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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Derby

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Derby (Personenname).

sein Porzellan und die aus Flußspat und Marmor hergestellten Schmucksachen. -

2) Vorstadt von Liverpool, s. West Derby.

Derby, 1) Edward Geoffrey Smith Stanley, Graf, früher Lord Stanley, engl. Staatsmann, geb. 29. März 1799 zu Knowsley Park in Lancashire, erzogen in Eton und im Christchurch College zu Oxford, trat 1822 in das Unterhaus ein und machte sich hier 1824 durch eine Rede zu gunsten der Hochkirche bemerkbar. Nachdem er unter Canning und Goderich das Unterstaatssekretariat der Kolonien bekleidet hatte, übernahm er 1830 im Ministerium Greys die Stelle eines Obersekretärs für Irland, wo damals die für die Aufhebung der Union zwischen Irland und England agitierende Partei infolge der prekären Stellung des Ministeriums, welches der Stimmen der irischen Mitglieder des Unterhauses nicht entbehren konnte, gesteigerte Forderungen stellte. In Windsor gewählt, hatte er gegen O'Connell oft ganz allein den parlamentarischen Kampf zu bestehen. Durch das leidenschaftliche Feuer seiner Rede, die aber keineswegs der scharfen Logik und des schlagenden Witzes entbehrte, erwarb er sich damals den Beinamen des "Ruprecht der Debatte", in Irland aber den des "Skorpion Stanley". Während der Beratung der Reformbill 1832 bewies er sich als eifrigen Verteidiger derselben, und als Obersekretär für Irland brachte er 1833 trotz O'Connells heftigen Widerstandes eine Zwangsbill, welche der Regierung die Herstellung der Ordnung in Irland ermöglichte, durch das Unterhaus. Bald nach Annahme dieses Gesetzes vertauschte er, weil er als eifriger Protestant den Standpunkt seiner Kollegen hinsichtlich der irischen Kirchenfrage nicht teilte, das Sekretariat für Irland mit dem Ministerium der Kolonien, setzte in dieser Stellung 1833 noch die Emanzipation der westindischen Sklaven durch, trat aber im Mai 1834, als das Ministerium durch weitere Einschränkung der protestantischen Staatskirche Irlands der dortigen Opposition eine neue Konzession machen wollte, mit Sir James Graham, Lord Ripon und dem Herzog von Richmond aus dem Kabinett. Die hiermit eingetretene Spaltung in der ehemaligen Reformpartei wurde eine definitive, als Stanley, der noch im November das Anerbieten Sir Robert Peels, in dessen Ministerium einzutreten, ausgeschlagen, nach dessen Rücktritt sechs Jahre lang mit der konservativen Opposition stimmte und endlich 1841, als Sir Robert Peel wieder ein konservatives Ministerium bildete, das Portefeuille der Kolonien übernahm. Er behielt letzteres vier Jahre und wurde während dieser Zeit im November 1844 als Lord Stanley ins Oberhaus versetzt. Als aber Sir Robert Peel gegen Ende 1845 sich für Aufhebung der Kornzölle erklärte, schied er aus dem Kabinett und erschien im folgenden Jahr im Oberhaus an der Spitze der protektionistischen Opposition. Als 1852 das durch Lord Palmerstons Austritt geschwächte Whigkabinett fiel, mußte bei der allgemeinen Zersetzung der Parteien Stanley, der inzwischen (30. Juni 1851) als Graf D. seinem Vater gefolgt war, als das Haupt der Konservativen die Bildung des Ministeriums übernehmen, das jedoch, da es in der Frage über den Kornzoll in der Minorität blieb, bald zurücktrat. D. wurde dafür Kanzler der Universität Oxford. Sein Versuch, 1855 nach dem Rücktritt Aberdeens ein konservatives Kabinett zu bilden, schlug fehl. Dagegen trat er 20. Febr. 1858 wieder an die Spitze der Regierung, beendigte den von dem Kabinett Palmerston hinterlassenen Krieg mit China durch den günstigen Vertrag von Tiëntsin und trat energisch gegen den indischen Aufstand auf, war aber nachgiebig gegen Frankreichs Forderungen in der Flüchtlingsfrage, doch unter Wahrung des äußern Anstandes. Indessen mußte er, von den Liberalen zu großer Parteilichkeit für Österreich beschuldigt und in der Frage der Parlamentsreform im Unterhaus unterlegen, 17. Juni 1859 zurücktreten. Seitdem nahm er regelmäßig seinen Sitz im Oberhaus, ohne ein eigentlicher Gegner der in vieler Beziehung toryistischen Interessen entsprechenden Politik Palmerstons zu sein. Popularität bei der Menge erweckte es ihm, als er bei der durch die Baumwollkrisis in den Fabrikdistrikten hervorgerufenen Not mit wahrhaft fürstlicher Freigebigkeit zu helfen bemüht war. Seine Muße gehörte wissenschaftlicher Beschäftigung, und seine Übersetzung der "Ilias" in reimlosen Iamben (Lond. 1864, 10. Aufl. 1876), welche ebensosehr durch Treue wie poetischen Geist sich auszeichnet und binnen Jahresfrist fünf Auflagen erlebte, gibt ein ehrendes Zeugnis für seine klassische Bildung. Als nach dem Tod Palmerstons der Versuch Russells, das Ministerium in ähnlichem Geist wie unter Palmerston fortzuführen, ein rasches Ende nahm, ward D. 26. Juni 1866 noch einmal der Auftrag, ein Kabinett zu bilden, in welchem sein Sohn, Lord Stanley, die auswärtigen Angelegenheiten übernahm. Dieses Ministerium D. wand sich denn auch durch eine sehr bewegte Reformdebatte glücklich hindurch, freilich auch eine Reformakte zu stande kommen lassend, radikaler, als sie jemals von einem whiggistischen Ministerium zur Vorlage gebracht worden ist. In den letzten Jahren von der Gicht sehr geplagt, reichte D. sein Entlassungsgesuch ein, dessen Annahme Stanley in der Unterhaussitzung 25. Febr. 1868 verkündete. Während der Session von 1868 beteiligte er sich nur sehr selten an den Debatten im Parlament, bekämpfte indessen hartnäckig die von Gladstone vorgeschlagene Abschaffung der Staatskirche in Irland. Seine letzte große Rede hielt er trotz schwerer körperlicher Leiden 17. Juni 1869 gegen die zweite Lesung der irischen Kirchenbill und unterzeichnete alsdann nach deren definitiver Annahme mit einer Minorität unnachgiebiger Lords als unversöhnlicher Gegner der Trennung von Kirche und Staat einen Protest gegen die Bill. D. starb 23. Okt. 1869 auf seinem Stammsitz Knowsley Park.

2) Edward Henry Smith Stanley, Graf, Sohn des vorigen, geb. 21. Juli 1826, saß bis zum Tod seines Vaters als Lord Stanley im Unterhaus für den Flecken Lyme Regis, bereiste den Orient und ward alsdann, zurückgekehrt, im März 1852 Unterstaatssekretär im ersten Ministerium seines Vaters. Nachdem er eine ihm von Palmerston angebotene hohe Stellung im Ministerium der Kolonien ausgeschlagen hatte, erhielt er in der zweiten Verwaltung seines Vaters (1858-1859) einen Sitz im Kabinett, und unter seiner Aufsicht wurde die Herrschaft über das ostindische Reich von der Handelsgesellschaft auf die Krone übertragen. Im dritten Kabinett seines Vaters Minister des Auswärtigen, nahm er im Juli 1867 an den Verhandlungen über Luxemburg hervorragenden Anteil, legte aber bei dem Antritt des liberalen Ministeriums Gladstone (Dezember 1868) sein Amt nieder und trat nach dem Tod seines Vaters ins Oberhaus. Im Kabinett Disraeli, das 20. Febr. 1874 gebildet wurde, übernahm er wieder das Ministerium des Auswärtigen, billigte aber keineswegs die auswärtige Politik des Premierministers und geriet namentlich in der orientalischen Frage, als Disraeli-Beaconsfield ein energisches Vorgehen gegen Rußland verlangte, mehrfach mit demselben in Konflikt. Als die Regierung 24. Jan. 1878 einen Kredit vom Parlament zu for-^[folgende Seite]