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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eisengießerei

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Eisengießerei (Kastenguß, Formmaschinen, Sand- und Lehmformerei, Röhrenguß).

genügt, welche das flüssige Eisen ohne weiteres ergibt. Der Kastenguß dagegen braucht wegen der ringsum bestimmt begrenzten Formen in der Regel zwei, sonst auch mehrere aufeinander passende Kasten (Laden, Flaschen etc.), welche mit Sorgfalt zusammengearbeitet, leicht auseinander zu nehmen und nicht verschiebbar sein müssen. Die Modelle, welche diese Kasten aufzunehmen haben, müssen nun den horizontalen Ebenen, in welche die Kasten geteilt sind, möglichst genau entsprechend geteilt sein. Sie werden, nachdem sie in Teilen oder ganz in die Kasten eingelegt worden sind, zunächst mit ganz feinem, besonders präpariertem Sand überstreut; dann wird der übrige Formsand eingedrückt und mit hölzernen oder erwärmten eisernen Stampfen eingestampft, was in einigen Gießereien, die sich mit Spezialitäten, z. B. dem Röhrenguß, beschäftigen, in neuerer Zeit auch mittels Maschinen bewirkt wird. Um das Festhalten des Sandes in den Formkasten zu unterstützen, sind letztere mit nach innen vorspringenden Rändern und mit Zwischenplatten (Zwischenscheide) versehen, über welche noch Hängeeisen gehängt werden. Außerdem werden noch Formstifte und Nägel in den Sand gedrückt, um den Zusammenhang und Widerstand des Sandes gegen das einströmende flüssige Eisen zu befördern. Die Trennung der Sandschichten zweier aneinander stoßender Kasten wird durch ganz magern, trocknen, sogen. Streusand ermöglicht; auch aufgelegtes Papier muß in einzelnen Fällen dazu dienen. Der zum Eingießen des Metalls nötige Kanal, der Einguß, wird durch ein besonderes Modell gebildet und muß eine Form haben, welche eine leichte Trennung nach dem Erkalten des Gußstücks oder während desselben gestattet. Er muß mit seinem obern Ende höher stehen als der höchste Punkt des auszufüllenden Hohlraums, kann aber in jeden beliebigen Teil der Form einmünden. Der Einguß muß am obern Ende eine Ausweitung besitzen, um eine Quantität flüssigen Eisens aufzunehmen, das zum Nachfüllen der beim Zusammenziehen des erstarrenden Eisens sich bildenden Räume dient. Er muß rechtzeitig und früh genug entfernt werden können, damit die Zusammenziehung des Abgusses nicht durch das Festsitzen des durch die Ausweitung nagelförmig gebildeten Eingußkopfes gehindert werde, und genau zu der Eisenstärke des Gußstücks an der Stelle des Eintritts des flüssigen Eisens passen. Um die Entfernung der beim Gusse sich bildenden Gase zu ermöglichen, wird gewöhnlich ein besonderer Kanal (Windpfeife) angebracht; außerdem werden noch durch Einlegen von Bindfäden und Drähten, die vor dem Guß herausgezogen werden, sowie durch Einstechen von Löchern vermittelst langer Nadeln (Luftstecher) Kanäle gebildet. Nach Vollendung dieser Manipulationen werden die Formkasten wieder auseinander genommen, und das ganze oder geteilte Modell wird ausgehoben. Hierzu dienen, wenn derselbe Gegenstand wiederholt geformt werden muß, auch Formmaschinen, deren Haupteinrichtung darin besteht, daß eine gehobelte Platte mit einem der Form des Modells ganz genau entsprechenden Ausschnitt versehen ist, über welchem sich das Modell mit dem aufgesetzten Formkasten befindet. Das Modell ist mit einer Vorrichtung verbunden, mittels welcher dasselbe durch diesen Ausschnitt hindurch aus dem in den aufgesetzten Formkasten eingestampften Sand mittels einer Schraube, einer Zahnstange oder eines Hebels ganz vertikal nach unten herausgezogen werden kann. Die Anwendung solcher Formmaschinen ist besonders beim Formen von Rädern und andern eine große Akkuratesse in Anspruch nehmenden, in gleicher Form und großer Stückzahl anzufertigenden Gußstücken zur Anwendung gekommen. Soll das Gußstück Hohlräume erhalten, welche sich durch Sand nicht herstellen lassen, so werden Kernstücke eingelegt, welche aus mehr fettem Sand gefertigt und der Durchlässigkeit wegen vor dem Einlegen gebrannt, resp. getrocknet worden sind. Zur Aufnahme der Kerne, und um ihnen eine feste Auflage zu geben, versieht man das Modell mit Kernmarken. Die Innenflächen der Form werden nach dem Auseinandernehmen der Kasten einer sorgfältigen Nacharbeit unterworfen, geglättet, mit Kohlenpulver bestäubt, und wo es auf besondere Schärfe des Gusses ankommt, wird das Modell nochmals eingelegt und nachgestampft.

Die fette Sand- oder Massenformerei beruht auf denselben Grundsätzen, benutzt indes einen Sand, der einen weit größern Thongehalt, aber auch weniger Durchlässigkeit besitzt. Um diese zu erzeugen, muß man die Formen ebenso wie die aus gleichem Material hergestellten Kerne vor dem Guß einer starken Hitze aussetzen. Die Massenformerei kommt fast nur für größere, schwere Gußstücke zur Anwendung; sie erleichtert das Anbringen von Kernen, da die feste Masse die Auflage sichert, und ist daher hauptsächlich bei Gußarbeiten am Platz, bei denen viele Kerne erforderlich sind. Der in sich festere Massensand gestattet überdies, einzelne Formen mittels Schablonen herzustellen, was bei dem lockern magern Sand nicht möglich ist. Die fertigen Massenformen werden in Trockenkammern gebracht, nachdem sie mit einer Mischung aus Lehmbrei und Graphit oder Holzkohlenstaub sauber überstrichen und geglättet worden sind. Die Lehmformerei benutzt man fast nur für große, hohle Gußstücke und für künstliche Kerne. Der Lehm wird dazu mit Wasser angerührt und mit Pferdemist, Kuhhaaren oder Häcksel gemischt. Bei hohlen, großen Gußstücken wird zuerst der Kern hergestellt, welcher häufig durch Eisen oder Mauerwerk eine Stütze erhalten muß oder aus solchem vorgearbeitet und dann mit der beschriebenen Lehmmasse überzogen, geschlichtet und gebrannt wird. Auf diesen Kern wird nun eine zweite Lehmschicht aufgetragen, welche die Form des herzustellenden Gußstücks darstellt (Eisenstärke) und ebenfalls geschlichtet und gebrannt wird. Über diese Eisenstärke kommt zuletzt eine dritte Lehmschicht (der Mantel). Nachdem auch diese gebrannt ist, wird sie im ganzen oder geteilt auseinander oder abgenommen und erst wieder um den Kern gefügt, nachdem die Eisenstärke entfernt worden ist. Der sich dadurch bildende hohle Raum empfängt das flüssige Eisen, gegen dessen Druck durch umgelegte Bänder und Ketten und durch Einstampfen in die Dammgrube der Mantel geschützt werden muß. Lehmformen, welche Rotationskörper sind, werden mit Schablonen, Drehbrettern hergestellt. Man dreht dabei entweder letztere, oder stellt sie fest und dreht die Form, zu welchem Zweck einige einfache Vorrichtungen nötig sind. Eine Spezialität der Eisengießereien bildet jetzt der Röhrenguß, bei dem sämtliche Formmethoden zur Anwendung kommen. Dahin gehört das Einformen in vertikaler Lage, die Vorrichtung, um das Modell in vertikaler Lage herauszuziehen, das Trocknen der Form durch hindurchstreichende Feuergase (oder auch erhitzte Luft) in vertikaler Lage, um den Abguß in gleicher Lage zu bewirken, ohne während dieser Manipulationen die vor dem Einformen zusammengedübelten Formkastenhälften lösen oder von ihrem Platz entfernen zu müssen. Diese Formweise bietet erhebliche Vorteile, sie ist zeitersparend und gewährt infolge der vertikalen Stellung des Kerns ab-^[folgende Seite]