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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Drach; Drache

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Drach - Drache.

ohne Ausläufer, mit durch die Blattnarben geringeltem Stamm, lederigen, lineal-lanzettlichen, schilfartigen Blättern, zusammengesetzten Blütenrispen und ein- bis dreisamigen Beeren. Etwa 40 Arten in den warmen Regionen der gesamten Erdoberfläche. D. Draco L., auf den Kanarischen Inseln, hat bis 2,5 m lange, 60 cm breite, lang zugespitzte, bläulichgrüne Blätter und weißliche Blüten in 60 cm langer Endrispe. Der aus dem Stamm ausfließende rote Saft liefert Drachenblut (s. d.). Der berühmteste Baum dieser Art stand bis 1868 in einem Garten zu Orotava auf Teneriffa, war 23,5 m hoch und hatte 14 m Umfang über der Wurzel. Bei der Eroberung der Insel 1492 soll er schon ebenso dick gewesen sein; da er sehr langsam wächst, so schätzte man sein Alter auf mehrere Tausend Jahre. Er wurde von den Guanchen als Heiligtum verehrt. D. Betschleriana Göpp. (D. marginata latifolia hort.), mit an der Basis zurückgeschlagenen, länglich-lanzettlichen Blättern mit rotem Rand; D. umbraculifera Jacq., mit langen, schmalen, in elegantem Bogen zurückgeschlagenen, saftig dunkelgrünen Blättern, welche auf meist sehr kurzem Stamm eine dichte Blattkrone bilden, von den Maskarenen stammend; D. marginata Lam., mit saftig grünen, rot geränderten, sehr schmalen Blättern auf dünnem, weißem Stamme mit weißen, viereckigen Blattnarben; D. arborea C. Koch et Bouché, mit schmalen, etwas lederartigen, weit abstehenden Blättern mit weißer Mittelrippe und schmalem, rotem Rand, wahrscheinlich aus Ostindien; D. (Aletris) fragrans L., eine schlanke, schnell wachsende Art mit dunkelgrünen, etwas wellenförmigen, 30 cm langen, 10-12 cm breiten Blättern und wohlriechenden Blüten, werden bei uns in Gewächshäusern kultiviert und sind meist auch vortreffliche Zimmerpflanzen. Vgl. Tafel "Blattpflanzen I". Über andre Dracänen s. Cordyline.

Drach, Johann, s. Draconites.

Drache (lat. Draco), fabelhaftes Tier von ungeheurer Größe, geringelt, mit furchtbarem Blick, oft mehrköpfig, mit vergiftendem Hauch etc., spielte in griechischen wie in nordischen und asiatischen Sagen eine Rolle, vornehmlich als Schatzhüter. Nach griechisch-römischem Sprachgebrauch ist D. gleichbedeutend mit Schlange und als solche das heilige Tier des Asklepios, der Athene und verschiedener Erdgottheiten, wie z. B. der Wagen der Demeter, auf dem sie, ihre Tochter suchend, die Welt durchstreift, und derjenige, auf welchem Triptolemos das Saatkorn zu den Menschen bringt, von Drachen, d. h. Schlangen, gezogen wird. In diesem Fall wird der D. häufig beflügelt dargestellt (auch das Drachengespann der Medea). Ein D. bewacht die goldenen Äpfel der Hesperiden, wird von Herakles getötet und durch Hera als Sternbild an den nördlichen Himmel versetzt. In Kolchis behütet ein D. das Goldene Vlies und wird von Iason überwunden. Dann bezeichnet der D. für sich furchtbare Erdkräfte, so der D. Pytho in Delphi, den Apollon (daher Pythios genannt und Delphi Pytho) mit seinen Pfeilen erlegt. Die Giganten als Söhne der Erde (Gäa) haben Schlangenbeine, ebenso Typhon, die Personifikation des vulkanischen Erdfeuers. Aus ähnlicher Anschauung wird der D. bei Konfucius Symbol der Erdbeben und Gewitter. Die Perser haben dem Drachen einen besondern Kultus gewidmet; nach ihrem Glauben schuf Ahriman den Drachen Dahaka, einen furchtbaren Dämon, der die Welt verwüsten sollte. Dieser wuchs zum Lindwurm heran, von dessen Bekämpfung bereits im Zendavest die Rede ist. Nach Duncker finden sich Drachensagen als gemeinsames Erbgut überhaupt bei allen indogermanischen Völkern. In der nordischen Mythologie umspannt der D. als Midgardsschlange das ganze Erdenrund, die Ewigkeit bezeichnend. Auch in den Sagen des Mittelalters spielt der D. eine große Rolle. In Asien Symbol des Despotismus, ward er bei uns heimlicher Hüter und Bringer des Reichtums, fuhr in feuriger Gestalt durch den Schornstein und legte sein zweifelhaftes Geschenk auf den Herd. Amt der Helden war es, Riesen und Drachen aus der Welt auszutilgen; Thor selbst bekämpft die Midgardsschlange, und Siegfried, Siegmund, Beowulf u. a. sind tapfere Drachenüberwinder. Der Besieger erhält außer dem Goldschatz noch andre Vorteile: der Genuß des Drachenherzens bringt Kunde der Tiersprache zuwege, und das Bestreichen mit Drachenblut härtet die Haut. Vgl. Lindwurm. - Als militärisches Zeichen kommt der D. bei fast allen Nationen des Altertums und Mittelalters vor. Nachdem das Bild des Drachen schon bei den alten Griechen als Schmuck auf Helm und Schild gedient, ward es auch Feldzeichen und Wappenbild. In China ist der D. das Staats- und kaiserliche Wappen. In Japan, wo er mit Füßen, Händen und zwei Hörnern dargestellt wird, dient er als Fahnenknopf. In der biblischen und kirchlichen Symbolik ist er Bild des Teufels, des Heidentums und der Abgötterei, des Antichrists, und dient als Attribut der Heiligen (Michael, Georg, Margareta u. a.). In der Heraldik ist der D. im Schild, auf dem Helm und als Schildhalter gebräuchlich und wird mit Fledermausflügeln dargestellt. Schnauze und Füße sind bewaffnet etc. Hat er keine Flügel, so ist es ein Lindwurm, mit Flügeln, ohne Füße eine geflügelte Drachenschlange. Er ist "bezwungen", wenn er Kopf und Flügel hängen läßt, ein Seedrache, wenn er einen Fischschwanz hat.

Drache (Flattereidechse, Draco L.), Reptiliengattung aus der Ordnung der Eidechsen und der Familie der Agamen (Agamidae), kleine, eidechsenähnliche Tiere mit dürrem Leib, dickem, hohem, kurz- und stumpfschnauzigem Kopf, mittellangem Hals, sehr langem Schwanz, verhältnismäßig langen, schlanken, fünfzehigen Füßen, einer Kehlwamme und einem nicht mit den Beinen in Verbindung stehenden, halbkreisförmigen Fallschirm, welcher durch die ersten falschen Rippen getragen wird, finden sich in Ostindien und auf den Sundainseln, leben auf Bäumen, nähren sich von Insekten und können sich vermöge ihres Fallschirms auf Entfernungen von 6-9 m fortschwingen. Der gemeine Flugdrache (Draco Volans L., s. Tafel "Eidechsen"), 20 cm lang, prachtvoll, aber sehr wechselnd grün, braun, gelb, rosenrot mit dunklern Flecken und Bändern gefärbt, bewohnt die Sundainseln, Pinang und Singapur, hält sich in den Kronen der Bäume auf und bewegt sich sprungweise. Die Weibchen sollen 3-4 Eier in Baumlöcher legen.

Drache, Sternbild am nördlichen Himmel von 130 bis 300° Rektaszension und 50-80° nördlicher Deklination, zwischen Cepheus, Herkules und Lyra. Der Schwanz zieht sich zwischen dem Großen und Kleinen Bären in Windungen hindurch; der Bauch geht in mehreren Krümmungen rund um den Pol der Ekliptik. Er hat einen Stern zweiter Größe (am Kopf), 11 Sterne dritter Größe, im ganzen 220 einem scharfen Auge sichtbare Sterne.

Drache, wahrscheinlich von den Chinesen erfundenes Spielzeug, welches durch Aufsteigen in der Luft die Kinder ergötzt, aber auch wissenschaftlich verwertet wurde. Die Grundform des Drachen ist ein spitzes, gleichschenkeliges Dreieck, an dessen Basis sich ein Halbkreis oder ein stumpfwinkeliges Dreieck anschließt; im