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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Finanzwissenschaft; Finanzzölle; Finasserie; Finchley; Finck

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Finanzwissenschaft - Finck.

nur einmal fließen, zu unterscheiden. Die Einnahmequellen sind heute fast ausschließlich heimische. Ordentliche vom Ausland getragene Einnahmen kamen früher in Form von Tributen, Durchgangszöllen etc. vor, heute im wesentlichen nur dann, wenn es gelingt, Einfuhrzölle auf das Ausland abzuwälzen. Man teilte diese Quellen bislang meist ein in: Domänen, Regalien, Gebühren und Steuern. Da die Einnahmen aus Domänen sich nicht mit denjenigen decken, welche nicht öffentlich-rechtlicher Natur sind, die Einnahmen aus Regalien (einem ohnedies verschwommenen Begriff) ihrem Wesen nach teils zu den Gebühren, teils zu den Steuern gerechnet werden können, so pflegt man heute vielfach lediglich die Erwerbseinkünfte, auch Privaterwerb genannt (mit Zulassung, Beschränkung oder Ausschließung der freien Konkurrenz), den Gebühren und Steuern gegenüberzustellen. Im allgemeinen kann man unterscheiden:

1) Auf privatrechtlichem Titel beruhende, von Dritten ohne Entgelt bezogene Einnahmen. Dieselben sind heute in den meisten Staaten von keiner Bedeutung mehr.

2) Einnahmen aus gewerblicher Thätigkeit und Staatsvermögen. Dieselben tragen zum Teil einen privatwirtschaftlichen Charakter. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der Erwerb des Staats ganz unter dem Einfluß der freien Konkurrenz steht (echte Domanialeinnahmen). Die freie Konkurrenz kann aber auch durch Monopolisierung oder Regalisierung ausgeschlossen sein. Erfolgt die Monopolisierung lediglich im finanziellen Interesse, so ist die durch dieselbe bewirkte Mehreinnahme als Steuer zu betrachten; liegen ihr aber anderweite Rücksichten zu Grunde, ist die Einnahme Nebenzweck, so bildet, da hier staats- und privatwirtschaftlicher Charakter meist vermischt sind, die Einnahmequelle einen Übergang zu den

3) Vergütungen für echt staatswirtschaftliche Leistungen. Dieselben sind Gebühren, soweit sie die Kosten decken. Werden diese Leistungen als Mittel benutzt, um höhere Einnahmen zu erzielen, so gehört der Mehrbetrag zur folgenden Kategorie, nämlich zu den

4) Einnahmen aus Steuern. Hierzu kommen noch

5) verschiedene Einnahmen, welche sich den vorgenannten Kategorien nicht unterordnen lassen, wie Einnahmen aus Schenkungen, herrenlosen Sachen, Strafgeldern, Tributen etc.

Ebensowenig, wie es je eine scharfe Grenze zwischen staats- und privatwirtschaftlichem Gebiet gibt, lassen sich auch die verschiedenen Einnahmequellen des Staats streng voneinander scheiden. Der Versuch, eine nach allen Richtungen hin genügende Einteilung aufzustellen, wird deshalb immer fehlschlagen.

Die Frage der besten Organisation des Finanzwesens, ob z. B. eine allgemeine Zentralverwaltungsstelle vor mehreren speziellen Zentralstellen oder Direktionen für die einzelnen Hauptverwaltungszweige, ob das Kollegial- oder büreaukratische System den Vorzug verdiene, und welche Formen der Wechselwirkung zwischen den Finanzstellen unter sich und mit den übrigen Administrativbehörden festzusetzen seien etc.: dies alles hängt von den besondern Verhältnissen des betreffenden Staats, von seiner Größe, von dem Umfang seines Domänenbesitzes, von der Beschaffenheit seiner Haupteinnahmequellen und Ausgaben, im allgemeinen endlich, wegen der notwendigen Wechselwirkung zwischen dem F. und den übrigen Verwaltungszweigen, auch von der Organisation der letztern ab. Ein unumgängliches Erfordernis eignes guten finanziellen Staatshaushalts ist aber ein wohlgeregeltes Kassenwesen. Damit die zu verwendenden Gelder stets in Bereitschaft seien und eine klare Übersicht über sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Staats ermöglicht werde, muß eine General- oder Hauptkasse den gemeinschaftlichen Mittelpunkt sämtlicher Staatskassen bilden, so daß diese nur als Abzweigungen jener fungieren und die speziellen Rechnungen integrierende Bestandteile der allgemeinen oder Hauptrechnung sind. Die Notwendigkeit der Kontrolle macht die Errichtung eines für einen bestimmten Zeitraum (Finanzperiode) geltenden Finanzgesetzes (s. d.), eines Hauptfinanzplans und eines allgemeinen Voranschlags der in dem nächsten Finanz- oder Verwaltungszeitraum teils bestimmt, teils vermutlich zu erwartenden Staatseinnahmen und -Ausgaben (Budget, s. d.) erforderlich. Über die Finanzen der einzelnen Staaten geben die betreffenden Artikel Auskunft. -

Die erste ausführliche und methodische Abhandlung der Finanzwissenschaft in Deutschland ist Justis "System des Finanzwesens" (Halle 1766); aus der neuern Litteratur vgl. L. v. Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft (5. Aufl., Leipz. 1885-86, 2 Bde); Rau, Lehrbuch der politischen Ökonomie, Bd. 3; neuerlich durch ein selbständiges Werk von A. Wagner ersetzt, das. 1877-83, Bd. 1 u. 2); Malchus, Handbuch der Finanzwissenschaft u. Finanzverwaltung (Stuttg. 1830); Hoffmann, Die Lehre von den Steuern (Berl. 1840); v. Hock, Die öffentlichen Abgaben und Schulden (Stuttg. 1863); v. Kaufmann, Die Finanzen Frankreichs (Leipz. 1882); P. Leroy-Beaulieu, Traité de la science des finances (3. Aufl., Par. 1883); die einschlägigen Abteilungen in Schönbergs "Handbuch der politischen Ökonomie" (2. Aufl., Tübing. 1885-86); Léon Say, Dictionnaire des finances (Nancy 1883 ff.); "Finanzarchiv" (hrsg. von Schanz, Stuttg. 1884 ff.).

Finanzwissenschaft, s. Finanzwesen.

Finanzzölle, im Gegensatz zu den Schutzzöllen die Zölle, deren ausschließlicher Zweck es ist, der Staatskasse eine Einnahme abzuwerfen. Vgl. Zölle.

Finasserie (franz.), grober Kniff; Finasseur, Ränkemacher; finassieren, Kniffe gebrauchen.

Finchley (spr. finnschli), Vorstadt von London, in der engl. Grafschaft Middlesex, 12 km nördlich vom Hydepark, mit höherer Schule (Christ's College), Kloster, Hospital für Genesende und (1881) 11,190 Einw.

Finck, Friedrich August von, preuß. General, geb. 25. Nov. 1718 zu Strelitz, trat 1735 in österreichische, dann in russische und 1743 als Major in preußische Kriegsdienste. Friedrich d. Gr. ernannte ihn zu seinem Flügeladjutanten, 1755 zum Oberstleutnant, nach der Schlacht von Kolin zum Obersten, bald darauf zum Generalmajor und Anfang 1759 zum Generalleutnant. 1759 dem Prinzen Heinrich, welchem Friedrich die Verteidigung Sachsens zuwies, zur Unterstützung beigegeben, bewies F. so viel Umsicht und Thätigkeit, daß das österreichische Heer unter Dann durch das Gefecht bei Korbitz 21. Sept. zum Rückzug gezwungen ward. Friedrich befahl darauf F., mit seinem Korps in den Rücken von Daun bis Maxen vorzudringen, da er überzeugt war, daß Daun sich über diesen Punkt nach Böhmen zurückziehen werde. F. eilte sofort in das Hauptquartier des Königs und legte diesem seine Bedenken gegen diese Aufgabe dar, erhielt aber den gemessensten Befehl, sofort aufzubrechen. Er zog darauf 17. Nov. über Dippoldiswalde nach Maxen, ward aber hier am 20. von einer weit überlegenen Macht von allen Seiten angegriffen und mußte nach rühmlicher Gegenwehr 21. Nov. mit dem ganzen dem Blutbad entgangenen Rest seines Korps das Gewehr strecken. Deswegen ward er nach dem Hubertsburger Frieden von einem Kriegsgericht zu einjähriger Festungsstrafe und zur Kassation verurteilt, obwohl nach allgemeiner Überzeugung die Schuld seines Unfalls auf der Seite des Königs zu suchen war. Nach überstandener Strafzeit berief ihn 1764 der König