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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fanagoria; Fanal; Fanam; Fanar; Fanarioten; Fanatismus; Fanchon; Fancy; Fandángo

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Fanagoria - Fandango.

unterscheidet zwei Hauptgruppen: die Make-F., die am Fluß Ofuë und am linken Ufer des Ogowe nördlich von dem Okandeland wohnen, und die Mbele-F., die am Gabun, Rembo und Como seßhaft sind. Beide Gruppen teilen sich wieder in zahlreiche Familien, von denen jede in mehreren Dörfern wohnt. Die F. (s. Tafel "Afrikanische Völker", Fig. 9) sind große, kräftige Leute von eigentümlicher, kegelförmiger Schädelbildung heller, mehr bräunlicher Farbe, welche das Haar in Zöpfe flechten, die Zähne feilen und schwarz färben, das Gesicht mit roten Narben tättowieren und bis auf einen kurzen Lendenschurz unbekleidet einhergehen. Alle Reisenden rühmen die Intelligenz und Kunstfertigkeit der F., welche es, ohne die Drehschreibe ^[richtig: Drehscheibe] zu kennen, in der Töpferei, Flechterei und Eisenbearbeitung ziemlich weit gebracht haben. Namentlich in der Schmiedekunst, die sie besonders bei der Anfertigung von Waffen bethätigen, übertreffen die F. viele Bewohner Afrikas. In moralischer Beziehung scheinen die F., die auch gute Jäger, Schützen und Musiker sind, höher zu stehen als die Küstenbewohner, huldigen aber dem Kannibalismus in ähnlicher Weise wie die Niam-Niam und Monbuttu. Lenz ist der Ansicht, daß, da auch Stanley am mittlern Congo Kannibalen fand, im äquatorialen Teil Afrikas zwischen dem Gleicher und 5.° nördl. Br. eine Zone von Kannibalenstämmen existiere, deren östliches Ende von Schweinfurth besucht wurde, während die F. das westliche Ende derselben bilden. Vgl. Du Chaillu, Explorations and adventures in Equatorial Africa (Lond. 1861); Compiègne, L'Afrique équatoriale (Par. 1875, 2 Bde.); Lenz, Skizzen aus Westafrika (Berl. 1878).

Fanagoria, jetzt unbedeutender Ort mit einer Feste auf der zur russischen Statthalterschaft Kaukasien gehörigen Halbinsel Taman, an der Straße von Kertsch, wurde angeblich auf den Trümmern des alten Phanagoria (s. d.), der spätern Hauptstadt des bosporanischen Reichs, erbaut und war im 11. Jahrh. Residenz russischer Fürsten sowie seit 1349 Sitz eines katholischen Erzbischofs. Zur Zeit des Handels der Venezianer und Genuesen nach jenen Gegenden befand sich der Ort in blühendem Zustand; unter der Türkenherrschaft geriet er in Verfall. In der Umgegend finden sich zahlreiche Kurgane und Mohillen, altertümliche Grabhügel sowie Schlammvulkane (Döbe).

Fanal (ital. fanale, mittellat. fanarium, arab. fanâr), Schiffslaterne, Leuchtturm (s. d.); dann Vorrichtung zur schnellen Verbreitung von Nachrichten und Befehlen an Truppen, die auf weitere Strecken verteilt sind. Solche Fanale sind hohe, mit in Teer, Pech u. dgl. getränktem Stroh und Reisig umwundene Stangen oder mit ähnlichen brennbaren Stoffen gefüllte Tonnen, die auf hohen Stangen an weithin sichtbaren Punkten aufgestellt werden (Lärmstangen). Sie dienen bei Nacht als Leucht-, bei Tag als Rauchsignale. Vgl. Fanar.

Fanam (Fanon, Fanum), ostind. Münze. In Britisch-Ostindien (Paunchea) Goldmünze = ⅓ Mohur = 5 Silberrupien, 3,8879 g schwer, mit 916,66 Feingehalt = 9,9434 Mk. Auch kamen und kommen kleine Scheidemünzen unter dem Namen F. vor. Im französischen Ostindien Goldrechnungsstufe = ⅛ Ponditscherri-Rupie = 30 Centimes = 24 Pfennig; wurde früher als Silbermünze ausgeprägt. Als Gold- und Silbergewicht ist F. in Kochinchina = 0,3756 g.

Fanar (Fanal), eins der Reviere (Mahalles) von Konstantinopel, am Hafen, von dem herein das Fener-Kapussi (Fanarthor) führt, im nordwestlichen Winkel der Stadt, nach dem dort stehenden Fanal oder Leuchtturm benannt. Der F. ist meist von Griechen (Fanarioten) bewohnt, besonders von den altadligen Familien, die ihren Ursprung auf die Kaiserzeit zurückführen, wie die Maurokordato, Monesi, Ypsilanti etc. Als unter Mohammed II. der griechische Patriarch sich im F. bei einer ihm angewiesenen ärmlichen Kirche St. Georg ein Haus baute, siedelten sich die Reste der alten griechischen Aristokratie hier an. Die Familienhäupter nannten sich Fürsten, ihre Gemahlinnen führten den Titel Domna und ihre Töchter Domnizza. Bei dem Mißtrauen der Pforte war es ihnen lange unmöglich, politischen Einfluß zu erlangen, bis es endlich seit 1669 üblich wurde, die Dragomane der Pforte aus den Fanarioten zu wählen, wodurch sich ihrem diplomatischen Wirken eine weite Bahn öffnete. Noch Größeres erlangten sie im 18. Jahrh., indem seit 1731 die Hospodare der Moldau und Walachei aus den genannten adligen Häusern genommen wurden. Andre fanariotische Familien kamen durch großartige Geldgeschäfte in die Höhe. Der Aufstand der Griechen (1821) wurde von den Fanarioten nicht eben mit Begeisterung begrüßt; dennoch mußten sie auf das schrecklichste büßen, und manche Geschlechter der Fanarioten wurden fast ganz ausgerottet. Vgl. Zallony, Essai sur les Fanariotes (2. Aufl., Mars. 1830).

Fanarioten, s. Fanar.

Fanatismus (v. lat. fanum, Tempel, als Stätte göttlicher Offenbarungen), diejenige Art Schwärmerei (s. d.), deren wesentliche Merkmale sind: schwärmerische Vorstellungen oder Einbildungen, die für unbedingt wahr, ja für Eingebungen eines höhern Geistes gehalten werden; dann die Übermacht eines dunkeln Gefühls, woraus oft eine fixe Idee entsteht, die das ganze geistige, durch die Phantasie angeregte Wesen so beherrscht, daß sie keine Auffassung im klaren Zusammenhang mit andern gleich oder höher berechtigten Ideen zuläßt und sich ausschließend, feindselig und verfolgungssüchtig gegen alles stellt, was nicht mit ihr zu harmonieren scheint. Dieser F. findet sich auf allen Gebieten des Geistes und des Gesamtlebens menschlicher Gemeinschaft, gelangt aber am meisten zur Geltung auf dem Gebiet des politischen und religiösen Lebens, wo er sich in den Dienst der entgegengesetztesten Richtungen stellt. Dem F. gegenüber steht der Indifferentismus (s. d.), in der Mitte zwischen beiden die Toleranz (s. d.). Fanatiker, ein von F. erfüllter Mensch, schwärmerischer Eiferer, besonders religiöser; fanatisch, in der Weise eines Fanatikers, meinungs- oder glaubenswütig; fanatisieren, in F. versetzen.

Fanchon (spr. fangschóng, franz. Diminutiv von Françoise), Fränzchen, Mädchenname; danach benannt ist eine leichte Kopfbedeckung für Frauen, auch ein Gesellschaftsspiel.

Fancy (engl., spr. fännssi, Mehrzahl Fancies), Phantasie, Laune, Geschmacks-, Modesache; Fancyartikel, Modewaren; F. fair, Modewarenmarkt, insbesondere ein zu mildthätigen Zwecken veranstalteter Markt von allerlei durch freiwillige Beisteuer zusammengebrachten Verkaufsgegenständen; F.-net, gemusterter Spitzengrund.

Fandángo, andalus. Nationaltanz, ursprünglich in 6/8-Takt und mäßiger Bewegung, mit Begleitung von Guitarre und Kastagnetten; in neuerer Zeit auch im ¾-Takt mit dem Kastagnettenrhythmus (wie beistehend), wodurch er mit dem Bolero und der Seguidilla identisch geworden ist. ^[img]