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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fixsterne

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Fixsterne (spektroskopische Klassifikation, Eigenbewegung).

kann man auch annehmen, daß die eine Seite bloß mit zahlreichern Flecken besetzt sei als die andre. Sind diese Flecke veränderlich, wie an unsrer Sonne, so kommt nur eine schwankende oder auch gar keine bestimmte Periode der Veränderlichkeit heraus, und das Maximum und Minimum ist nicht jedesmal dasselbe; eine genau innegehaltene Periode deutet hingegen auf konstante Flecke. Diese von mehreren Astronomen empfohlene Annahme erklärt zwar nicht alles, namentlich bleibt der Umstand unaufgeklärt, daß die Abnahme des Lichts vielfach merklich langsamer erfolgt als die Zunahme. Die zweite Annahme scheint bei Algol und einigen andern in der Neuzeit entdeckten veränderlichen Sternen der Wahrheit am nächsten zu kommen. Ist sie die richtige, so beobachten wir alle 69 Stunden eine Algolsverfinsterung, welche durch einen dunkeln Körper bewirkt wird, der etwa 8 Stunden braucht, um über die uns zugekehrte Seite Algols zu passieren. Diese Umlaufsbewegung müßte dann zugleich in einer Ebene erfolgen, welche ganz oder nahezu durch das Sonnensystem geht, weil wir außerdem die Bedeckung nicht wahrnehmen könnten. Dem Gesetz der Gravitation wäre es übrigens durchaus nicht widersprechend, wenn der leuchtende Körper selbst als der umlaufende, ein dunkler dagegen als der ruhende Zentralkörper angenommen würde. Die Lichtschwächung würde dann erfolgen, wenn sich Algol auf die von uns abgewendete Seite seines dunkeln Gebieters entfernte und sich dadurch unsern Augen teilweise entzöge. Was die Erscheinung der temporären Sterne betrifft, so handelt es sich bei ihnen vielleicht um eine plötzliche Licht und Wärmeentwickelung größten Maßstabes, möglicherweise durch den Zusammenstoß mehrerer Himmelskörper hervorgerufen, vielleicht auch nur um einen periodischen Lichtwechsel, dessen einzelne Phasen sich unsrer Beobachtung entziehen.

Spektroskopische Klassifikation der Fixsterne.

Die spektroskopische Untersuchung hat gezeigt, daß man trotz großer Mannigfaltigkeit der Spektren gewisse Klassen oder Typen von Sternen unterscheiden kann, und Secchi hat zuerst eine Einteilung in vier Typen aufgestellt. Dieselbe ist später von Vogel modifiziert worden, welcher drei Klassen mit Unterabteilungen in folgender Weise annahm:

Klasse I. Spektren mit äußerst zarten Metalllinien, Blau und Violett äußerst intensiv. a) Außerdem noch sehr breite und intensive Wasserstofflinien (so bei den weißen Sternen, bei Sirius, Wega); b) einzelne Metalllinien nur schwach angedeutet oder ganz fehlend, Wasserstofflinien fehlend (β, γ, δ, ε im Orion); c) die Wasserstofflinien und D3^[D_{3}] hell (β in der Lyra und γ in der Kassiopeia).

Klasse II. Spektren mit deutlichen Metalllinien, der brechbare Teil des Spektrums matter im Vergleich mit Klasse I, im weniger brechbaren Teil bisweilen schwache Banden. a) Sehr zahlreiche Metalllinien, besonders merklich im Gelb und Grün, Wasserstofflinien meist kräftig, aber nicht breit; in einigen Sternen sind die letztern schwach, dann im wenig brechbaren Teil Banden von zahlreichen dicht stehenden Linien (Capella, Arcturus, Aldebaran); b) außer dunkeln Linien und einigen schwachen Banden mehrere helle Linien (Τ in der Krone).

Klasse III. Spektren mit dunkeln Linien und zahlreichen Banden, die brechbarsten Teile auffallend schwach. a) Banden nach dem Violett dunkel und scharf begrenzt, nach dem Rot verwaschen (α im Herkules, α im Orion, β im Pegasus); b) Begrenzung der Banden umgekehrt wie bei a (schwache rote Sterne).

Eigenbewegung der Fixsterne.

Im vorhergehenden wurde schon einer fortschreitenden Bewegung der F. im Weltenraum gedacht. Dieselbe ist verschieden von der sogen. täglichen Bewegung, vermöge deren alle Himmelskörper innerhalb 24 Stunden in der Richtung von O. nach W. parallele. Kreise am Himmelsgewölbe beschreiben, bekanntlich eine von der Umdrehung der Erde verursachte optische Täuschung. Ebensowenig ist die fortschreitende Fixsternbewegung zu verwechseln mit der einem jeden leuchtenden Himmelskörper zukommenden jährlichen Bewegung, die infolge der "Aberration des Lichts" (s. d.) entsteht, und ebensowenig mit den durch Präzession und Nutation verursachten Ortsveränderungen. Im Gegensatz dazu ist die hier in Rede stehende ein wirkliches Fortschreiten der F. im Weltenraum, eine Eigenbewegung, die nicht allen Sternen in gleicher Weise zukommt. Schon im Altertum war man im stande, die Stelle der ausgezeichnetern Sterne am Himmel zu bestimmen, und es hat zuerst Halley 1717 aus der Vergleichung der Beobachtungen von Hipparch mit den zu seiner Zeit angestellten in den Breiten des Sirius, Arcturus und Aldebaran Differenzen von 37, 42 und 33 Bogenminuten entdeckt, die sich nur durch eigne Bewegungen dieser Sterne erklären ließen. Als man später, gegen Ende des vorigen Jahrhunderts, die Beobachtungen Bradleys mit den 40-50 Jahre spätern Piazzis verglich, traten die Differenzen so augenscheinlich hervor, daß schon Herschel I. aus ihnen die eigne Bewegung mehrerer Sterne, namentlich auch unsrer Sonne, herleitete. Gegenwärtig kennen wir bereits eine nicht geringe Anzahl von Sternen, deren progressives Fortschreiten im Weltenraum keinem Zweifel mehr unterworfen ist, während sie zugleich bei allen übrigen als höchstwahrscheinlich angesehen werden muß. Die stärkste eigne Bewegung zeigt der Stern Nr. 1830 des Katalogs von Groombridge; dieselbe beträgt jährlich 7 Sekunden. Hierauf folgen zunächst Stern Nr. 61 im Schwan und Nr. 21,185 des Lalandeschen Katalogs, bei denen sie ungefähr 5 Sekunden beträgt. Diese Sterne gehören zur 3.-5. Größe; unter den hellen Sternen hat Arcturus die größte eigne Bewegung von nahezu 2 Sekunden. Über 50 Sterne zeigen eine Bewegung von mehr als 1 Sekunde im Jahr. Kennt man außer der Eigenbewegung in Sekunden auch noch die Parallaxe und also die Entfernung eines Sterns, so kann man daraus die wahre Bewegung des Sterns in Millionen Kilometern in der zum Gesichtsstrahl senkrechten Richtung (die wahre projizierte Eigenbewegung) finden. Diese beträgt bei Nr. 1830 Groombridge 1360, bei Nr. 21,185 Lalande 1430, beim Polarstern 140, beim Arcturus 2646, beim Sirius 963 Mill. km.

Eigene Bewegung der Sonne.

Die Astronomen dachten, sobald sie sich von der Ortsveränderung verschiedener F. überzeugt hatten, zunächst wieder an eine nur scheinbare Bewegung und glaubten den wahren Grund der Erscheinung in einer Bewegung der Sonne suchen zu müssen. Wenn es nämlich einen Punkt im Weltall gibt, wohin die Sonne mit den Planeten ihren Lauf richtet, so müssen uns alle andern F. in einer progressiven Bewegung erscheinen, nämlich nach der entgegengesetzten Richtung, etwa so, wie die Bäume einer Allee nach hinten zu laufen scheinen, wenn wir rasch durch sie dahinfahren. War nun jene Voraussetzung richtig, so mußte sie sich vor allem dadurch bestätigen, daß sich alle F. nach einer auf zwei Pole sich beziehenden Richtung hin bewegten; denn wenn sie sehr divergierende Richtungen ihres Laufs zeigten, so konnten diese wenigstens nicht sämtlich von dem Fortschreiten der Sonne abgeleitet werden. Schon Prevost und Herschel I. bemerkten aber, daß in der That die meisten Sterne sich nach S. bewegten und zwar nach einer Gegend hin, welche sich in der Nähe des Wintersolstitiums der Sonne befindet. Herschel sah nun diese Bewegung als eine scheinbare an, folgerte daraus eine wahre Bewegung