Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Dünger (Exkremente).

Pulver verwandelt werden. Unter den Teilen von Tieren liefern unstreitig die Knochen den geschätztesten D., weil sie die in den Ackererden spärlicher vorkommenden und mit den Ernten, besonders denen der Körner, in größerer Menge den Feldern entzogenen Phosphate enthalten. Auch ihr Stickstoffgehalt ist von Bedeutung. Man benutzt die Knochen gemahlen (Knochenmehl, s. d.) oder gebrannt (Knochenasche, Knochenkohle, Beinschwarz u. dgl.) oder mit Schwefel- oder Salzsäure in sogen. Superphosphat verwandelt; in dieser Form sind sie am löslichsten, also auch am raschesten wirksam. Die fein gemahlenen Knochen lassen sich sehr vollkommen verteilen und werden durch kohlensäurehaltiges Wasser, wie es sich immer im Ackerboden findet, leicht zersetzt. Ammoniaksalze, Kochsalz, Chilisalpeter und dergleichen Dungmittel wirken ebenfalls im Sinn besserer Verbreitung, also entgegen der Absorptionsthätigkeit der Krume, durch welche die Phosphorsäure gebunden und zurückgehalten wird. Kleinere Knochen kann man auch und zwar ziemlich rasch im Pferdemist zersetzen und grob gemahlene in wirksamern D. umwandeln, wenn man sie auf Haufen schüttet und bis zum Gebrauch feucht erhält. Der prozentige Gehalt in Knochenpräparaten ist folgender: in Knochenmehl aus festen Knochenteilen 3,5 Stickstoff, 0,1 Kali, 33,0 Kalk, 1,0 Magnesia, 25,2 Phosphorsäure; in solchen aus lockern Knochenteilen, Knorpel etc. 4,0 Stickstoff, 0,2 Kali, 29,0 Kalk, 1,0 Magnesia, 20,0 Phosphorsäure; im Mittel 3,8 Stickstoff, 0,2 Kali, 31,3 Kalk, 1,0 Magnesia, 23,2 Phosphorsäure. Der Gehalt der Knochenkohle in Form von Superphosphat, wie sie im Handel vorkommt, schwankt zwischen 12-16-18-23 Proz. Phosphorsäure. Auch fossile Knochen und Koprolithen werden vielfach zu D. verarbeitet und ebenso phosphatige Mineralien, wie Apatit, Phosphorit, Sombrero-Guano u. dgl. Solche finden sich in vielen Gebirgsschichten und werden vorzugsweise zu Körnerfrüchten, mit Vorteil auch noch zu Kartoffeln, Rüben, Klee, Obst etc. verwendet und entweder vor oder nach der Saat, am liebsten bei guter Durchdüngung mit Mist gegeben. Superphosphate bringt man meistens nur seicht in den Acker und zwar kurz vor der Saat, schwer zersetzliche Phosphate aber ackert man lieber unter und zwar im Winter. Für viele Blumen bilden gebrannte, zu Pulver gemahlene Knochen einen sehr wertvollen D., z. B. für Fuchsien, Rosen u. dgl. pro Topf in Gaben von einem Theelöffel voll. Klauen schlägt man gern verkehrt mit der Öffnung nach oben in den Wiesenboden, wo sie allmählich sich zersetzen; Hörner sind als Hornspäne in der Gärtnerei beliebt, werden aber häufig auch in dieser Form zur Fälschung des Knochenmehls verwendet. Federn, Borsten, Wollabfälle, Haare, Hautstücke und Leder müssen kompostiert oder gedämpft werden, um wirken zu können. Sie sind sehr hygroskopisch und deshalb auch physikalisch nützlich, besonders im trocknen Sandboden, in welchem sie das Wasser zurückhalten.

[Exkremente.] Am allgemeinsten gebräuchlich und schon von den Griechen und Römern geschätzt ist die Düngung mit den Exkrementen der Tiere und Menschen und zumal die durch Vermischung derselben mit Streumitteln, d. h. die als Mist oder Stalldünger. Die Ausscheidungen enthalten die unverdauten Reste des verzehrten Futters, vermischt mit schleimigen und andern aus dem Tierkörper ausgeschiedenen Stoffen, welche selbst wieder nichts andres darstellen als umgewandeltes Futter. Feste und flüssige Auswurfstoffe zusammen enthalten die Gesamtheit der Bestandteile des Futters, also auch die der Pflanzen, und bilden demnach zusammen unter allen Umständen einen Generaldünger. Der Harn für sich allein ist sehr reich an Stickstoff in Form von Harnstoff, Harn- und Hippursäure, welche beim Faulen des Urins sehr bald in kohlensaures Ammoniak sich verwandeln. Dieses muß deshalb, will man Verluste vermeiden, gebunden werden, z. B. durch Gips oder Schwefelsäure oder Vitriol und dergleichen Substanzen. Der Harn enthält außerdem eine gewisse Menge von Mineralstoffen und zwar relativ viel Phosphorsäure, Kali, Kochsalz. Je nach Tierart, Gesundheitszustand, Alter, Gebrauch, Fütterung etc. ist er sehr verschiedenartig in seiner Zusammensetzung und für den Landwirt mehr oder minder wertvoll. Frischer Harn ist nur selten für sich anwendbar, vielmehr läßt man ihn erst abfaulen oder vermengt ihn mit Exkrementen (Gülle, Pfuhl) und, falls er verbessert werden soll, mit Substanzen, deren Bestandteile ihm fehlen, oder welche er nur in geringen Mengen enthält (Knochenmehl, Kalk, Gips, Ölkuchen, Kalisalze etc.). Er wird sorgfältig in gemauerten und zementierten Gruben, welche durch Rinnen und Kanäle mit den Stallungen in Verbindung stehen, gesammelt und vor Zufluß von Regenwasser thunlichst geschützt, da die Jauche an und für sich schon 92-98 Proz. Wasser enthält und eine Vermehrung des Wassergehalts die Qualität der Jauche verringert und die Transportkosten zum Kompost und Feld, soweit sie nicht zur Feuchterhaltung des Düngers auf der Dungstätte nötig ist, verteuert (man fährt in einem zweispännigen Fuder nur 18-72 kg düngende Stoffe aus, der Rest ist Wasser). Die Jauche enthält im Mittel 1,5 pro Mille Stickstoff und 1 Proz. Asche, 1/10000 Proz. Phosphorsäure, aber ½ Proz. Kali.

Der Harn wird gewöhnlich in Fässern mit ähnlicher Einrichtung, wie man sie in den Städten zum Besprengen der Straßen anwendet, auf die Felder und Wiesen gefahren (auch im Winter über den Schnee), seltener mittels Leitung, wie das Rieselwasser, oder mittels Röhren, Röhrenaufsätzen und darangeschraubter Schläuche, aus welchen durch Dampfkraft die Masse ausgetrieben wird, verteilt (England). Praktischer als letzteres Verfahren ist folgendes, welches mit Erfolg in größern Rübenwirtschaften Anwendung fand: die Jauche, vermengt mit konzentrierten Dungmitteln, wird gemeinsam mit den Fabrikwassern in hoch gelegene Reservoirs gepumpt und vermittelst natürlichen Gefälles auf die zu düngenden Felder geleitet und hier oberirdisch durch offene Furchen und Rinnen verteilt. Ackerland, welches stark zum Krustieren geneigt, überhaupt bindig ist, eignet sich nicht für Jauchen- und Pfuhldüngung, um so besser aber leichter, lockerer Boden und geschlossenes Gras- und Futterland. Obstbäume düngt man in der Art, daß man seitwärts Löcher anbringt und diese mit Jauche zu wiederholten Malen vollgießt. Will man Jauche und Pfuhl allein anwenden, so muß man das Düngen öfters wiederholen, da sie sehr rasch, also nicht nachhaltig wirken. Die Fäces werden nur selten für sich allein verwendet; in Gärtnereien wirft man Schafbollen in Wassertonnen und begießt aus denselben mit großem Vorteil Gemüse, Erdbeeren, Obstbäume etc. In Holland und Belgien hat man Stalleinrichtungen, in welchen die Tiere auf Latten ruhen, und aus welchen Fäces und Harn mit Wasser in außerhalb angebrachte Gruben gespült werden, um daselbst durchzufaulen. Auch in der Schweiz ist diese Benutzungsweise ziemlich verbreitet. Durch die Tiere selbst läßt man Felder und Wiesen direkt bedüngen, indem man sie über