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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Diervilla - Diesis.

der Schauplatz blutiger Gefechte zwischen den Österreichern und den Franzosen unter Moreau.

Diërvilla Mill., Gattung aus der Familie der Kaprifoliaceen, Sträucher mit zahlreichen einfachen Stengeln, länglichen oder elliptischen und gesägten Blättern, winkel- oder endständigen Blütenständen, gelben Blüten und hautartigen Kapseln. D. canadensis Willd., ein 30-90 cm hoher Strauch mit einfachen, scheinbar vierkantigen Ästen, 8 cm langen Blättern und 2 cm langen Blüten, aus Nordamerika, wird bei uns in Gärten kultiviert. Die Äste (Diervillenstengel, amerikanische Zaunkirschstengel) wurden früher als harntreibendes und blutreinigendes Mittel angewendet. Die ostasiatischen Arten bilden die Gattung Weigelia Thunb.

Dīes (lat.), der Tag, in der Rechtssprache der Zeitpunkt, Termin, Tagfahrt. D. absolutionis, der Gründonnerstag (s. d.), weil an ihm die Lossprechung von Kirchenstrafen stattfand; D. adoratus, Karfreitag (s. d.), von der an ihm üblichen Verehrung des Kreuzes; D. aegyptiaci, Unglückstage; D. architriclinii, der zweite Sonntag nach Epiphania, wegen des Evangeliums von der Hochzeit zu Kana; D. caniculares oder canini, die Hundstage; D. cinerum, Aschermittwoch; D. competentium, der Gründonnerstag, an welchem in den ältesten Zeiten der Kirche die Katechumenen (competentes, i. e. qui petunt baptismum), die zu Ostern getauft werden sollten, das Glaubensbekenntnis hersagen mußten, das ihnen am Palmsonntag übergeben worden war; D. consecrati, Gott geweihte Tage, besonders die Weihnachtsfeiertage; D. criticus, ein entscheidender Tag, bei fieberhaften, typisch verlaufenden Krankheiten derjenige Tag, an welchem erfahrungsgemäß die Fieberhöhe abgeschlossen wird und die Körpertemperatur auf den Normalpunkt (37° C.) zurückgeht; D. depositionis, Sterbetag eines Bekenners (s. Heilige), Begräbnistag eines Heiligen; D. emortualis, Todestag; D. exemptus, geschäftsfreier Tag; D. fastus, bei den Römern jeder Tag, an welchem von früh bis abends Gericht gehalten werden durfte, Gerichtstag; D. faustus, Glückstag; D. felicissimus, der Ostertag; D. feriales oder feriati, Feier-, Festtage, an denen die alten Römer den Göttern opferten oder Spiele hielten, aber alle Rechts- und Staatsgeschäfte ruhen ließen; D. fixarum, Sterntag (s. Tag); D. florum, Palmsonntag; D. focorum, der Sonntag Invokavit oder Funkensonntag; D. incarnationis, Maria Verkündigung (25. März); D. indulgentiae, der Gründonnerstag; D. intercalaris s. intercalarius, Schalttag; D. intercisus, bei den alten Römern der Tag, an welchem nur während einiger Stunden Gericht gehalten werden durfte; D. intrantes et exeuntes, die ersten und letzten Tage jedes Monats; D. Jovis, Donnerstag; D. legalis, der bürgerliche Tag von 24 Stunden; D. lunae, Montag; D. magnus, der Ostertag; D. Martis, Dienstag; D. Mercurii, Mittwoch; D. natalis, Geburtstag (s. Natalis); D. naturalis, der natürliche Tag vom Aufgang bis zum Untergang der Sonne; D. nefastus, Tag, an dem bei den alten Römern kein Gericht gehalten werden durfte, Unglückstag (auch D. ater); D. non (i. e. non juridici), in England die Tage, an welchen die Gerichtshöfe während ihrer Sitzungszeiten geschlossen sind; D. pingues, in Deutschland die drei Tage vor Aschermittwoch; D. professus, Tag, an welchem bei den alten Römern Geschäfte vorgenommen werden durften; D. ramorum (palmarum), Palmsonntag; D. reconciliationis, der Gründonnerstag (vgl. D. absolutionis); D. sabbati, Samstag bei Juden und Christen; D. salutaris, Karfreitag; D. sancti, die Tage der Fastenzeit, in romanischen Ländern vornehmlich die der letzten Woche vor Ostern; D. Saturni, Sonnabend; D. saxonicus, s. v. w. sächsische Frist; D. solis, Sonntag; D. solutionis, Verfalltag; D. spiritus, Tag des (Heiligen) Geistes, als festes Datum 15. Mai, sonst Pfingsttag; D. stationarii, Mittwoch und Freitag als stehende Fasttage; D. strenarum, Neujahrstag; D. suprema, der Jüngste Tag; D. Veneris (Freyae), Freitag; D. veri, Sonnentage (s. Tag); D. viridium, der Gründonnerstag.

Dīes cedens (Dies cedit, lat.), in der Rechtssprache, namentlich im Erbrecht, die Bezeichnung des Zeitpunktes, mit welchem ein Recht erworben wird oder überhaupt zur Existenz gelangt, im Gegensatz zu dem Zeitpunkt (dies veniens oder dies venit), mit welchem jenes Recht geltend gemacht werden kann. Z. B. ein Erblasser vermacht seine Habe dem A., verordnet aber, daß nach dem Tode des A. die Hälfte davon dem B. zufallen soll. Hier ist für den B. der dies cedens des Legats der Tod des Erblassers, das Vermächtnis ist ihm mit diesem Moment erworben. Die Geltendmachung, die Verwirklichung dieses Rechts, der dies veniens legati, aber ist hinausgerückt bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Erbe A. mit Tod abgehen wird.

Dīes dīem docet, lat. Sprichwort: "ein Tag lehrt den andern".

Dièse (spr. djähs'), franz. Name des musikalischen Erhöhungszeichens (#), entsprechend dem italienischen diesis; wird zur Bezeichnung der erhöhten oder abgeleiteten Töne den Namen der ursprünglichen angehängt, z. B. ut dièse (geschrieben ut #) = cis, fa dièse (geschrieben fa #) = fis.

Dīes interpellat pro homĭne (lat.), Rechtsregel: "der Tag, d. h. die Zeit, mahnt an Stelle des Menschen". Es wird nämlich von vielen Rechtslehrern behauptet, daß die Folgen des Verzugs (mora) ohne besondere Mahnung von seiten des Gläubigers (interpellatio) von selbst eintreten, wenn im Vertrag für die Erfüllung der Verbindlichkeit eine bestimmte Zeit festgesetzt und diese verstrichen ist; andre Rechtslehrer verlangen auch in diesem Fall wenigstens dann die Mahnung, wenn nicht noch ausdrücklich verabredet worden ist, daß der Eintritt des Tags die Wirkung der Verzugsetzung haben solle. Letztere Ansicht ist im französischen Recht (Code civil, Art. 1139) angenommen.

Dies irae, dies illa (lat.), nach den Anfangsworten benannter lat. Hymnus auf das Weltgericht, dem die prophetische Stelle Zephanja 1, 14-18 nach der lateinischen Übersetzung der Vulgata zu Grunde liegt; stammt aus dem 13. Jahrh. und hat, nach ziemlich sicherer Annahme, den Franziskaner Thomas von Celano (s. d.) zum Verfasser.

Diësis (griech.), in der griech. Musik nach Pythagoras der Überschuß der Quarte über zwei Ganztöne, d. h. der nachmals Limma genannte Pythagoreische Halbton 256:243; sodann erhielten die Pykna (kleinen Intervalle, Vierteltöne) des enharmonischen Geschlechts den Namen D. Als im 15. Jahrh. die längst erstorbene antike Musiktheorie wieder hervorgesucht wurde, lebte auch die D. als Viertelston wieder auf, und man versuchte hinter das Geheimnis der Wunderwirkung der antiken Musik zu kommen durch Einführung vielfacher Tonhöhenunterschiede mit Hilfe der D., konstruierte Instrumente mit besondern Tasten für die Viertelstöne etc. Als der Wahn verrauscht war, blieb der Name D. (franz. dièse, ital. diesis) für das Erhöhungszeichen (#). Falsch ist jedoch die Annahme, daß das # selbst aus dieser Zeit stamme. Das