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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dietrichswalde; Dietrici; Dietsch; Dietz

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Dietrichswalde - Dietz.

daß dieser ihn (Ende 1607) zum Präsidenten des Geheimen Rats ernannte. In der wirrenvollen Zeit des Bruderzwistes im Haus Habsburg spielte D. die schwierige Rolle eines Unterhändlers, verstand es aber auch, als das Geschick zu gunsten Matthias' entschied und Rudolf II. diesem Österreich, Mähren und Ungarn abtreten mußte (1608), sich der Gunst des neuen Herrn zu versichern und insgeheim den protestantischen Autonomisten wirksam entgegenzutreten, nach außen den ständischen Wünschen zu entsprechen und thatsächlich doch den Wünschen des Hofs und vor allem den Interessen der katholischen Kirche und des römischen Stuhls entgegenzukommen. Als der böhmische Aufstand 1618 ausbrach, wurde er geächtet und zur Flucht nach Nikolsburg, dann nach Wien gezwungen. Um so glänzender wurde nach dem Sieg der Sache Kaiser Ferdinands II. in der Schlacht am Weißen Berg (8. Nov. 1620) die Stellung des Kirchenfürsten. Er wurde nunmehr Generalkommissar, Gubernator und Landeshauptmann Mährens und überdies fungierender Oberstlandkämmerer, also die Hauptperson im Land (1621-36), welcher das schwierige Werk der Konfiskations-, Traktations- und Revisionskommission, vor allem das der Pazifikation des Landes übertragen wurde. Er führte auch die katholische Gegenreformation Mährens durch und war auch als Diplomat, z. B. bei dem Abschluß des Nikolsburger Friedens (1621 bis 1622) mit Bethlen Gabor, thätig. 1624 Reichsfürst, 1635 Protector Germaniae geworden, 1636 überdies kaiserlicher Statthalter in Österreich, schloß er sein thätiges, vom Glück reichbedachtes Leben 19. Sept. 1636 in Brünn als Senior des Kardinalkollegiums. Sein Sinn für Wissenschaft verewigte sich in seiner großen zu Nikolsburg angelegten Bibliothek, welche 1645 von den Schweden unter Torstensson vollständig ausgeplündert wurde. Vgl. Voigt, Leben des Fürsten und Kardinals von D. (Leipz. 1792), und seine "Korrespondenz mit dem Hofkriegsratspräsidenten Collalto" aus den Jahren 1623-30 (hrsg. von Trampler, Wien 1873).

5) Franz Joseph, Fürst von D. (und Inhaber der großen Fideikommißherrschaft, welche Fürst Gundakar, von der österreich. Hollenburger Linie, mit kaiserlicher Zustimmung vom 22. Okt. 1689 aus seinen Besitzungen gebildet und 1690 der jüngern Nikolsburger Linie vererbt hatte, die auch in den Besitz des Erbschenkenamts kam), k. k. Kämmerer und Wirklicher Geheimer Rat, geb. 28. April 1767, diente in der österreichischen Armee als Generalmajor und schloß 1800 mit Moreau den Parsdorfer Waffenstillstand. Im J. 1809 ward er Oberhofmeister des Erzherzogs Franz, nachherigen Herzogs von Modena, fungierte dann als Hofkommissar in dem vom Feind besetzten Teil Galiziens bis zum Wiener Frieden; starb 10. Juli 1854.

6) Moritz Joseph Johann, des vorigen Bruder, geb. 19. Febr. 1775 zu Wien, trat 1791 in den österreichischen Militärdienst, ward Adjutant des Generals Mack 1798 in Neapel, wo er mit seinem Chef in französische Gefangenschaft geriet, und 1805 in Ulm, wurde 1815 Erzieher des Herzogs von Reichstadt (bis 1831) und später Leiter der Hofbühne und kaiserlichen Bibliothek, 1845 Oberstkämmerer und trat 1848 in Ruhestand. Er starb 27. Aug. 1864, nachdem sein Sohn Joseph Moritz, geb. 4. Juli 1801, 1821-1848 als Diplomat in Neapel, Paris, London, Kassel, Brüssel, Karlsruhe und Darmstadt, 1844-48 in London verwendet, schon 1852 gestorben war, als der letzte Sproß des uralten Geschlechts. Vgl. Weidmann, Moritz, Graf von D., sein Leben und Wirken, aus seinen hinterlassen Papieren dargestellt (Wien 1867).

Dietrichswalde, kathol. Pfarrdorf im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, 5 km nordöstlich von der Station Biesellen (an der Thorn-Insterburger Eisenbahn), hat (1880) 864 Einw. und wird seit 1877 wegen der angeblich dort vorgekommenen Wundererscheinungen von Wallfahrern viel besucht.

Dietrici, Maler, s. Dietrich 4).

Dietsch, Rudolf, Philolog und Historiker, geb. 16. März 1814 zu Mylau im Vogtland, vorgebildet zu Zeitz, studierte 1832-36 unter Hermann in Leipzig, wurde 1836 Lehrer an der lateinischen Hauptschule in Halle, 1837 am Gymnasium zu Hildburghausen, 1840 Oberlehrer in Grimma, 1861 Direktor in Plauen, 1866 Rektor und erster Professor in Grimma, legte 1872 sein Amt nieder und starb 29. Dez. 1875 in der Irrenanstalt zu Stötteritz bei Leipzig. Von seinen philologischen Leistungen sind die Ausgaben von Eutrop, Herodot, Ciceros ausgewählten Briefen, Nepos ohne besondern Wert; bedeutender sind die des Sallust (Leipz. 1843-46, 2 Bde.; neue Rezension 1859; Textausgabe, 4. Aufl. 1874; Catilina mit Anmerkungen, 1864). Am bekanntesten ist er jedoch durch seine Geschichtsbücher: das "Lehrbuch der Geschichte" (3 Bde., Leipz. 1847-51 u. öfter), den "Grundriß der Geschichte" (das. 1854, 3 Tle.; 9. Aufl., bearbeitet von G. Richter, 1883 ff.) und den "Abriß der brandenburgisch-preußischen Geschichte" (5. Aufl., das. 1882). Von 1848 bis 1862 war er Mitredakteur der "Jahrbücher für Philologie und Pädagogik".

Dietz, Hauptort des Unterlahnkreises im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, an der Lahn und an der Berlin-Koblenzer Eisenbahn, hat ein Amtsgericht, Landratsamt, Bergamt, ist Sitz mehrerer Bergwerksdirektionen, hat ein auf einem Felsen stehendes Schloß (einst Residenz der Grafen von D., jetzt Zucht- und Arbeitshaus), 2 evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein Realprogymnasium, bedeutende Kalk- und Marmorbrüche, wichtige Kalkbrennerei, Fabrikation von Zigarren, Marmorwaren, Erdfarben, Maschinen, Obstbaumschulen, Handel mit Getreide und Landesprodukten, Gasleitung und (1880) 4451 Einw., darunter 1464 Katholiken und 171 Juden. Zu D. gehört das Schloß Oranienstein, auf einem Felsen an der Lahn (ursprünglich ein Benediktiner-Nonnenkloster, jetzt Kadettenanstalt mit ca. 200 Zöglingen). In der fruchtbaren und anmutigen Umgegend wird bedeutender Bergbau auf Eisenstein und Manganerze getrieben; auch liegen in der Nähe die Schloßruine Ardeck, das Dorf Fachingen mit berühmtem Sauerbrunnen und das dem Großherzog von Oldenburg gehörige Schloß Schaumburg (s. d. 2) mit Bibliothek und Mineraliensammlung. - D. kommt unter dem Namen Theodissa schon zur Zeit Karls d. Gr. vor, der es 790 dem Kloster Prüm schenkte. Seit dem Anfang des 12. Jahrh. erscheint es im Besitz eigner Grafen, die den Grafen von Sayn verwandt waren. Als jene 1388 ausstarben, kam die Grafschaft D. durch Verheiratung zum Teil an Nassau (ganz erst 1530 und 1557), das sich nun in einer seiner Linien Nassau-D. nannte. Diese Linie, später in den Fürstenstand erhoben, erlangte mit Wilhelm IV. die Erbstatthalterschaft in Holland und trägt gegenwärtig die niederländische Königskrone, während das Fürstentum D. 1806 an das Herzogtum Nassau und 1866 mit diesem an Preußen kam.

Dietz, Feodor, Maler, geb. 29. Mai 1813 zu Neunstetten in Baden, machte bei dem Tiermaler R. Kuntz