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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Emanzipieren; Emathia; Emathiden; Emathion; Emazerieren; Emba; Embach; Embak-Vergisi; Emballage; Embargo

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Emanzipieren - Embargo.

väterliche Gewalt Verbundenen, der Agnaten, und aus der väterlichen Gewalt selbst heraustrat. Diese umständliche Form der E. kam jedoch mehr und mehr außer Geltung, seitdem durch Kaiser Anastasius die E. durch kaiserliches Reskript gestattet wurde (emancipatio Anastasiana). Justinian endlich erklärte die E. durch Entlassungserklärung des Hausvaters unter Zustimmung des Hauskindes vor Gericht für zulässig (emancipatio Justinianea). Dem deutschen Rechtsleben war jene römische Sitte völlig fremd: der Haussohn tritt hier, namentlich in den Ländern sächsischen Rechts (emancipatio saxonica), durch Anlegung eines selbständigen Haushalts (separata oeconomia), die Haustochter durch Verheiratung aus der Schutzgewalt des Hausvaters. Die neuern Zivilgesetzgebungen haben das deutsch-rechtliche System mit dem des neuern römischen Rechts zu verschmelzen gesucht; so z. B. das allgemeine preußische Landrecht (Teil I, 2, § 210 ff.), wonach die väterliche Schutzgewalt bei einem großjährigen Sohn durch abgesonderte Wirtschaft, Betreibung eines öffentlichen Gewerbes oder Bekleidung eines öffentlichen Amtes, bei einem minderjährigen durch Gestattung eines Gewerbebetriebs oder, wofern er das 20. Lebensjahr zurückgelegt, durch ausdrückliche Erklärung des Hausvaters vor Gericht unter Zustimmung des Sohns und bei einer großjährigen Tochter durch Verheiratung ihr Ende erreicht. In der neuern Zeit hat man das Wort E. auch auf ganz andre Verhältnisse übertragen und darunter im allgemeinen Entlassung, Befreiung aus einem beschränkten, abhängigen Zustand verstanden. So kamen in der neuern Zeit zur Sprache: E. des Fleisches oder die Befreiung der sinnlichen, auf Befriedigung durch materielle Genüsse gerichteten Begierden von den Schranken, welche ihnen auf der einen Seite Sitte und Religion, auf der andern soziale Verhältnisse entgegenstellen; E. der Frauen oder die Befreiung des weiblichen Geschlechts von den Beschränkungen, mit welchen es natürliche und soziale Verhältnisse umgeben, daher man von emanzipierten Frauen dann zu sprechen pflegt, wenn sich dieselben in auffallender Weise geflissentlich über jene Schranken hinwegsetzen; E. der Schule oder die Befreiung derselben, besonders der Volksschule, aus der abhängigen und untergeordneten Stellung zur Kirche; E. der Juden oder die Versetzung derselben aus dem frühern Zustand der Rechtlosigkeit oder Rechtsbeschränkung in den des vollen Rechtsgenusses und Gleichstellung derselben mit den übrigen Staatsbürgern. Wichtig ist vornehmlich die E. der Katholiken in Großbritannien und Irland oder die Befreiung der katholischen Bewohner Großbritanniens und Irlands von den Rechtsbeschränkungen, denen sie ihres Glaubens wegen unterworfen waren, welche folgenreiche Maßregel durch die Parlamentsakte vom 13. April 1829 ins Leben trat.

Emanzipieren (lat.), freigeben, unabhängig machen; zur Gleich- und Vollberechtigung erheben. Vgl. Emanzipation.

Emathia ("Küstenebene"), Landschaft im alten Makedonien, das flache Alluvialland zwischen Axios (jetzt Wardar) und Haliakmon (Karasu), der Ursitz des makedonischen Königtums, mit den Städten Beröa (jetzt Veria), Ägä (später Edessa, heute Wodena), Kition etc.

Emathiden, s. Piëriden.

Emathion, in der griech. Mythologie Sohn der Eos und des Tithonos, Bruder des Memnon, den er der Herrschaft über die Äthiopen beraubte; ward von Herakles auf dem Zug nach den Äpfeln der Hesperiden getötet.

Emazerieren (lat.), ausmergeln, abmagern; Emazeration, Ausmergelung, Abmagerung.

Emba (russ. Jemba), ein an Fischen reicher Fluß im asiatisch-russ. Gouvernement Orenburg, entspringt auf dem Westabhang des Landrückens Mugodschar in drei Hauptquellen, hat einen trägen Lauf, besonders in der Steppe, ist zwischen 50 und 100 m breit, empfängt mehrere kleinere Flüsse und fällt nach einem etwa 700 km langen Lauf in den Embinski-Liman des Kaspischen Meers, hier ein Delta bildend. Der Ausfluß der E. ist zu mehreren schmalen Wasserrinnen ausgetrocknet; zeitweise verschwinden auch diese, so daß die Fische zur Laichzeit nicht mehr hinaufgehen können. Die Ufer der E. sind von Kasak (Kirgisen) bewohnt; am obern Lauf das Fort Embinsk, welches bei dem Kriege gegen Chiwa 1873 Sammelpunkt des Orenburger Korps war.

Embach, Fluß im russ. Gouvernement Livland, entsteht aus verschiedenen Bächen im Dorpatschen und im Werroschen Kreis, verstärkt sich durch den Fluß Paddel und mündet in den Wirzjärwsee (s. d.), aus welchem er als Großer E. wieder heraustritt. Er durchströmt die Stadt Dorpat, ist von hier an selbst für größere Schiffe fahrbar und mündet in den Peipussee. Er ist fischreich. Unter seinen Nebenflüssen sind die Wassula und die Elwa oder Ullila hervorzuheben. Die Länge des Flusses beträgt einschließlich seines Laufs durch den Wirzjärw 260 km.

Embak-Vergisi, die Steuer, welche in der Türkei vom Grund und Boden erhoben wird.

Emballage (franz., spr. angbalahsch), Umschlag, Hülle, in welche zu versendende Waren gepackt werden; in kaufmännischen Rechnungen auch der Kostenbetrag des Packmaterials und des Packens; emballieren, einballen, packen; Emballeur, Ballenbinder, Packer.

Embargo (span. embargar), die Beschlagnahme eines Schiffs nebst Ladung, um das Auslaufen desselben aus dem Hafen, in welchem es sich befindet, zu verhindern. Je nachdem diese Maßregel gegen die eignen Unterthanen oder gegen die Angehörigen eines fremden Staats und deren Schiffe zur Anwendung gebracht wird, unterscheidet man zwischen zivilem oder staatsrechtlichem E. und dem internationalen oder völkerrechtlichen E., welch letzteres auch als E. im engern Sinn oder als E. schlechthin bezeichnet wird. Das zivile E. wird als ein Ausfluß des sogen. Staatsnotrechts, dem sich die Privatinteressen der Unterthanen unterordnen müssen, namentlich dann zur Anwendung gebracht, wenn die Ausfuhr gewisser Artikel im staatlichen Interesse und aus Gründen der Wirtschaftspolitik verhindert werden soll. Das internationale E. dagegen kommt einmal als Repressalie den Angehörigen und den Schiffen eines andern Staats gegenüber vor, der zuvor gegen den betreffenden Staat von dem E. Gebrauch gemacht oder sonstige schädliche Maßregeln gegen denselben in Vollzug gesetzt hatte. Außerdem stellt sich das E. als eine Sicherheitsmaßregel bei eingetretenem oder doch bevorstehendem Kriegszustand dar. Bricht im letztern Fall der Krieg zwischen den beteiligten Mächten nicht aus, so werden die mit Beschlag belegten Schiffe samt Mannschaft und Ladung freigegeben, während im umgekehrten Fall die vorläufige Beschlagnahme sich in eine Aneignung umwandelt, da nach Kriegsrecht das feindliche Gut zur See als gute Prise (s. d.) gilt. Da jedoch neuerdings der Grundsatz der Unverletzlichkeit des Privateigentums im Krieg mehr und mehr zur Geltung kommt, so erscheint auch jenes Prisenrecht als unhaltbar; die neuern Völkerrechtslehrer verdammen es, und auch die Praxis hat es