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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gediegen; Gedike; Gedinge; Gedingrecht; Gediz Tschai; Gedon; Gedrittschein; Gedrosia; Geduld; Geduldampfer; Geefs

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Gediegen - Geefs.

Spinn- und eine Nadelfabrik und (1885) 1679 meist evang. Einwohner. G. ist Hauptort der gleichnamigen Standesherrschaft des Grafen Stolberg-Wernigerode.

Gediegen, Bezeichnung des Metalls, wenn es sich schon im natürlichen Zustand als Element, nicht in chemischer Verbindung, vorfindet und mit fremdartigen Mineralien nur mechanisch verbunden ist; im übertragenen Sinn s. v. w. lauter, rein, echt, gehaltvoll, vortrefflich, gründlich.

Gedike, 1) Friedrich, ausgezeichneter deutscher Schulmann, geb. 15. Jan. 1754 zu Boberow in der Mark Brandenburg, wurde im Waisenhaus zu Züllichau erzogen, studierte in Frankfurt a. O. Theologie, wurde 1776 Subrektor, 1778 Prorektor und 1779 Direktor des Werderschen Gymnasiums in Berlin, das durch ihn zu hoher Blüte gedieh. Seit 1784 Mitglied des Konsistoriums und seit 1787 Rat des Oberschulkollegiums, übernahm er 1791 zugleich die Mitdirektion und 1793 die Direktion des Kölnischen Gymnasiums und starb, seit 1790 auch Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften, 2. Mai 1803. G. verband in glücklichster Weise das allgemein pädagogische mit dem philologischen Interesse und wirkte im Geist und Sinn des Ministers A. v. Zedlitz verdienstlich für das höhere Schulwesen in Preußen. Die Gründung des von ihm erfolgreich geleiteten Seminars für gelehrte Schulen (1787) und die Einführung der Reifeprüfung an den Gymnasien (1788) sind vorzugsweise sein Werk. Außer einer Reihe von Schulbüchern gab er heraus: "Aristoteles u. Basedow" (Berl. 1779); "Schulschriften" (das. 1789 und 1795, 2 Bde.); "Vermischte Schriften" (das. 1801) sowie Ausgaben und Übersetzungen alter Klassiker. Vgl. Jenisch, Worte zum Andenken an G. (Berl. 1803); Horn, Friedrich G. (das. 1808).

2) Ludwig Friedrich Gottlob Ernst, Bruder des vorigen, ebenfalls verdienstvoller Schulmann, geb. 22. Okt. 1761 zu Boberow, studierte in Halle und ward 1782 Lehrer an dem Gymnasium zum Grauen Kloster zu Berlin und 1783 Professor am Elisabethaneum zu Breslau. Von 1793 bis 1803 stand er als Rektor dem Gymnasium in Bautzen vor und wurde 1803 Direktor der ersten in Sachsen gegründeten Realschule, der Bürgerschule zu Leipzig. Hier wirkte er bis 1832 und starb 8. Juli 1839 daselbst. Seine Schriften sind meist Schulprogramme.

Gedinge, eine in Akkord gegebene Arbeitsleistung, z. B. beim Bergbau das Quantum Erz oder Gebirge, welches gegen einen bestimmten Lohn (Gedingegeld) herausgearbeitet werden muß; beim Hüttenwesen die Bezahlung nach dem Gewicht der erzeugten Metalle oder Produkte etc.

Gedingrecht, das auf besonderer Vereinbarung beruhende Recht, wie es z. B. in Lehnssachen vorkam und sich hier und da bis auf die neueste Zeit erhalten hat. Das G. wurde auch Willkür genannt, daher das in privatrechtlicher Hinsicht geltende Rechtssprichwort: "Willkür bricht Stadtrecht, Stadtrecht bricht Landrecht, Landrecht bricht gemein Recht".

Gediz Tschai, Fluß, s. Sarabat.

Gedon, Lorenz, Architekt und Bildhauer, geb. 12. Nov. 1843 zu München, bildete sich in der Mayrschen Werkstatt daselbst zum Bildhauer und Dekorateur aus und begann seine selbständige künstlerische Thätigkeit 1872 mit dem Bau des Schackschen Palais, dessen Fassade er die Formen der deutschen Spätrenaissance in durchaus malerischer Auffassung gab, welche damals für München vollkommen neu waren. Sein glänzendes dekoratives Geschick, welches nicht nur im Stil der deutschen Renaissance, sondern vornehmlich im Barock- und Rokokostil heimisch war, bewährte sich sodann 1876 bei der Dekoration der Räume für die deutsche Kunstgewerbeausstellung in München, von welcher der Umschwung zu gunsten der deutschen Renaissance datiert, und noch in höherm Grad 1878 bei der architektonischen Gestaltung und Ausschmückung des deutschen Kunstsaals auf der Pariser Weltausstellung. Auch diese geniale Leistung gab den Anstoß zu einer Reform in der Dekoration von Gemäldesälen. Später war er in gleicher Weise an der internationalen Kunstausstellung von 1879, der elektrischen Ausstellung von 1882 und der Kunstausstellung von 1883 in München thätig. In den Schlössern und Wagenkammern König Ludwigs II. von Bayern hat er gleichfalls verschiedene Arbeiten dekorativen Charakters, für das Innere des Münchener Rathauses und für den Starnberger See-Dampfer Bavaria zahlreiche Holzskulpturen sowie für Münchener Privathäuser und -Lokale Fassaden und Innendekorationen ausgeführt. Sein Hauptwerk ist das im Barockstil errichtete Heylsche Haus in Worms, wo er auch die Pauluskirche zu einem Museum umgewandelt hat. G. starb 27. Dez. 1883 in München.

Gedrittschein, s. Aspekten.

Gedrosia, altpers. Provinz, etwa dem heutigen Belutschistan entsprechend. Die Dürre und Unfruchtbarkeit des Landes ist aus den Zügen Alexanders d. Gr. bekannt, dessen Heer hier auf seinem Rückzug von Indien zum Teil durch Mangel und Beschwerden umkam. Hauptstadt war Pura. Die Urbevölkerung, deren Reste heute Brahui heißen, war nicht arischen Stammes, sondern verwandt mit den dunkeln Bewohnern des Dekhan.

Geduld, die dauerhafte Gemütsstimmung, welche als thätige G. sich durch entgegenstehende Hindernisse nicht abschrecken, als leidende G. sich durch unvermeidliche Unglücksfälle nicht zu Klagen fortreißen läßt und sich von der Duldsamkeit (s. d.) dadurch unterscheidet, daß sie nicht wie diese gegen Meinungen, sondern gegen Widerstände gerichtet ist; von der Gefühllosigkeit (s. Gefühl) aber dadurch, daß sie die letztern wirklich und zwar schmerzlich fühlt; von der willenlosen (blinden) Ergebung (Resignation, s. Ergebung) dadurch, daß sie dieselben nicht nur kennt, sondern mit Willen entweder besiegt, oder sich ihnen unterwirft.

Geduldampfer, s. Rumex.

Geefs, 1) Willem, belg. Bildhauer, geb. 10. Sept. 1806 zu Antwerpen, war erst zum Bäcker bestimmt, widmete sich dann aber auf der Akademie seiner Vaterstadt, wo er schon 1828 mit einer Statue des Achilles den ersten Preis gewann, und zu Paris unter Ramage der Bildhauerkunst, ging 1833 auf ein Jahr nach Italien und ward 1834 Professor an der Akademie zu Antwerpen. Seine hervorragendsten Werke sind: das Monument des Grafen Friedrich von Merode in der Kathedrale zu Brüssel; das des Generals Belliard; das Denkmal für die in der Revolution von 1830 Gefallenen auf der Place des Martyrs zu Brüssel; das Standbild Karls d. Gr. in der Kirche St. Servaas zu Maastricht; eine Kanzel für die Kathedrale St. Paul in Lüttich; die Statue von Rubens auf dem Platz vor der Kathedrale zu Antwerpen; das Standbild Verhaegens für die Universität zu Brüssel etc. G. war Meister im Individuellen und voll großartigen Adels der Darstellung; er wußte sich die Vorzüge der französischen Schule zu eigen zu machen, ohne ihren Mängeln zu verfallen. Er starb 24. Jan. 1883 in Brüssel. - Seine Gattin Fanny, geborne