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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutschland

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Deutschland (Industrie in Stein, Erde, Glas).

Zwecken amtlich denaturiertes Salz 7285 T.; dagegen sind in demselben Jahr ausgegangen 144,198 T. Der Steuerbetrag des von den deutschen Salzwerken etc. in den freien Verkehr gesetzten Salzes belief sich im Etatsjahr 1884/85 auf 22,1 Mill. Mk.

Neben dem gesuchten Steinsalz besitzt D. in den Staßfurter Kalisalzablagerungen einen Schatz von großer nationaler Bedeutung, welcher nicht nur der Industrie, sondern auch der Landwirtschaft unersetzliche Dienste leistet und gleichzeitig ein wichtiges deutsches Exportprodukt bildet. War früher der Steinsalz- und Kalisalzbergbau bei Staßfurt auf das dortige preußische und das anhaltische Staatswerk Leopoldshall beschränkt, so hat er in neuerer Zeit durch Privatunternehmungen namentlich bei Aschersleben einen bedeutenden Zuwachs erhalten. Die Förderung der Kalisalze ist daselbst von 116,840 Ton. im J. 1864 auf 969,196 T. im J. 1884 gestiegen. Das wichtigste derselben bildet der Carnallit, ein Doppelsalz, aus Chlorkalium und Chlormagnesium bestehend, dessen Förderung sich 1883 auf 733,694 T. belief; nächstdem hat der Kainit, ein dreifaches Salz, aus schwefelsaurem Kali, schwefelsaurer Magnesia und Chlormagnesium bestehend, zu Düngezwecken eine große Bedeutung erlangt; von ihm wurden 1877 erst 31,742 T., 1884 dagegen 203,120 T. gefördert.

Industrie in Stein, Erde, Glas.

An Thonen, von der reinsten Porzellanerde bis zum Lehm für Ziegel- und Backsteine, ist D. reich, und dieser Reichtum hat eine ausgedehnte Gewerbthätigkeit hervorgerufen. Wenngleich der Backstein ein für die meisten Gegenden wichtiges, für die bausteinarmen Ebenen unentbehrliches Baumaterial ist, aus dem selbst große Dome erbaut sind, so steht die Fabrikation doch in der Provinz Brandenburg obenan, wo die sich mächtig erweiternde Hauptstadt fast nur auf dieses Baumaterial angewiesen ist, wo die neuen Ringöfen, seit 1860 aufgekommen, eine allgemeine Verbreitung haben, und wo die Ziegeleien vorzugsweise an der Havel von Werder bis Rathenow (Rathenower Mauersteine) und am Finowkanal zahlreich sind. Im ganzen Reiche gibt es ca. 20,000 Ziegeleien, von denen die meisten allerdings klein sind und nur örtliche Bedeutung haben. Die Thone der Braunkohlenformation bilden die Grundlage der Fabrikation von Steingut und andern irdenen Waren, vorzüglich in Berlin, in den Regierungsbezirken Trier, Magdeburg, Potsdam, Kassel, Wiesbaden und Liegnitz, weiter in Hannover, im Königreich Sachsen, in Württemberg, Baden etc. Berühmt sind die Thonpfeifen von Uslar in Hannover, die Thonpfeifen und Krüge von Ransbach etc. im Westerwald aus dem sogen. Kannenbäckerland, die als "Koblenzer Waren" in den Handel kommen, die Fliesen von Mettlach an der Saar, die weißen Ofenkacheln von Velten in Brandenburg, das Töpfergeschirr von Großalmerode im Regierungsbezirk Kassel und von Bunzlau i. Schl., die aus dem Graphit des Böhmerwaldes verfertigten Passauer Schmelztiegel, die Thonwaren von Zell am Harmersbach, Hornberg, Schramberg etc. im Schwarzwald u. a. Aus noch ältern Thonen, besonders in den Steinkohlengebirgen, werden feuerfeste oder Schamottesteine bereitet. Porzellanfabriken gibt es in D. etwa 110. Die älteste in Europa ist die zu Meißen (1710 gegründet), welche jetzt in das Triebischthal verlegt worden ist. Am zahlreichsten sind sie im Thüringer Wald, woselbst diese Industrie, die 1759 Eingang fand, auf der Ablagerung des Kaolinsandsteins am Rennsteig (bei Limbach) beruht und vorzüglich Nippsachen zur Ausfuhr liefert. Große und berühmte Anstalten finden sich weiter in Berlin, Waldenburg i. Schl., Nymphenburg und Bamberg in Bayern; die Porzellanknöpfe und Porzellanperlen von Freiburg i. Br. finden Absatz nach allen Teilen der Erde. In einigen Orten (z. B. in Bamberg) erfreut sich auch die Porzellanmalerei eines hohen Rufs. Im J. 1884 wurden in das deutsche Zollgebiet eingeführt: gewöhnliche Mauersteine und feuerfeste Steine 1,125,039, Dachziegel und Thonröhren (nicht glasiert) 262,360, Schmelztiegel, Ofenkacheln 7212, glasiertes Töpfergeschirr 11,000, Porzellan und porzellanartige Waren, weiß 1527, farbig, bedruckt etc. 2723 Doppelzentner; ausgeführt: gewöhnliche Mauersteine und feuerfeste Steine 5,526,920, Dachziegel und Thonröhren (nicht glasiert) 555,783, nicht glasiertes Töpfergeschirr 16,749, glasiertes 33,383, Porzellan und porzellanartige Waren 104,168 Doppelzentner.

Von hoher Wichtigkeit ist die Glasindustrie, für welche in D. ungefähr 300 Anstalten bestehen. Ihre Hauptsitze hat sie in Schlesien, Rheinpreußen, in der bayrischen Oberpfalz, in Mittelfranken, Niederbayern, Thüringen und Elsaß-Lothringen. Aus den Waldungen der Norddeutschen Tiefebene verschwinden die Glashütten wegen der bessern Verwertung des Holzes immer mehr; jedoch behauptet sich Baruth in Brandenburg noch mit seinen Lampenglocken. Großartig sind die Anstalten in den Steinkohlengebieten; im Thüringer Wald, wo sich die feine Glasbläserei besonders von Böhmen her verbreitet hat, findet man sie in dem Distrikt der Porzellanfabrikation, hier Thermometer, Barometer, Glasperlen, Spielsachen etc. liefernd; im Oberpfälzer Wald ist der Hauptsitz der Glasschleiferei im Reich, von Nürnberg und Fürth aus geleitet. Nürnberg und Fürth, dann aber auch Stolberg in der Rheinprovinz und Mannheim liefern Spiegelgläser und Spiegel; Nürnberg, München, Berlin und Rathenow in Brandenburg die verschiedensten optischen Gläser; Berlin, München und Nürnberg sind endlich Hauptorte für die Glasmalerei, für welche in München eine besondere Kunstanstalt besteht. Einfuhr in das deutsche Zollgebiet 1884: Hohlglas 5414, Fenster- und Tafelglas 7263, Spiegelglas 31,243, Glasmasse etc. 1149 Doppelzentner etc.; Ausfuhr: Hohlglas 656,436, Fensterglas 38,756, Spiegelglas. 67,877, Glasmasse etc. 7259 Doppelzentner etc.

Kalkbrennereien gibt es 5200, kleinere in der Norddeutschen Tiefebene, auf den Verbrauch der Kalksteine unter den erratischen Blöcken berechnet, größere im Bereich der umfangreichen Kalksteinlager, zu Rüdersdorf bei Berlin, Lüneburg, Gogolin in Oberschlesien etc. Hieran schließen sich die Gipsmühlen und Zementfabriken. Gips, als Dungmittel von großer Wichtigkeit, findet sich mehrfach in Schlesien und der Norddeutschen Tiefebene, wo sein Vorkommen in der Regel auf Steinsalzlager deutet, ferner in der Provinz Sachsen; Zementkalk in der Mindenschen Bergkette, im rheinischen Kreise St. Wendel etc. Portlandzement, eine Zusammensetzung aus reinem Kalkstein und Thon, wird bei Stettin, Oppeln, Bonn etc. bereitet. Auch der Traß der Eifel, in zahlreichen Traßmühlen gemahlen, gibt in Verbindung mit Kalk einen Zement. Phosphorit, gleichfalls ein wichtiges Dungmittel, wird jährlich in großen Mengen namentlich im Regierungsbezirk Wiesbaden gefördert; Mergel hat sich vielfach auf den Wiesen des Flachlandes abgelagert.

Magnesit, zur Darstellung des Bittersalzes und einer reinen Kohlensäure verwendet, wird in Schlesien gewonnen; Flußspat, als Zuschlag in Schmelz-^[folgende Seite]