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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ei des Kolumbus - Eierstab.

delte, sondern namentlich auch im Strafverfahren zugezogen, und zwar kommen dieselben hier sowohl auf seiten des Anklägers als auf seiten des Angeklagten vor. Der Anschuldigungseid mußte regelmäßig "mit sieben, mindestens mit drei Händen" geschworen werden (daher der Ausdruck "übersiebnen", s. v. w. überzeugen). Beim Reinigungseid wurde die Zahl der E. (compurgatores) verschieden bestimmt; in spätern Zeiten wurde derselbe ohne E. geschworen, bis er endlich im Strafverfahren ganz in Wegfall kam.

Ei des Kolumbus, eine sprichwörtlich gewordene Redensart zur Bezeichnung der einfachen Lösung eines scheinbar schwierigen Problems, welche nach einer in Benzonis "Geschichte der Neuen Welt" (Vened. 1565) enthaltenen, aber nicht verbürgten Erzählung ihren Ursprung darin haben soll, daß Kolumbus bei einem ihm 1493 vom Kardinal Mendoza gegebenen Ehrenessen die Gäste, welche sich rühmten, daß ihnen ebensogut die Entdeckung der Neuen Welt gelungen sein würde, aufforderte, ein Ei auf dem Tisch aufrecht hinzustellen, und, als ihnen dies mißlang, das Problem durch Eindrücken der Spitze des Eies löste. Vasari ("Künstlerbiographien", 1555) überträgt diese Erzählung auf Brunellesco.

Eidesmündigkeit, s. Eid.

Eidgenossenschaft, s. Schweiz.

Eidograph (griech., "Bildschreiber"), dem Pantographen ähnliche, von Wallace in Edinburg 1821 erfundene Kopiermaschine.

Eidographie (griech., "Bildschrift"), ein von Eckardt in München 1875 erfundenes Verfahren zur Herstellung von Druckplatten für die Buchdruckpresse von direkt auf Metall gemachten Zeichnungen. Eine veränderte Behandlung gestattet auch ihre Verwendung zur Reliefpressung von Luxuspapieren, Tapeten, Leder etc.

Eidomusikon (griech.), s. Melograph.

Eidothea, im griech. Mythus Tochter des Meergottes Proteus, die auf der Insel Pharos den Menelaos lehrte, wie er ihren Vater fangen und zum Weissagen zwingen könne; auch Name der bösen Gemahlin des Phineus (s. d.).

Eidotter, s. Eigelb.

Eidsvold, Kirchspiel im norweg. Amt Akershus, Vogtei Övre Romerike, am Ausfluß des schiffbar gemachten Vormen aus dem Mjösen und an der Eisenbahn von Christiania nach Drontheim, mit (1876) 7460 Einw. und dem historisch merkwürdigen Hof E., 2,5 km unterhalb des Hurdalsees an den Wasserfällen der Stavie-Elf, wo 1814 der dänische Kronprinz, nachherige König Christian VIII. von Dänemark, als Statthalter von Norwegen, da dieses an Schweden abgetreten war, die norwegischen Stände versammelte, diese sich als das erste Storthing konstituierten und 17. Mai ihrem Lande die noch jetzt bestehende Verfassung gaben. Das Haus mit dem dazu gehörenden Park ist aus Privatbeiträgen angekauft und dem Staat geschenkt worden; es ist mit den Bildnissen der "Eidsvoldsmänner" geschmückt und wird zur Erinnerung an jene Begebenheit in stand gehalten.

Eier, plastische eierförmige Verzierung am Viertelstab der griechischen und römischen Baukunst sowie der Renaissance, s. Eierstab. Auch am Echinus der dorischen Säule kommen die E. und zwar in Verbindung mit spitzen Ornamenten, den sogen. Pfeilspitzen, jedoch nur eingeritzt, vor, weshalb man annimmt, daß beide dort mit verschiedenen Farben bemalt gewesen seien.

Eier, fossile, sind mehrfach gefunden worden. Nicht näher bestimmbare Vogeleier haben geliefert der Tertiärkalk bei Mainz, der diluviale Charenkalk bei Weimar, der tertiäre Mergel von Lausanne sowie die Tertiärgebilde der Limagne (Puy de Dôme), von St.-Gerand le Puy und von Aix. Schildkröteneier sind im Tertiärgebiet bei Mainz gefunden worden und gehören vielleicht zu einer Art der Gattung Trionyx. Die im diluvialen Kalktuff Kannstatts gefundenen E. scheinen ebenfalls Schildkröten anzugehören, dagegen sind die E. einer Emys aus den Tertiärschichten von Castelnaudary sowie Schildkröteneier aus den Tertiärkalken der Gironde zweifelhaft. E. von Emys europaea liegen aus dem diluvialen Kalktuff von Burgtonna vor. Die als Schlangeneier zuerst aus der Bieberer Höhle bei Offenbach bekannt gewordenen Gebilde sind unorganischen Ursprungs.

Eierbovist, s. Bovista.

Eierkonserve, s. Ei, S. 352.

Eierkunde, s. Ei, S. 352.

Eierland, der nördliche Teil der niederländ. Insel Texel, früher eine besondere Insel, seit 1629 aber durch einen Damm mit Texel verbunden, hat seinen Namen von den vielen Eiern, welche die Seevögel am Strand legten, und die Gegenstand eines bedeutenden Handels waren. Seit 1834 ist E. eingedämmt und hat jetzt fruchtbare Äcker und Wiesen; auch ist daselbst ein Dorf entstanden, de Cocksdorp genannt.

Eieröl, das Fett des Dotters, wird aus dem hart gekochten, im Wasser- oder Luftbad getrockneten Dotter der Hühnereier durch Pressen zwischen erwärmten Eisenplatten (Ausbeute 1-1,5 Proz.) oder durch Ausziehen mit Petroleumäther gewonnen. Aus dem ätherischen Auszug verjagt man den Petroleumäther durch mäßiges Erwärmen. Das E. ist hochgelb, dickflüssig, von angenehmem Geschmack und erstarrt sehr schnell bei niederer Temperatur. Es verleiht dem Haar und der Haut eine so eigentümliche samtartige Weichheit wie kein andres Fett und ist deshalb auch in der Weißgerberei zur Behandlung der Lämmer- und Ziegenfelle, aus welchen feine Glaceehandschuhe verfertigt werden sollen, unentbehrlich. Das E. wird äußerst leicht ranzig, kann aber gereinigt und haltbar gemacht werden, indem man es mit Alaunlösung anhaltend auf 60° erhitzt und filtriert. In verschlossenen Flaschen hält es sich dann sehr gut und ist gleich geeignet für technische wie medizinische Zwecke. Das E. läßt sich leicht verseifen, und die so erhaltene Seife verleiht der Haut eine große Zartheit. Man mischt sie für kosmetische Zwecke auch mit Eigelb und Stärkemehl. Zu medizinischen Zwecken wird das E. nur selten angewendet, im Handel wird es häufig verfälscht.

Eierpflanze, s. v. w. Solanum Melongena.

Eierschalenporzellan (engl. Egg-shells), ursprünglich in China und Japan fabriziertes, ganz dünnes weißes und rotes Porzellan, aus welchem namentlich Theetassen und -Kannen hergestellt wurden. Um 1600 ward in China E. bis zur Dünne des Bambuspapiers verfertigt. Jetzt wird es in Sèvres, in Worcester und in andern englischen Fabriken nachgeahmt.

Eierschwamm, s. Cantharellus.

Eierspiegel, s. Ei.

Eierstab, der mit sogen. Eiern u. Pfeilspitzen verzierte, unten mit einer Perlschnur versehene Viertelstab der griechischen Baukunst, ein Ornament, welches von Bötticher als ein durch eine Perlschnur angehefteter, überfallender doppelter Blattkranz aus abwechselnd runden und spitzen Blättern gedeutet wird (s. Figur). In der spätgrie-^[folgende Seite]

^[Abb.: Eierstab.]