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Daktylologie - Dalarne.
Petersburg). Gegenwärtig sind die wichtigsten öffentlichen Sammlungen geschnittener Steine: die im Münz- und Antikenkabinett zu Wien, die reichste an sehr großen Kameen von unschätzbarem Wert in der Nationalbibliothek zu Paris, in der Eremitage zu Petersburg, in der königlichen Bibliothek im Haag, in den Uffizien zu Florenz und im Museum zu Neapel, letztere insbesondere bereichert durch das ehemalige Borgiasche Kabinett. Unter den Sammlungen geringern Umfangs verdient das Museum in Berlin besondere Erwähnung wegen der mit demselben vereinigten Sammlung von Stosch, welche Winckelmann beschrieben hat. - D. nennt man auch eine Sammlung von Kupferstichen, die Gemmen darstellen und zwar entweder Gemmen mit Gegenständen von einerlei Art, z. B. solche mit Bildnissen von Philosophen (von Bellori), Abraxasgemmen (von Chifflet), Gemmen mit Inschriften (von Ficoroni), mit den Namen der Verfertiger (von Stosch), oder die Steine einer ganzen Sammlung, z. B. die Sammlung von Gori in dem Museum Florentinum sowie die von Wicar und Mongez daselbst, die frühern Pariser von Mariette, die des Herzogs von Orléans, die von Leblond und Lachaux und die Wiener, von Eckhel in Abbildungen herausgegeben. Nächstdem sind noch anzuführen die Abbildungen der Sammlungen von Odescalchi, Gravelle, Stosch, Bossi und dem Herzog von Marlborough. Unter den Sammlungen von Abbildungen nach abgegossenen Gemmen (Pasten) ist die Lippertsche in Dresden die berühmteste.
Daktylologie (Daktylonomie, griech., "Fingerrechnen"), die Kunst, an den Fingern zu rechnen, die älteste Art zu rechnen, deren man sich sowohl beim Rechnenlernen als auch im gewöhnlichen Leben bediente, nicht bloß so, wie wir es heutigestags noch thun, sondern indem man den einzelnen Fingern, je nachdem sie ausgestreckt, eingeschlagen oder gekrümmt gehalten wurden, bestimmte Zahlwerte beilegte. Vgl. Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1 (Leipz. 1880); Stoy, Zur Geschichte des Rechenunterrichts (Jena 1876).
Daktylosymphysis (griech.), s. Syndaktylie und Verwachsung.
Daktylus (griech., "Finger"), ein Versfuß, der aus einer langen und zwei kurzen Silben besteht: '- ^ ^, hat einen geflügelten, hüpfenden Charakter, der sich am schärfsten im gleitenden Reim (z. B. prächtige, mächtige) ausprägt. Seine beiden Kürzen können an gewissen Stellen mehrfüßiger Verse in eine Länge zusammengezogen werden. Der zweifüßige Vers kommt selten vor; der dreifüßige findet sich in der archilochischen Strophe katalektisch mit dem Hexameter zu einem Distichon verbunden (z. B. Horaz' Oden, IV, 7); der vierfüßige ebenso in der alkmanischen Strophe (z. B. Horaz' Oden, I, 7). Die griechischen Lyriker bedienten sich gern des daktylischen Rhythmus, Alkäos und Sappho insbesondere in logaödischer Verbindung. Im Deutschen finden wir Daktylen vorzüglich zur Schilderung bewegten Naturlebens oder jubelnder Freude angewendet, wie z. B. in dem Engelschor in Goethes "Faust" (Christ ist erstanden! Freude den Sterblichen etc.) oder in dem Gedicht "Lüfteleben" von Rückert. Oft bilden sie auch mit Trochäen Strophe und Gegenstrophe, wie in Schillers "Frauenwürde", oder bei trochäischen Versen eine Art zweizeiliger Refrains. In angemessenem Wechsel mit dem Spondeus bildet der D. das größere epische und elegische Versmaß, den Hexameter und Pentameter, die wichtigsten unter den sogen. daktylischen Versen.
Dal (schwed.), Thal.
Dalai Lama ("Priester-Ozean"), ursprünglich mongolische, dann in allgemeinen Gebrauch gekommene Bezeichnung des obersten Priesters aller Buddhisten in China und den Nebenländern sowie der Buddhisten auf russischem Territorium. Nach einer in Tibet im 15. Jahrh. n. Chr. aufgekommenen Anschauung setzt in ihm der Buddha, der Stifter des Buddhismus (s. d.), sein Erlöserwerk fort und wird stets in ihm wiedergeboren; seit dem 17. Jahrh. ist der D. zugleich der weltliche Herrscher von Tibet (s. d.), dessen Hauptstadt Lhassa auch der Sitz des D. ist. Seit 1746 sicherten sich die Chinesen größere Gewalt in Tibet und über den D. Nach den Buddhisten findet die Wiedergeburt des Buddha als Kind statt; nach dem Ableben des D. erfolgt unter den tibetischen Kindern ein Suchen nach der neuen Buddhaverkörperung. Die chinesische Regierung hat Sorge getragen, daß nur ein Kind aus einer ihr ergebenen Familie als neuer D. anerkannt werde; die gröbsten Betrügereien kommen dabei vor. Als Regent ist der D. lediglich Puppe, die Regierung wird thatsächlich von chinesischen Mandarinen geführt. Der tibetische Titel des D. lautet Gyal-va-rin-po-tsche (der "Allerhöchste, Kostbarste"). Mit dem Papste darf er nicht verglichen werden; er ist von demselben unterschieden nicht bloß durch den Umstand, daß er als eine Verkörperung der Gottheit gedacht wird, sondern auch darin, daß gleichzeitig mehrere ihm ähnliche Verkörperungen existieren, von denen besonders der in Europa unter dem Namen Tescho Lama oder Bogdo Lama bekannte eine der seinen ziemlich analoge Gewalt ausübt, und daß er über die Priester nicht im entferntesten eine so allgemeine Gewalt besitzt wie der Papst. Vgl. Koppen, Die Religion des Buddha, Bd. 2 (Berl. 1859); E. Schlagintweit, Buddhism in Tibet (Leipz. 1863); Fr. Mayers, Illustrations of the Lamaist system in Tibet, drawn from Chinese sources (im "Journal of the Royal Asiatic Society", neue Serie, Bd. 4).
Dalai-Nor, Name von zwei Seen in der östlichen Mongolei, von denen der eine, auch Kulu-Nor genannt, unter 49° nördl. Br. und nahe der russischen Grenze (Transbaikalien) gelegen, einen Umfang von 290 km hat und von SW. her den Kerulun aufnimmt. Sein Abfluß am Nordostende führt anfangs den Namen Dalaigol und ergießt sich später als Argun in den Amur. Der zweite, unter 117° östl. L. v. Gr. und 43° 20' nördl. Br., wurde von Prschewalskij 1871 besucht und als der größte See der südöstlichen Mongolei bezeichnet. Er hat einen Umfang von 65 km, nimmt vier kleine Zuflüsse auf, hat aber keinen Abfluß, ist salzig und fischreich, aber, in einer Höhe von 1400 m gelegen, den größten Teil des Jahrs mit Eis bedeckt. An seinem Südostufer liegt das Kloster Darchanula; die Umgegend besteht aus hügeligen, meist salzhaltigen Steppen.
Dalarne (schwed., "die Thäler"), nach der frühern, im Munde des Volkes noch jetzt gewöhnlichen Benennung das rauhe, aber auch an herrlichen Landschaften reiche, an den beiden Dalelfen und dem Siljansee gelegene Gebirgsland oder der nördlichste, das jetzige Län Kopparberg (s. d.) oder Falun umfassende Teil des eigentlichen Schweden, wird von den Dalkarlar oder Dalekarliern ("Thalkerlen, Thalmännern") bewohnt, nach denen man gewöhnlich, aber fälschlich, die Provinz Dalekarlien nennt. Die Bewohner, deren Zahl (Ende 1883) 191,057 beträgt, sind von den übrigen Schweden durch Sitten, Sprache und Gewohnheiten wesentlich unterschieden. Sie bil-^[folgende Seite]