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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Drehbank

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Drehbank.

vorragenden Ende (Kopf) ist die Spindel röhrenartig gebildet und auf der innern wie an der äußern Seite mit Schraubengewinden versehen, welche zum Daraufschrauben der Arbeitsstücke oder der dieselben befestigenden Hilfsapparate (Futter, Drehbankfutter) dienen. Zwischen der vordern und der hintern Docke trägt die D. mehrere Scheiben a, auf welche eine Schnur oder ein Riemen (daher bald Schnurscheiben, bald Riemenscheiben) geworfen werden kann, der von einer andern, mit entsprechenden Scheiben versehenen, durch tierische oder elementare Kräfte getriebenen Welle kommt und die Drehung der Spindel veranlaßt. Die Scheiben haben verschiedene Durchmesser, um die Drehungsgeschwindigkeit der Spindel innerhalb gewisser Grenzen beliebig verändern zu können. Bei kleinern, von Holz- oder Horndrechslern gebrauchten Drehbänken kommt die treibende Schnur von einem etwa 1 m im Durchmesser haltenden Rade, das durch eine Tretvorrichtung mit den Füßen des Arbeiters (ähnlich wie die bekannten Spinnräder und Scherenschleifsteine) in Bewegung gesetzt wird. Ist der Widerstand zu groß, um einen solchen Antrieb zuzulassen, so legt man den nach der Drehbankspindel führenden Riemen auf die Scheiben einer kurzen Welle, die ein 1,5-2 m großes, schweres Schwungrad trägt, an welchem der Arbeiter mit einer gewöhnlichen Handkurbel dreht. In allen bedeutendern mechanischen Werkstätten erfolgt der Betrieb der Drehbänke von einer durch Dampf- oder Wasserkraft getriebenen Welle aus. Die Abbildung zeigt außer den bereits erwähnten Riemenscheiben a noch zwei Zahnräder b und c, welche mit zwei korrespondierenden, dahinter auf einer gemeinsamen Welle befestigten Zahnrädern (von denen nur d zu sehen ist) im Eingriff sind. Diese Räder sind nur den großen Drehbänken eigen; sie bezwecken bei schweren Arbeitsstücken eine langsame Drehung der Spindel. Zu dem Zweck ist nur das für sich unabhängige Rad b durch einen Keil an die Spindel befestigt, während die Scheiben a mit c sich lose auf der Spindel drehen und durch die Nebenwelle und das Rad b die Bewegung auf die Spindel übertragen können. Die dritte, auf dem Gestell sitzende Docke, die Spitzdocke (Reitstock) r, läßt sich längs der Wangen beliebig verschieben und an jeder Stelle durch Schrauben befestigen. In dem Reitstock sitzt die Spitze oder der Reitnagel s, eine cylindrische oder prismatische Stange aus Stahl, deren Achse genau in die Verlängerung der Spindelachse fallen muß, und welche an ihrem vordern Ende mit einer sauber gedrehten Spitze versehen ist, während sie von der hintern Seite durch einen auf einer Schraube sitzenden Griff oder durch ein Stellrad t beliebig vor- oder rückwärts geschraubt werden kann. Eine Schraube mit dem Griff n dient zum Festklemmen des Reitnagels im Reitstock. Die vertikale Entfernung der Achsmitte über der Oberfläche der Wangen, d. h. die Spitzenhöhe, bestimmt den größten zulässigen Halbmesser eines auf der D. zu bearbeitenden Stückes. Die Art der Befestigung, das Einspannen, eines Arbeitsstücks auf der D. ist außerordentlich verschieden; es richtet sich nach der Form und nach der Art der Bearbeitung, welche der Gegenstand erfahren soll. Lange und verhältnismäßig dünne Arbeitsstücke, die in der Richtung der Spindelachse abgedreht werden sollen, spannt man zwischen Spitzen. Zu diesem Zweck wird das Arbeitsstück an beiden Enden mit Grübchen versehen (angekörnt) und an das vordere Ende der Spindel eine kegelförmige stählerne Spitze h eingeschraubt; zwischen diese und die Spitze des Reitnagels bringt man das Arbeitsstück so, daß seine an den Endpunkten durch die Grübchen markierte Drehungsachse zwischen die Spitzen zu liegen kommt. Durch eine Führer oder Mitnehmer benannte Vorrichtung wird das Arbeitsstück gezwungen, die drehende Bewegung der Spindel zu teilen. Das Drehen zwischen Spitzen läßt die größte Genauigkeit in der Arbeit zu und wird deshalb soviel wie möglich angewendet. Sehr lange Arbeitsstücke werden, wenn sie eingespannt ein Durchbiegen oder Durchfedern in ihrer Mitte befürchten lassen, durch eine Hilfsdocke, die Lünette (Brille, Setzstock), unterstützt, in welcher sie sich wie in einem Lager drehen. Beim Drehen zwischen Spitzen ist es nicht möglich, die Endflächen der eingespannten Gegenstände zu bearbeiten. Zum Abdrehen der Stirnflächen ist daher ein einseitiges Einspannen notwendig. Die Befestigung an der Spindel geschieht alsdann durch Futter, welche auf die Spindel aufgeschraubt werden und mittels Einkeilens, Einschraubens (Schraubenfutter) die Arbeitsstücke festhalten. Für flache, scheibenartige Gegenstände, die an ihrer Oberfläche abgedreht werden sollen, bedient man sich der Planscheibe (Planscheibendrehbank), einer eisernen, mit vielen Einschnitten versehenen Platte, auf welcher die Arbeitsstücke aufgekittet (Kittscheibe), aufgeschraubt oder aufgekeilt werden können.

Die Drehwerkzeuge (Dreheisen, Drehstähle) sind an einem Ende gehärtete und zugeschärfte Stahlstangen von mannigfaltiger Form, verschieden nach dem Material und der zu erzielenden Genauigkeit, und je nachdem dieselben aus freier Hand oder durch mechanische Vorrichtungen (Support) geführt werden sollen. Das allgemeinste Werkzeug zum Drehen der Metalle ist der Stichel, ein quadratischer Stab, der an seinem einen Ende in einer diagonalen Ebene angeschliffen ist, eine Spitze mit zwei daran liegenden geraden Schneiden darbietet und mit seiner vordern Spitze angreift. Zum Vorarbeiten im Groben dient der Schrotstahl oder der Spitzstahl, während der Schlichtstahl die Arbeit vollendet. Zur Bearbeitung hohler Arbeitsstücke dienen die am Ende kurz und rechtwinkelig abgebogenen Hakenstähle und Ausdrehstähle mit einer fast parallel mit dem Stiele laufenden langen Schneide und Mondstähle mit bogenförmiger, seitwärts stehender Schneide. Alle diese Werkzeuge stecken in kurzen, von der Hand gefaßten Heften. Ein kräftigeres Bearbeiten aus freier Hand erreicht man durch lange, beim Drehen auf die Achsel gestützte Hefte, in die man den Schrothaken, Spitzhaken oder Schlichthaken befestigt. Die Drehstähle für Holz sind immer messerartig scharf, bald flach, bald halbrund (Drehröhre). Die Drehwerkzeuge, welche nicht durch die freie Hand, sondern durch den Support, eine später zu erklärende mechanische Vorrichtung, geführt werden, sind weniger mannigfaltig, aber gewöhnlich kräftiger und kürzer und als Schrotstahl, Spitzstahl und Schlichtstahl konstruiert. In der Regel bestehen die Drehstähle aus gut gehärtetem, gelb angelassenem Stahl; zum Abdrehen großer Gußwaren benutzt man aber auch aus hartem Gußeisen in eisernen Schalen gegossene Drehmeißel, und für die allerfeinsten Gegenstände dienen in Eisen oder Messing gefaßte Diamantsplitter.

Die Art der Unterstützung des Drehwerkzeugs ist, wie bereits erwähnt, verschieden; sie geschieht bald aus freier Hand, bald durch eine besondere mechanische Vorrichtung, den Support. Beim Drehen aus freier Hand liegt der Drehstahl auf einer Krücke (Auflage) von T-förmiger Gestalt, welche sich sowohl horizontal längs der Wangen als auch vertikal