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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gauchos; Gauchraden; Gaude; Gaudeāmus; Gaudenzdorf; Gaudich., Gaud.; Gaudieren; Gaudium; Gaudy; Gauermann

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Gauchos - Gauermann.

Gauchos (spr. gā-utschos), in den La Plata-Staaten Südamerikas das die Pampas bewohnende und ausschließlich mit Viehzucht beschäftigte Landvolk. Die G. betrachten sich selbst als Spanier, sind jedoch meist aus der Vermischung der Spanier mit Indianerinnen entstanden. Ihre Beschäftigung ist das Hüten und Einfangen der Rinder und Pferde auf den weiten Pampas, den Weideplätzen der großen Landgüter. Sie sind hager von Gestalt, aber von großer Körperkraft und ebenso kühne wie unermüdliche Reiter. Ausgezeichnet sind die Schärfe ihrer Sinne, ihre Ortskenntnis und die Geschicklichkeit, mit welcher sie sich in den unermeßlichen und einförmigen Pampas zurechtzufinden wissen. Sie wohnen in niedrigen Erdhütten (Ranchos). Ihre Kleidung besteht in groben Jacken und weiten Hosen, über welche sie den wollenen Poncho (ein großes viereckiges, gestreiftes Stück Zeug mit einem Loch in der Mitte, durch welches der Kopf gesteckt wird) werfen, einem breitkrempigen Strohhut und Stiefeln. Ihre eigentlichen Waffen sind der Lasso, den sie meisterhaft zu werfen verstehen, und die Bolas, zwei eiserne Kugeln, die am Ende eines langen Lederriemens befestigt sind und, wirbelnd geschleudert, dem gejagten Tier mit bewundernswürdiger Geschicklichkeit um die Hinterfüße geworfen werden. Dazu kommt noch ein etwa 35 cm langes Messer in einer ledernen Scheide am Gürtel. Die G. sind teils selbst Besitzer von Viehherden, teils stehen sie in Diensten der Besitzer größerer Viehhöfe (Estancias). Ihre Bildung steht natürlich auf der niedrigsten Stufe. Lesen können wenige, Schreiben gilt ihnen für eine große Kunst. Katholiken sind sie eigentlich nur der äußern Form nach, doch legen sie auf ein kirchliches Begräbnis in heiliger Erde großen Wert. Jovial, heiter, gutmütig und gastfrei, sind sie doch im gereizten Zustand der größten Barbareien fähig und verfolgen ihren Feind mit dem Scharfsinn und der Unermüdlichkeit der Indianer. Kartenspiel und Gesang zur Guitarre sind ihre hauptsächlichsten Vergnügungen. Abgehärtet und jedem ruhigen Leben abgeneigt, haben sie in den Revolutionskriegen eine ausgezeichnete Reiterei gebildet.

Gauchraden, s. Lychnis.

Gaude (Fru G., Frau Gode), ein mythisches Wesen, in Sagen und Gebräuchen der Priegnitz etc. auftretend, zum Teil s. v. w. Berchta, Frau Holle, Frau Harke oder verderbt aus Frô Gode, was "Herr Gwodan (Wodan)" bedeuten würde. Vgl. W. Müller, Altdeutsche Religion (Götting. 1844).

Gaudeāmus (lat., "Laßt uns fröhlich sein"), Anfang eines bekannten Studentenliedes. Nach G. Schwetschke ("Zur Geschichte des G. igitur", Halle 1877) knüpft das Lied, dessen Anfangswort als Titel eines Liedes schon bei Sebastian Brant vorkommt, an einen Hymnus aus dem Jahr 1267 an, von dem es Gedankengang, ja sogar einzelne Wendungen genau wiedergibt. Gedruckt wurde es zuerst 1776 in einer erst kürzlich bekannt gewordenen, lateinische mit deutschen Versen mischenden, etwas obscönen Form, die 1781 von einem fahrenden Litteraten, Kindleben, geändert und in die jetzige Gestalt gebracht wurde.

Gaudenzdorf, Vorort von Wien, südwestlich von der Stadt vor dem 5. Bezirk (Margareten), rechts an der Wien, mit Fabriken für Kupferwaren und Dampfkessel, Eisengußwaren, Leder, Kerzen, Fettwaren, Branntwein etc. und (1880) 12,377 Einw.

Gaudich., Gaud., bei botan. Namen Abkürzung für C. Gaudichaud (spr. godischoh), Naturforscher, geb. 1789, begleitete Freycinet 1817-20 auf dessen Weltumseglung, starb 1864 in Paris.

Gaudieren (lat.), freuen, erfreuen.

Gaudium (lat.), die Freude.

Gaudy, Franz Bernhard Heinrich Wilhelm, Freiherr von, Dichter und Novellist, geb. 19. April 1800 zu Frankfurt a. O. als Sprößling einer aus Schottland stammenden Familie, erhielt seine Bildung im Collège français zu Berlin, sodann in Schulpforta und trat 1818 ins preußische Heer, nahm aber 1833 aus Vorliebe für freie litterarische Beschäftigung seinen Abschied und privatisierte in Berlin, von wo aus er 1835 und 1838 Reisen nach Italien machte. Er starb 6. Febr. 1840 in Berlin. Seine Neigung zu humoristischen Pointen und zum epigrammatischen Zusammenpressen poetischer Gedanken machte ihn in seinen frühern Liedern ("Erato", Glog. 1829; 2. Aufl., Berl. 1836) zum Nachahmer der Heineschen Manier, von der er sich jedoch in der Folge wieder lossagte. Seine lyrischen Gedichte sind von ungleichem Wert, bald echt und innig, bald reflektiert und gekünstelt pointenreich. In seinen Chansons persiflierte er die Thorheiten der Zeit mit glücklichem Humor und strebte in Hinsicht auf Leichtigkeit des Tons, Behendigkeit und Schlagkraft des Witzes seinem Vorbild Béranger erfolgreich nach. So namentlich in seinen "Kaiserliedern" (Leipz. 1835), welche jener in den Tagen der Restauration erwachten oppositionellen Stimmung entstammen, die sich darin gefiel, für den Sohn der Revolution und den Heros gewaltiger Schlachten und Bewegungen gegenüber dem herrschenden Quietismus und der polizeilich überwachten Ruhe Partei zu ergreifen. Zu Gaudys frühern Arbeiten gehören noch: "Gedankensprünge eines der Cholera Entronnenen" (Glog. 1832); "Schildsagen" (das. 1834); "Korallen" (das. 1834). Als frischer Reisedarsteller bewährte er sich in dem Werk "Mein Römerzug" (Berl. 1836, 3 Bde.); als Novellist von humoristischem Anflug und phantasievoller Lebendigkeit in "Desangaño" (Leipz. 1834), "Aus dem Tagebuch eines wandernden Schneidergesellen" (das. 1836, neue Ausg. 1871), "Novelletten" (Berl. 1837), besonders aber in den "Venezianischen Novellen" (Bunzlau 1838, 2 Bde.) und "Novellen und Skizzen" (Berl. 1839). Eine spätere Gedichtsammlung erschien unter dem Titel: "Lieder und Romanzen" (Leipz. 1837). Eine vollständige Ausgabe der "Gedichte" (Berl. 1847) sowie der "Sämtlichen Werke" (das. 1844, 24 Bde.; neue Ausg. 1853, 8 Bde.) besorgte Arthur Müller. Nach Schwabs Rücktritt gab G. mit Chamisso den "Deutschen Musenalmanach" für 1839 heraus. Auch übersetzte er "Geschichtliche Gesänge der Polen Niemcewicz und Mickiewicz" (Leipz. 1833), Waces "Roman von Rollo und den Herzögen der Normandie" (das. 1835); aus dem Altfranzösischen die Gedichte der "Clotilde von Vallon-Chalys" (Berl. 1837) und mit Chamisso Bérangers "Lieder" (Leipz. 1838, neue Ausg. 1873).

Gauermann, 1) Jakob, Maler, Zeichner und Kupferstecher, geb. 1772 zu Öffingen bei Stuttgart, arbeitete erst als Steinmetz und besuchte dann drei Jahre lang die Stuttgarter Akademie. Nachdem er hierauf mit dem Chef einer neubegründeten Kunsthandlung in Stuttgart und Heilbronn die Schweiz bereist, zeichnete und radierte er an seinem außerordentlich reichen Skizzenvorrat gegen sechs Jahre, mußte sich aber sodann, da sein Geschäftsfreund fallierte, von Privatunterricht nähren. Im J. 1802 besuchte er mit Martin Molitor Tirol und begann nach der Rückkehr die Ausarbeitung sowohl seiner landschaftlichen Skizzen als auch eigner Landschaftskompositionen, denen ländliche Szenen aus dem Leben der Gebirgsbewohner Österreichs folgten. Diese Ar-^[folgende Seite]