Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Eulenburg; Eulendukaten; Eulengebirge; Eulenkopf; Eulenspiegel

909

Eulenburg - Eulenspiegel.

marschall und Oberburggraf von Preußen. Er präsidierte 1855-58 dem Abgeordnetenhaus und war seit 1864 Mitglied des Herrenhauses, seit 1867 auch im deutschen Reichstag thätig. Im September 1874 wurde er zum Präsidenten der Staatsschuldenverwaltung ernannt und starb 17. April 1879.

2) Friedrich Albrecht, Graf von, preuß. Minister, Vetter des vorigen, geb. 25. Juni 1815, war als Referendar und Assessor in der Verwaltung, seit 1849 als Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern thätig, trat dann in den diplomatischen Dienst über und ward 1852 preußischer Generalkonsul in Antwerpen. Im August 1859 begleitete er die ostasiatische Expedition als bevollmächtigter Minister bei den Höfen von China, Japan und Siam. Es gelang ihm, Freundschafts- und Handelsverträge abzuschließen mit Japan (24. Jan. 1861) und China (2. Sept. 1861). Nach Europa zurückgekehrt, übernahm er 8. Dez. 1862 im Ministerium Bismarck das Ministerium des Innern, das er inmitten des Wechsels der Zeiten und trotz vieler Anfeindungen 15 Jahre behauptete. E. war in den Konfliktsjahren eine feste Stütze für Bismarck, durch sein brüskes und provokatorisches Auftreten hingegen bei den Abgeordneten wenig beliebt. Der König belohnte ihn für sein treues Aushalten durch Ernennung zum Domherrn von Brandenburg. Nach 1866 hielt die öffentliche Meinung ihn anfangs für einen Gegner der jetzt von Bismarck befürworteten Reformpolitik, jedoch irrtümlich. E. widmete sich mit Eifer der Einordnung der 1866 annektierten Länder in das preußische Verwaltungssystem und begann auch 1872 die seit langem geforderte Verwaltungsreform, von der die Kreis- und Provinzialordnung für die östlichen Provinzen, das Gesetz über die Verwaltungsgerichte, die Dotation der Provinzen und das Kompetenzgesetz zur Ausführung kamen. Allerdings machte E. wiederholt Versuche, sich von dem Einfluß der liberalen Majorität zu emanzipieren; auch ließ er sich zu den Reformen mehr drängen, als daß er selbst die Initiative ergriffen hätte. Aber er hielt an dem von ihm gegebenen Versprechen, die Reform durch eine Städte- und Gemeindeordnung zu vervollständigen und sie auch auf die westlichen Provinzen auszudehnen, fest, und als Bismarck dem seine Zustimmung versagte, forderte er seine Entlassung, die er 30. März 1878 erhielt. Er starb 2. Juni 1881 in Schöneberg bei Berlin. Vgl. die Sammlung seiner Reden: "Zehn Jahre innerer Politik 1862 bis 1872" (Berl. 1872).

3) Botho, Graf, preuß. Minister, geb. 31. Juli 1831 als Sohn von E. 1), studierte die Rechte, ward Landrat in Deutsch-Krone und war 1865-70 Vertreter dieses Kreises im Abgeordnetenhaus und 1867 im norddeutschen Reichstag, wo er zur konservativen Partei gehörte und sich durch seine gewinnende Liebenswürdigkeit die Achtung aller Parteien erwarb, so daß er in einer Session auch zum zweiten Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses erwählt wurde. Vom Grafen Friedrich Eulenburg als Hilfsarbeiter ins Ministerium des Innern berufen, ward er bald vortragender Rat, 1872 Regierungspräsident in Wiesbaden, 1875 Bezirkspräsident in Metz, 1876 Oberpräsident in Hannover und als Nachfolger seines Vetters 31. März 1878 Minister des Innern. Seine erste Leistung war die Ausarbeitung und Verteidigung des Sozialistengesetzes im Reichstag im Oktober 1878, welchem dann die Fortführung der Verwaltungsreform folgte. Da E. hierbei mit dem Fürsten Bismarck in Konflikt geriet, nahm er im Februar 1881 seine Entlassung als Minister und wurde nicht lange darauf zum Oberpräsidenten der Provinz Hessen-Nassau ernannt.

Eulenburg, Albert, Mediziner, geb. 10. Aug. 1840 zu Berlin, studierte seit 1857 Medizin in Bonn und Berlin, fungierte fast vier Jahre als Assistenzarzt am Universitätskrankenhaus in Greifswald, habilitierte sich während dieser Zeit und schrieb "Die hypodermatische Injektion der Arzneimittel" (Berl. 1865, 3. Aufl. 1875), welches Werk zur Ausbildung dieser Methode wesentlich beitrug. An den Kriegen von 1864, 1866 und 1870 nahm E. als Arzt thätigen Anteil; 1866 siedelte er nach Berlin über und widmete sich hier als Privatdozent und in der Folge als Assistenzarzt der medizinischen Universitätspoliklinik wesentlich dem Studium der Nervenkrankheiten, die er sowohl auf dem Weg experimentalpathologischer Forschung als klinischer Beobachtung zu fördern bemüht war. Außer der durch Griesinger angeregten "Pathologie des Sympathicus" (mit Guttmann, Berl. 1873) erschien als Frucht dieser Studien sein "Lehrbuch der funktionalen Nervenkrankheiten" (das. 1871; in 2. Auflage als "Lehrbuch der Nervenkrankheiten", das. 1878). Als der Grundzug dieses Werkes darf die angestrebte innige Verbindung von Nervenphysiologie und Nervenpathologie, die Begründung der letztern auf experimenteller Forschung und klinischer Beobachtung gelten. Seine Untersuchungen auf pharmakologischem Gebiet bewirkten 1874 seine Berufung als Professor der Arzneimittellehre und Direktor des pharmakologischen Instituts nach Greifswald, von wo er 1882 nach Berlin zurückkehrte, um sich ausschließlich der Praxis und wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der Nervenkrankheiten zu widmen. Hier gab er heraus: "Realencyklopädie der gesamten Heilkunde" (Wien 1880-83, 13 Bde.; 2. Aufl. 1884 ff.); "Die hydroelektrischen Bäder" (das. 1883).

Eulendukaten, s. Eule (Stadt).

Eulengebirge, ein Glied des Glatzer Gebirgssystems innerhalb der Sudeten, zwischen der Glatzer Neiße und der obern Weistritz, die Fortsetzung des Reichensteiner Gebirges, bildet einen schmalen, steil ansteigenden, meist stark bewaldeten Rücken von etwa 650 m Höhe mit mehreren Gipfeln. Der höchste derselben ist die Hohe Eule (1000 m hoch) bei Wüstewaltersdorf im NW., ein langgestreckter Vorsprung von der Gestalt eines ungeheuern Grabhügels, der gegen W. steil und kurz abfällt und nur auf der Nordseite unbewaldet ist. Andre Gipfel sind: der Sonnenstein (965 m), der Otterstein (871 m), die Hahnenkoppe bei Silberberg (739 m).

Eulenkopf, s. v. w. Dickfuß, s. auch Schnepfe.

Eulenspiegel, Till, bekannter deutscher Schalksnarr, zu Kneitlingen bei Schöppenstädt im Braunschweigischen gegen Ende des 13. Jahrh. geboren, zog, von früher Jugend auf lose Streiche spielend, in der Welt umher, erst im Niedersächsischen und Westfälischen, dann auch in Italien und in Polen, wo er mit dem Hofnarren des Königs Kasimir d. Gr. einen Wettstreit hatte. Er starb 1350 in Mölln unfern Lübeck, wo noch heute unter einer Linde sein Leichenstein mit einem Spiegel und einer Eule zu sehen ist. Da man aber auch zu Damme in Belgien einen Leichenstein mit Eulenspiegels Namen fand, worauf 1301 als sein Todesjahr angegeben ist, so kam man auf die Vermutung, daß E. eine fingierte Person sei. Indessen macht eine Stelle in der Hettlingschen Sassenchronik (1455 geschrieben) mehr als wahrscheinlich, daß der berühmte Schalksnarr dieses Namens wirklich 1350 in Mölln an der Pest starb, während der in Damme verstorbene vielleicht der Vater desselben