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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Falkenau; Falkenberg

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Falkenau - Falkenberg.

an den Flügeln beschnittene Taube, später ohne Faden frei auf eine ungestutzte Taube stoßen ließ. War er so weit gebracht, daß er durch vorgehaltenes Fleisch oder durch die an eine Schnur gebundenen Flügel einer weißen Taube (Federspiel), unter dem Ruf "Hilo" angelockt, mit dem gefangenen Vogel auf die Faust gestrichen kam, so war er zur Jagd fertig abgerichtet (abgetragen).

Die Falkenjagd (Beizjagd) hatte deshalb einen besondern Reiz, weil die Damen sich daran mit Vorliebe beteiligten. Der Vogel, welcher vorzugsweise gern gebeizt wurde, und der deshalb auch zur hohen Jagd gehörte, war der Reiher. Die berittene Jagdgesellschaft ließ durch Stöberhunde Weiher und Gewässer mit Röhricht absuchen. Wenn diese einen Reiher aufthaten, wurde dem Jagdfalken die Kappe abgehoben, und sobald er die Beute gewahrte, ward er von der Faust auf dieselbe geworfen. Der Reiher suchte nun dem Falken dadurch zu entgehen, daß er sich schraubenförmig immer höher erhob, damit ihn der Falke nicht übersteigen könne. Gelang dies dem letztern, so stieß er auf den Reiher und brachte ihn zu Boden. Öfters glückte es auch diesem, den herabschießenden Falken auf den ihm entgegengestreckten Schnabel zu spießen. Dem gebeizten Reiher pflegte man wohl um den rechten Ständer (Fuß) ein Silberplättchen zu legen, auf welchem Tag und Ort des Fanges eingraviert waren. Außerdem wurden auch andre Vögel, namentlich Fasanen, Rebhühner etc., gebeizt. Die Jäger, welche das Abtragen und die Wartung der F. zu besorgen hatten, hießen Falkeniere. Sie trugen ihre mit der Kappe bedeckten Beizvögel auf einem etwa 1½ m langen, 1 m breiten, leichten hölzernen Rahmen, an welchem diese angefesselt waren (der Falkentrage), und führten am Gürtel das Federspiel. Die Falkenjagd währte vom Dezember bis Juni. Ein gewöhnlicher Falke diente kaum drei Jahre. Schon um 400 v. Chr. richteten die Inder F. ab. 75 n. Chr. jagten die Thraker mit F. Der Sohn des römischen Kaisers Avitus soll die Falkenbeize in Rom eingeführt haben, von wo sie sich schnell weiter verbreitete. Karl d. Gr. regelte die Falkenjagd durch Gesetze und verbot sie allen Unfreien. Der deutsche Kaiser Friedrich I. richtete selbst F. ab, und Friedrich II. war der geschickteste Falkenier seiner Zeit und schrieb darüber ein lateinisches Buch ("De arte venandi cum avibus", Augsb. 1596; mit andern Schriften hrsg. von Schneider, Leipz. 1788), welches von seinem Sohn, dem König Manfred, mit Anmerkungen versehen wurde. Um 1270 schrieb Demetrius, wahrscheinlich Arzt des griechischen Kaisers Michael Paläologos, ein Buch über die Falknerei (Par. 1612). Als in Frankreich die Geistlichen ihren Beruf über der Falkenjagd gar zu arg vernachlässigten und ihnen dieselbe von Konzilen verboten wurde, behaupteten doch die Barone ihr Recht, ihre F. während des Gottesdienstes auf den Altar zu setzen. Franz I. von Frankreich, unter welchem die Falkenjagd ihre Glanzperiode feierte, hatte einen Oberfalkenmeister, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkeniere standen; die Zahl seiner F. betrug 300. In Preußen errichtete der Hochmeister Konrad von Jungingen 1396 beim Ordenshaus eine eigne Falkenschule. Die besten Falkeniere wurden in dem Dorfe Falkenwerth in Flandern gebildet; sie holten die Vögel aus Norwegen und Island, früher auch aus Pommern, fingen auch viele F. in der Umgegend, behielten aber von den gefangenen meist nur die nicht über zwei Jahre alten Weibchen. Im 18. Jahrh. kam die Falkenbeize allmählich aus der Mode, und nur noch in England zu Bedford, und zu Didlington Hall in der Grafschaft Norfolk hat sie sich bis in die neueste Zeit erhalten. Auch im Loo, einem Landgut des Königs von Holland, wurde bis 1853 mit F. gejagt. Am großartigsten ist die Falkenjagd von jeher in Mittelasien getrieben worden, und Marco Polo erzählt von 10,000 Falkenieren und Vogelstellern, welche ein Chan von Chiwa mit auf die Jagd nahm. Ebenso erzählt Tavernier von den zahlreichen F. des Königs von Persien, welche auch auf wilde Schweine, wilde Esel, Antilopen, Füchse dressiert waren. Auch neuere Reisende fanden in Persien, Chiwa, bei Baschkiren und Kirgisen überall abgerichtete F., ebenso jagen die Inder und die Beduinen der Sahara noch heute mit F. Vgl. Salvin und Brodrick, Falconry in the British isles (2. Aufl., Lond. 1873); Freeman und Salvin, Falconry, its claims, history etc. (das. 1859); Magaud d'Aubusson, La fauconnerie (Par. 1879); Schlegel und Verster van Wulverhorst, Traité de fauconnerie (Leiden 1845-53); Faichtinger, Geschichte der Falkenjagd (Leipz. 1878).

Falkenau, 1) Stadt im nordwestlichen Böhmen, rechts an der Eger und an der Eisenbahn von Prag nach Eger, von welcher hier eine Zweigbahn nach Graslitz führt, besteht aus der eigentlichen Stadt und einer Vorstadt, hat eine Erzdechanteikirche, ein Kapuzinerkloster (seit 1663), ein großes Schloß, (1880) 4144 Einw., Buchdruckerei, Kaffeesurrogat- und Kartonagenfabrikation und ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts, eines Revierbergamts und eines Berg- und hüttenmännischen Vereins. In der Umgebung Glashütten, Bergbau- und Hüttenunternehmungen (Braunkohlenförderung im Falkenauer Becken 1884: 5,09 Mill. metr. Ztr., außerdem Gewinnung von Schwefel, Eisenvitriol, Alaun) und Fabrikation mineralisch-chemischer Produkte. Vgl. Pelleter, Denkwürdigkeiten der Stadt F. (Falkenau 1876-82, 2 Tle.). - 2) Flecken in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Böhmisch-Leipa, Bezirk Haida, an der Eisenbahnlinie Bodenbach-Tannenberg, mit (1880) 618 Einw., bemerkenswert als eine der ältesten Stätten der böhmischen Glasindustrie.

Falkenberg, 1) Marktflecken im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Tirschenreuth, in einem wildromantischen Thal, an der Waldnab, hat eine hübsche Pfarrkirche, eine Mineralquelle (Sauerbrunnen), eine großartige Schloßruine auf einem Felsen, Leinweberei, Garnhandel und (1885) 734 kath. Einwohner. Das Schloß F. kommt schon im 12. Jahrh. vor und gehörte früher den Landgrafen von Leuchtenberg. -

2) Burgruine im Fürstentum Lippe, bei Horn, auf einem spitzig sich erhebenden Berg, ehemals ein festes Schloß. Schon zu den Zeiten der Römer stand der Sage nach hier eine feste Burg, die, von den Landeseinwohnern zum Schutz gegen die römische Festung Aliso (s. d.) erbaut, später zerstört ward. Die lippeschen Grafen Bernhard III. und Simon I. ließen sie 1236 neu aufbauen. Graf Bernhard VI. hielt hier im 15. Jahrh. den Herzog Heinrich von Lüneburg gefangen, der nach seiner Freilassung vergeblich den Versuch machte, die Feste F. zu erobern. Bald darauf brannte die Burg ab und wurde nicht wieder aufgebaut. -

3) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, am Steinauer Wasser, südwestlich von Oppeln, hat ein Amtsgericht, eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Schloß, ein Johanniterkrankenhaus und (1885) 1940 meist kath. Einwohner. -

4) (früher franz. Faulquemont) Stadt im deutschen Bezirk Lothringen, Kreis Bolchen, an der Nied und der Eisenbahn von Metz nach Forbach, hat ein