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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Darmfäule; Darmfistel; Darmgegend; Darmgeschwüre

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Darmfäule - Darmgeschwüre.

gegebenen Fleischsolution (vom Apotheker Mirus in Jena zu beziehen) zu erhalten suchen. Jedenfalls aber muß vorher noch ein Versuch mit Mutter- oder Ammenmilch gemacht werden. Sind harte zurückgehaltene Kotmassen die Ursache des Katarrhs, so hat die Kur mit einem Abführmittel zu beginnen, welches in gewissen Fällen häufig, fast täglich wiederholt werden muß; auch kann durch Klystiere nachgeholfen werden. Gegen chronischen Darmkatarrh mit habitueller Stuhlverstopfung werden die Belladonnapillen als außerordentlich wirksam gerühmt. Eine Hauptaufgabe bei der Behandlung des Darmkatarrhs ist die Bekämpfung des Durchfalles, wenn dieser Gefahr zu bringen droht. Man versucht es zunächst mit schleimigen Getränken (Hafer- oder Gerstenschleim), mit Suppen von gebranntem Mehl u. dgl. Unter den Arzneien ist das Opium das souveräne Mittel, welches aber seiner Giftigkeit wegen, und weil es in vielen Fällen nicht am Platz ist, nur vom Arzt verordnet werden darf und bei Kindern, die dasselbe schlecht vertragen, niemals zu reichen ist. Ferner sind zusammenziehende Mittel, wie Tannin, Bleisalze in Klystierform, oft Salzsäure oder bloße Wärme von Wirkung. Bei chronischer Diarrhöe stehen die Bäder von Kissingen, Ems, Karlsbad, Marienbad in gutem Ruf.

Eine ganz eigentümliche und höchst gefährliche Form der D. ist die Entzündung des Blinddarms und seines wurmförmigen Anhanges (Typhlitis). Diese entsteht zuweilen durch Erkältung, meist durch fremde Körper, Kirschkerne, Fischgräten u. dgl., welche sich in dem engen Wurmfortsatz einkeilen, diesen in Entzündung und oft in Verschwärung versetzen. Dieser Prozeß schreitet unter der Form einer eiterigen Infiltration, der Erweichung, Verschwärung und des brandigen Zerfalles auf den Bauchfellüberzug des Blinddarms und Wurmfortsatzes fort, und es kommt zu einer umschriebenen Bauchfellentzündung (Perityphlitis). Häufig wird der Blinddarm oder Wurmfortsatz von dem vorhandenen Geschwür durchbohrt, dann tritt der Inhalt des Darms in den Bauchfellsack über, und es entsteht eine allgemeine und fast ausnahmslos in kürzester Frist tödliche Unterleibsentzündung. War vorher eine Verwachsung des Blinddarms mit seiner Umgebung eingetreten, so bilden sich in der Umgebung des Blinddarms Jaucheherde, welche im glücklichen Fall durch die äußere Haut aufbrechen und sich entleeren, ohne daß notwendig eine allgemeine Unterleibsentzündung eintreten müßte. Diese letztern Fälle können zwar ausheilen, aber oft bedingen auch sie nach längerer Dauer durch allgemeine Erschöpfung den Tod des Patienten. Diese Blinddarmentzündung (Typhlitis stercoralis) gibt sich zu erkennen durch eine harte und schmerzhafte Geschwulst in der Gegend der rechten Darmbeinschaufel, welche nicht deutlich abgegrenzt ist. Es besteht hartnäckige, wenn auch nicht absolute Stuhlverstopfung. Dazu kommt häufig Übelkeit, Würgen und Erbrechen von kotig riechenden Massen (Heus), welche durch antiperistaltische Darmbewegungen in den Magen zurückgedrängt worden sind. Die Geschwulst in der rechten Unterbauchgegend wird immer schmerzhafter, der Kranke kann selbst die leiseste Berührung dieser Gegend kaum ertragen. Bessert sich die Krankheit, so geschieht es durch Entleerung größerer Mengen von übelriechenden Kotmassen unter den heftigsten reißenden Schmerzen im Bauch. Schreitet die Krankheit aber fort, so stellen sich die Erscheinungen einer Bauchfellentzündung (s. d.) ein. - Die Behandlung der Blinddarmentzündung führt nur dann zum Ziel, wenn sie rechtzeitig eintritt und umsichtig geleitet wird. Ist der Fall noch frisch und noch kein Erbrechen vorhanden, so gebe man eine starke Dosis (2-3 Eßlöffel) Rizinusöl und suche dadurch die Kotmassen zu entleeren. Gelingt dies nicht, tritt vielmehr Erbrechen hinzu, so sehe man davon ab, den Stuhl durch Abführmittel zu erzwingen. Dann müssen große Mengen von warmem Wasser mit einem Zusatz von Honig oder Öl durch eine Klistierspritze oder besser durch die Klysopompe in den Mastdarm eingebracht werden. Außerdem setze man 10-20 Blutegel in die rechte Unterbauchgegend auf die dort befindliche Kotgeschwulst und unterhalte eine starke Nachblutung. Hierauf werden anhaltend feuchtwarme Umschläge auf die schmerzhafte Stelle des Unterleibes gelegt. Gegen die heftigen Schmerzen, wenn sie nicht durch die Blutentziehung und die Kataplasmen beseitigt werden können, sowie gegen das Erbrechen und bei drohender Gefahr der Perforation sind subkutane Einspritzungen einer Morphiumlösung anzuwenden. Eine etwa eintretende Unterleibsentzündung ist nach den für diese gültigen Regeln zu behandeln. Bilden sich Abscesse in der Umgebung des Blinddarms, so müssen dieselben mit dem Messer frühzeitig und ausgiebig eröffnet werden, um der Jauche den Ausfluß zu verstatten. Selbst in Fällen der Genesung muß der Kranke auf das sorgfältigste beobachtet und behandelt werden. Die Kranken erholen sich gewöhnlich nur sehr langsam von ihrem schweren Leiden. Überdies bleiben öfters schmerzhafte harte Partien im Unterleib, ja sogar Knickungen und Verengerungen des Darmrohrs zurück.

Darmfäule, veraltete Bezeichnung einer chronischen Darmentzündung beim Rind.

Darmfistel, krankhafte Verbindung der Darmhöhle mit der äußern Körperoberfläche oder einem benachbarten Hohlorgan, z. B. dem Magen, der Harnblase, oder mit einem andern Darmstück. Die D. stellt meistens einen engen Kanal dar, durch welchen während der Verdauung Darminhalt entleert wird. Je nach der Stelle, an welcher die D. liegt, unterscheidet man Magen-, Dünndarm-, Dickdarm- und Mastdarmfistel. Die erstern sind sehr selten, die Mastdarmfisteln (s. d.) ungleich häufiger. Die Fisteln zwischen Magen, Dünn- oder Dickdarm und der äußern Körperoberfläche entstehen entweder nach einer Verletzung (Schuß oder Messerstich) oder durch eine langsame Verschwärung, welche ihren Beginn entweder im Darm nehmen, oder von der Haut aus nach innen vordringen kann. Zuweilen wird die Verschwärung durch eine Krebsbildung mit Zerfall der Krebsmasse eingeleitet; bei Kindern beobachtet man zuweilen in der Gegend des Nabels eine D., welche von tuberkulösen Geschwüren des Darms oder des Bauchfelles ausgegangen ist. Solche Fisteln, welche bei Bruchoperationen absichtlich angelegt werden, indem man nach Entfernung brandiger Darmschlingen die gesunden Darmwände mit der Haut vernäht und zur Heilung bringt, nennt man künstlichen After. Die Behandlung der D. ist meist sehr langwierig, da der hervorquellende Darminhalt die Heilung des Fistelganges stört; bei tuberkulösen oder krebsigen Geschwüren ist eine Heilung wegen der Allgemeinkrankheit kaum möglich.

Darmgegend, s. Bauch.

Darmgeschwüre kommen im ganzen Verdauungskanal, vom Rachen bis zur Aftermündung, vor. Man unterscheidet im eigentlichen Darm: 1) Traumatische D., welche durch spitze, scharfe Fremdkörper, im Mastdarm durch ungeschickte Einführung von Klystierspritzen verursacht werden, je nach dem Grade der Verletzung bald nur oberflächliche Schrunde (Erosio-^[folgende Seite]