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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Dynamometer, optisches - Dyskrasie.

auf einem sich abwickelnden Papierstreifen aufgezeichnet wird. Letztere Apparate werden Dynamographen genannt. Von den Dynamometern sind besonders die von Schäffer u. Buddenberg und der Holtzsche zu erwähnen, welch letzterer nicht nur die Zugkraft der Lokomotive prüft und normiert, sondern auch die Leistung der Lokomotive sowohl in Bezug auf die geförderte Last als auch auf die Innehaltung der Fahrzeit kontrolliert und eine Kontrolle der Züge bei deren Beförderung ausübt. Der von Guillemin, Guébhard u. Dieudonné benutzte Dynamograph wird in einem bedeckten, unmittelbar hinter dem Tender laufenden Wagen angebracht. Der bewegliche Bügel der Dynamometerfeder ist mit der Zugstange des Wagens, der feste Bügel desselben mit dem Wagengestell fest verbunden. An dem beweglichen Bügel ist ein Bleistift befestigt, der, je nachdem die Feder mehr oder minder angespannt ist, sich der Durchbiegung der Feder entsprechend bewegt. Der Bleistift zeichnet diese Durchbiegung auf einen Papierstreifen, der sich von einer durch ein Uhrwerk getriebenen Walze abwickelt. Mit Hilfe des Bleistifts werden die Wege mit der Hand angezeichnet, während durch einen in einem Kasten befindlichen Zähler, welcher seine Bewegung durch ein an der Wagenachse angebrachtes Exzentrik erhält, der Weg gemessen wird. Gerät der Zähler in Unordnung, so wird derselbe mit Hilfe der Meilensteine wieder in Ordnung gebracht. Ein andrer Bleistift dient zur Markierung der Zeit. Da infolge der Schwankungen des Wagens das Uhrwerk leicht in Unordnung geraten kann, so muß ein zweiter Beobachter die Zeiten noch mit der Hand notieren. Die über dem Dach des Wagens angebrachte Windfahne gibt in dessen Innern die Windrichtung an, welche mit Hilfe eines Kompasses genau festgestellt wird.

Dynamometer, optisches, s. Dynameter.

Dynást (griech., "Machthaber, Herrscher"), Regent, kleiner Fürst; im griechischen Staatswesen hießen Dynasten diejenigen, welche sich durch einen Gewaltakt der Regierung bemächtigt hatten, z. B. die 30 Tyrannen in Athen (von der Tyrannis unterschied sich die Dynastie durch die Mehrheit der Regierenden); im Mittelalter solche Grafen und Herren, welche bei dem Verfall der alten Gauverfassung im 11. Jahrh. in den Besitz eigner reichsfreier Territorien gelangt waren. Sie gehörten als alte Freiherren und Semperfreie (viri egregiae libertatis) dem fürstenmäßigen hohen Adel an und bildeten eine Mittelstufe zwischen den Besitzern wirklicher alter Gaugrafschaften und den bloß ritterbürtigen Mittelfreien. Als später die letztern auch oft den Titel Freiherren erhielten, nahmen die alten Freiherren fast sämtlich das Prädikat "Graf" an. Unter den Dynasten des Mittelalters befinden sich die Ahnherren der meisten deutschen Regentenhäuser. Heutzutage werden wohl auch zuweilen die Häupter einer Dynastie (s. d.) Dynasten genannt.

Dynast (griech.), Herrscher, Machthaber; Dynastie, Herrschergeschlecht, Fürsten-, Herrscherhaus, z. B. die Habsburger Dynastie, die Dynastie der Hohenzollern; dynastisch, auf die Dynastie bezüglich, dieselbe betreffend. So spricht man z. B. nicht selten von dynastischen Interessen im Gegensatz zu den Interessen des Volkes oder des Staats.

Dynastiden, s. Blatthornkäfer.

Dyophysiten, s. Monophysiten.

Dyrrhachium, Stadt, s. Durazzo.

Dys..., griech. Vorsilbe, dem deutschen miß... entsprechend, bezeichnet (im Gegensatz zu Eu...) etwas Schlimmes, Entstelltes, Krank- oder Fehlerhaftes.

Dysart (spr. deisert), Schwesterstadt von Kirkcaldy (s. d.) in der schottischen Grafschaft Fife, mit (1881) 8232 Einw.

Dysästhesie (griech.), Unempfindlichkeit, Stumpfheit der Sinne, besonders des Gefühls.

Dysaulos, im griech. Mythus ein Heros des Ackerbaues, Gatte der Baubo (s. d.), mit der er in Eleusis wohnte. Beide nahmen hier die ihre Tochter suchende Demeter freundlich auf. Später soll er die Mysterien der Demeter nach Phlius gebracht haben.

Dysenterie (griech.), s. Ruhr.

Dysis (griech.), das Untertauchen, Untergehen.

Dyskolie (griech.), s. v. w. Mißstimmung, Neigung zu pessimistischer, wie Eukolie Neigung zu optimistischer Weltansicht.

Dyskrasie (griech.), "fehlerhafte Mischung" der Körpersäfte, insbesondere des Bluts und der Lymphe; im gewöhnlichen Leben unter dem Ausdruck Schärfe im Blut bekannt. Mit Vorliebe bezeichnet man als D. diejenigen Zustände, bei welchen gewisse fremdartige Stoffe im Blut wirklich vorkommen oder doch in demselben vorausgesetzt werden, die im normalen Blut gar nicht oder doch nur in sehr geringer Menge enthalten sind. Von alten Zeiten her hat in der wissenschaftlichen Medizin wie bei den Laien die Neigung bestanden, gewisse Krankheiten, welche man nicht auf greifbare Ursachen zurückzuführen vermochte, dadurch zu erklären, daß man eine Entmischung der Körpersäfte als Ursache derselben annahm. Allein nur in verhältnismäßig seltenen Fällen gelang es, die vorausgesetzte D. auch faktisch nachzuweisen. In der Mehrzahl der Fälle blieb die D. durchaus hypothetisch, die Voraussetzung ihrer Existenz war nichts als ein Notbehelf der medizinischen Theorie. Je weiter die Wissenschaft vorgeschritten und je tiefer man in die Erkenntnis von den Ursachen der Krankheiten eingedrungen ist, um so mehr hat sich das Gebiet der dyskrasischen Krankheiten vermindert. Abgesehen aber von der hypothetischen Natur der meisten dyskrasischen Zustände, kommt hierbei noch ein lange festgehaltener Irrtum ins Spiel, welcher in der Ansicht liegt, daß das Blut gewissermaßen eine selbständige Existenz im Körper führe, und daß die Ernährungsstörungen der den Organismus konstituierenden Gewebe immer von einer ursprünglich vorhandenen fehlerhaften Mischung des Bluts abhängig seien. Dieser Grundirrtum ist besonders von Virchow (in seiner "Cellularpathologie") beseitigt worden, indem derselbe zeigte, daß in der Mehrzahl der Fälle, wo überhaupt eine D. nachweisbar ist oder doch mit Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt werden darf, diese D. nicht die Ursache der Organerkrankungen ist, sondern daß umgekehrt eine ursprünglich örtliche Erkrankung eines Organs erst sekundär zu einer abnormen Zusammensetzung des Bluts geführt hat. Mit andern Worten: es stellte sich heraus, daß die meisten Dyskrasien keine primären, sondern daß es sekundäre Zustände sind, daß sie nicht als die Ursachen, sondern umgekehrt als die Folgen gewisser Erkrankungen der Organe und Gewebe des Körpers zu betrachten sind. Faßt man den Begriff der D. so auf, daß man darunter jede Abweichung von der normalen Zusammensetzung des Bluts versteht, so lassen sich folgende Formen der D. unterscheiden: 1) Zustände, wo die normalen Bestandteile des Bluts in einem abnormen Mengenverhältnis vorhanden sind (Anämie, Bleichsucht, Leukämie, Hydrämie etc.); 2) Zustände, wo fremdartige Stoffe, welche normalerweise gar nicht oder doch nur in ganz geringen Mengen im Blut vorkommen, in gelöster Form und in relativ beträchtlicher Menge dem Blut