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Fausta - Faustbügel.
Unter den spätern Bearbeitern der Faustsage tritt uns zunächst Lessing entgegen, der das Volksstück wahrscheinlich in Berlin kennen gelernt hatte und es für die regelmäßige Bühne zu gewinnen beschloß; leider sind von seinem "F.", zu dem er um 1759 zwei Pläne entworfen, nur einzelne Szenen vorhanden. Nach Lessing und noch vor Goethe (wenigstens vor der Publikation des ersten Fragments seiner in den ersten 70er Jahren begonnenen Faustdichtung) verarbeitete ein Wiener, P. Weidmann, den Stoff zu einem elenden "allegorischen" Drama: "Johann F." (Münch. 1775; Neudruck, Oldenb. 1877), mit Einheit der Zeit und des Ortes, worin er dem bösen Genius einen guten Geist, Ithuriel, gegenüberstellt, der endlich dem Sünder Gottes Barmherzigkeit verschafft. Fast gleichzeitig veröffentlichte Maler Müller Bruchstücke aus einem dramatisierten Leben Fausts: "Situation aus Fausts Leben" (Mannh. 1776) und "Fausts Leben" (das. 1778, unvollendet), während ein andrer Dramatiker der Geniezeit, Klinger, den Stoff nicht als Drama, sondern als Roman: "Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt" (Petersb. 1791), behandelte, worin F. mit dem Mainzer Buchdrucker Fust vermengt und durch eine Reihe eigner und fremder, bewußter und unbewußter Schandthaten der Hölle zugeführt wird. Auf Klinger folgten Julius Graf von Soden mit einem Volksschauspiel "F." (Augsb. 1797), in welchem F. als Tyrannenfeind und Patriot auftritt, sich tapfer gegen die aufrührerischen Bauern benimmt, schließlich aber doch vom Teufel geholt wird, und Friedrich Schink, ein leidenschaftlicher Antiromantiker, welcher sich in seinem "Johann F. Eine dramatische Phantasie" (Berl. 1804) der Auffassung Weidmanns anschloß. Eine neue, tief in das Bewußtsein des Volkes übergegangene Auffassung gewann dann die Faustsage durch die mächtige und tiefsinnige Dichtung Goethes, deren erster vollständiger Teil 1808 erschien, während der zweite erst nach des Dichters Tod 1832 ans Licht trat. Goethe hat in diesem seinem bedeutendsten Werk die Person des F. in eine höhere geistige Sphäre gerückt und die Tragödie des alten Magiers zur Tragödie des strebenden Menschengeistes und des Menschenschicksals überhaupt gemacht; wie schon Lessing wollte, läßt er den nach Erkenntnis und Wahrheit Ringenden nicht dem Bösen verfallen, sondern schließlich Rettung finden. Fast gleichzeitig mit dem Goetheschen "F." (1. Teil) erschien auf Grund des Klingerschen Romans eine klägliche "romantische Tragödie" gleichen Namens von Schöne (Berl. 1808), der später auch das Wagnis einer Fortsetzung von Goethes "F." (das. 1823) unternahm; ebenso erinnert Klingemanns "F.", ein geschickt hergestelltes und lange Zeit beliebtes Bühnenstück (Leipz. 1815), vorzugsweise an Klinger und das Volksschauspiel. Weiter sind anzuführen: das Trauerspiel "F." von Jul. v. Voß (Berl. 1824), wo der Held wieder identisch mit Fust, dem Miterfinder der Buchdruckerkunst, ist, und das Melodrama "F., der wunderthätige Magus des Nordens" von K. v. Holtei (Wiesb. 1832). Das Erscheinen des zweiten Teils von Goethes "F." hinderte nicht, daß noch andre Fortsetzungen hervortraten, die zum Teil Unglaubliches bieten, so von J. D. ^[Jakob Daniel] Hoffmann (Leipz. 1833), S. Moser (Weißenb. 1864), Adolf Müller (Leipz. 1869). Bei letzterm findet F. seine (nicht als Kind ertrunkene, sondern gerettete und inzwischen zur Jungfrau herangewachsene) Tochter, um sie zu verführen, und verfällt schließlich mit seinem Leibe der Hölle, während seine Seele zum Himmel eingeht (!). Auch Parodien auf den Goetheschen "F." erschienen, von denen hier Vischers "F., der Tragödie dritter Teil" (Stuttg. 1862, neue Bearbeitung 1886) genannt sei. Eine Gruppe andrer Dichter strebte selbständige philosophische Behandlung der Sage an, ohne diese Prätension rechtfertigen zu können, z. B. Braun v. Braunthal (Leipz. 1835), Marlow (F. Wolfram, das. 1839), Czilsky (Halle 1843), F. Stolte ("F., dramatisches Gedicht in vier Teilen", Leipz. 1860 u. 1869). Wirklich eigentümliche Motive weisen die Dichtungen von Grabbe ("Don Juan und F.", 1829) und H. Heine ("Doktor F., ein Tanzpoem", 1851) auf. Zu Operntexten wurde die Faustsage verarbeitet von Bernard (1814, komponiert von Spohr) und den Franzosen Barbier und Carré (1859, komponiert von Gounod). Endlich treten auch in epischer Form selbständige, zum Teil wertvolle Behandlungen hervor, aus deren Zahl wir L. Bechsteins "Faustus" (Leipz. 1833), N. Lenaus "F." (Stuttg. 1836), unter den nachgoetheschen Dichtungen jedenfalls die gediegenste, und Solitaires (W. Nürnbergers) "F." (Berl. 1842) hervorheben wollen. Schließlich sei auch noch an ein rätselhaftes Volkslied vom Dr. F. erinnert, das in "Des Knaben Wunderhorn" (Bd. 1) als fliegendes Blatt aus Köln mitgeteilt wird, und von dem sich Anklänge in mehreren Versionen des Volksstückes finden.
Vgl. Stieglitz, Abhandlung über Dr. F. (in Raumers "Historischem Taschenbuch" 1834); E. Sommer, F. (im 42. Teil der "Encyklopädie" von Ersch und Gruber, 1845); v. d. Hagen, F. (Berl. 1844); Düntzer, Die Sage vom Doktor F. (Stuttg. 1846); Peter, Die Litteratur der Faustsage (2. Aufl., Leipz. 1851; Zusätze 1857); Housse, Die Faustsage und der historische F. (Luxemb. 1862); Creizenach, Versuch einer Geschichte des Volksschauspiels vom Doktor F. (Halle 1878); Kuno Fischer, Goethes F. (Stuttg. 1878); Delius, Marlowes F. und seine Quelle (Bielef. 1881); Zahn, Cyprian von Antiochien und die deutsche Faustsage (Erlang. 1882); H. Grimm, Die Entstehung des Volksbuches vom Dr. F. (in "Fünfzehn Essays", 3. Folge). Eine "Zusammenstellung der Faustschriften" gibt K. Engel (Oldenb. 1885, 2714 Nummern enthaltend). Auch die bildende Kunst hat sich mannigfach mit Fausts Leben beschäftigt. Bekannt ist Rembrandts schön radiertes Blatt, F. darstellend in seinem Zimmer während einer Geistererscheinung. Noch älter sind die beiden Kupferstiche von Christoph von Sichem, welche F. und Mephistopheles und den Famulus Wagner nebst seinem Geist vorführen. Aus neuerer Zeit sind die Darstellungen zu Goethes F. von Cornelius, Retzsch, Seibertz, Kaulbach und Kreling weit verbreitet.
Fausta, Flavia Maxima, Tochter des Kaisers Maximianus, zweite Gemahlin Konstantins d. Gr. und als solche Mutter des Constans, Constantius und Konstantin. Ihr wird von einigen die Hinrichtung des Crispus, des Sohns Konstantins aus erster Ehe, schuld gegeben, zu der sie Konstantin durch das verleumderische Vorgeben bewogen haben soll, daß Crispus sie zum Ehebruch habe verlocken wollen. Sie selbst soll auf Anstiften der Kaiserin-Mutter Helena im heißen Bad erstickt worden sein.
Faustbüchse (Faustrohr, Fäustling), ein meist mit Radschloß versehenes kurzes Schießgewehr (Pistole), welches unter diesem Namen im 16. und 17. Jahrh. gebraucht und auch Puffer genannt wurde.
Faustbügel, an dem Ritterschwert des 16. Jahrh. ein von der Parierstange bis zum Knauf reichender Bügel, der zur Deckung der Hand diente. An die Stelle des einfachen Bügels traten später mehrere miteinander verschlungene, aus denen der Degen-^[folgende Seite]