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Comtesse - Comuneros.

Wissenschaft, welche dasselbe durch Gründe erklärt, die innerhalb desselben sind. Seinem positiven Teil nach besteht der Positivismus in einer neuen Auffassung der Entwickelung des Menschengeistes und in einer neuen Anordnung der Wissenschaften. Jener zufolge durchläuft der denkende Geist notwendigerweise drei Stadien (trois états): das theologische, das metaphysische und das positive. Während des ersten werden die Naturerscheinungen durch übernatürliche Ursachen (Wunder und persönliches Eingreifen von Göttern), während des zweiten durch abstrakte Ursachen (scholastische Entitäten, realisierte Abstrakta) erklärt; während des dritten begnügt man sich, den Zusammenhang der Phänomene zu konstatieren durch Beobachtung, hervorzurufen durch das Experiment, kurz, jede Thatsache mit ihren vorangegangenen Bedingungen zu verknüpfen. Diele Methode hat die moderne Wissenschaft geschaffen und ist bestimmt, die Stelle der alten Metaphysik einzunehmen. In dem Maß, als eine wissenschaftliche Frage eine experimentale Lösung zuläßt, tritt sie aus dem metaphysischen Nebel in das klare Licht der Wissenschaft über; was sich nicht experimentell verifizieren läßt, gehört nicht in die Wissenschaft. Die Anordnung des Wissens (welcher im allgemeinen die Baconsche Einteilung der Wissenschaften zu Grunde liegt, und) welche er die "natürliche Hierarchie der Wissenschaften" nennt, geht vom Einfachen zum Zusammengesetzten. Die Grundlage von allem bildet die Mathematik; dann folgen die Astronomie, die Physik, die Chemie, die Biologie und die Soziologie, deren jede die Vorstufe und Voraussetzung der nächsten ausmacht. Die Gesellschaftswissenschaft ist nicht möglich ohne die Wissenschaft vom Leben, diese nicht ohne Chemie, die ihrerseits die Physik wie diese die Astronomie und diese die Mathematik zur Basis hat. Diese Ordnung der Logik wird durch die Geschichte bestätigt. Die Psychologie ist nur ein Teil der Physiologie (Phrenologie); die Moral beruht auf dem geselligen Trieb und weist Eigennutz und Selbstsucht zurück, indem sie an die Stelle des eignen Vorteils als Motiv des Handelns (Egoismus) den des "andern" (Altruismus) und das allgemeine Wohl über das jedes Einzelnen setzt. Über seine Beziehungen zu Kant vgl. Zimmermann, Kant und die positive Philosophie (Wien 1874). Comtes "Politique positive" enthält das bis ins Detail ausgearbeitete Ideal der künftigen Organisation der menschlichen Gesellschaft, welche dadurch charakteristisch ist, daß in derselben den "positiven" Philosophen (ähnlich wie den Wissenden in der Platonischen Republik) die herrschende Stellung eingeräumt und unter denselben eine Art Hierarchie mit einem Oberhaupt an der Spitze (ähnlich wie im katholischen Priestertum mit dem römischen Papst) eingerichtet wird, daher die "positive" Gesellschaft von Gegnern als "Katholizismus ohne Christentum" bezeichnet worden ist. Nach dem Muster derselben sind von Anhängern Comtes in England (Congreve, Bridges u. a.) Positivistengemeinden gegründet und an verschiedenen Orten Kirchen (in London zwei) eröffnet worden, in welchen "positivistischer" Gottesdienst abgehalten, ein (dem katholischen nachgebildetes) "positivistisches" Ritual und sogar ein "positivistischer" Kalender beobachtet wird. In neuester Zeit sind unter den Mitgliedern Spaltungen eingetreten, infolge deren ein Teil der (übrigens niemals zahlreich gewesenen) "Positivisten" sich der herrschenden Kirche genähert hat, so daß der Rest der Anhänger von der strengen Observanz kaum über 100 betragen soll. Einen populären Auszug aus Comtes sechsbändigem Hauptwerk, dem "Cours", veranstaltete neuerdings Jules Rig: "La philosophie positive par Auguste C. Résumé" (Par. 1880, 2 Bde.) und eine deutsche Bearbeitung des letztern v. Kirchmann (Heidelb. 1883, 2 Bde.).

2) Pierre Charles, franz. Maler, geb. 1815 zu Lyon, wurde in Paris Schüler von Robert-Fleury und stellte 1847 eine Lady Jane Gray aus, die, von trefflicher Komposition, korrekter Zeichnung und lebensvoller Charakteristik, Erwartungen erregte, die er nachher in den Bildern: Heinrichs III. Begegnung mit dem Herzog von Guise (1855, im Luxembourg), Jeanne d'Arc bei der Krönung Karls VII. (1861, Museum in Reims) und noch mehr in der Leonore von Este, Witwe des Herzogs von Guise, die ihren Sohn Heinrich schwören läßt, seinen ermordeten Vater zu rächen (1864, Museum in Lyon), in reichem Maß erfüllte. Unter seinen spätern Bildern nennen wir den letzten Besuch Karls V. im Schloß zu Gent nach seiner Thronentsagung (1866), Zigeuner vor dem kranken Ludwig XI. (1869), Katharina von Medicis im Schloß Chaumont, Franz I. bei Benvenuto Cellini, Marie Touchet, die Sage von den vergifteten Handschuhen der Königin Johanna von Navarra, der Mutter Heinrichs IV., die Nichte Don Quichottes (1877) und den 1878 ausgestellten Dante.

Comtesse (franz., spr. kongtäß), Gräfin, im Deutschen besonders für unverheiratete Damen gräflicher Abkunft gebraucht.

Comum, Stadt, s. Como.

Comuneros (Communeros), Name der Aufständischen in Spanien 1520, welche, vornehmlich aus Bürgern und Bauern bestehend, sich zuerst in Valencia, dann auch in Kastilien gegen die drückende Fremdherrschaft Karls V. erhoben, eine heilige Junta in Avila bildeten und Beseitigung der Ausländer aus allen Ämtern, Besteuerung des Adels und der Geistlichkeit sowie Herstellung der alten Rechte und Freiheiten des Volkes forderten. An der Spitze der Erhebung standen Juan de Padilla und seine Gemahlin Marie Pacheco. Zwar trat ein Reichstag im Oktober zu Tordesillas zusammen, um die Reformen durchzuführen. Da es aber nicht gelang, die Königin Johanna die Wahnsinnige zu bewegen, sich an die Spitze der C. zu stellen, so sammelte der Adel seine Streitkräfte und schlug das Heer der C. 21. April 1521 bei Villalar, womit die Bewegung unterdrückt war. - C. oder "Söhne des Padilla" nannte sich ferner eine geheime politische Gesellschaft in Spanien, welche sich 1820 aus den spanischen Freimaurern entwickelte und vollständige Volkssouveränität und Gleichheit aller Menschen anstrebte. Ballesteros und Romero Alpuente waren ihre ersten Häupter. Schon 1821 wurde in Madrid eine leitende Junta und in jeder Provinz eine Provinzialmerindad gestiftet und dem entsprechend eine Zentralkasse und Provinzialkassen errichtet, in welche die freiwilligen Beiträge der Mitglieder flossen. 1822 zählte die Gesellschaft 40,000 Ritter, deren Zahl später auf 70,000 gestiegen sein soll, und ihre Affiliationen erstreckten sich selbst nach Frankreich. Da die Mitglieder teilweise ganz unreif waren, den radikalsten Grundsätzen huldigten und alle gemäßigten, anständigen Politiker beschimpften und herabsetzten, so trugen sie wesentlich zum Untergang der Revolution von 1820 bei, zumal als sie 1821 die Majorität in den Cortes erhielten. Nach der zweiten Restauration 1823 wurde die Gesellschaft aufgehoben und die Teilnahme daran mit strengen Strafen bedroht. Vgl. Brück, Die geheimen Gesellschaften in Spanien (Mainz 1881)

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