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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gelbsucht der Pflanzen; Gelbsucht der Schafe

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Gelbsucht der Pflanzen - Gelbsucht der Schafe.

lich gegen Fleisch, Fett, Milch, und bei längerer Dauer der G. tritt starke Abmagerung ein. Weiterhin ist die G. begleitet von zahlreichen nervösen Symptomen, welche durch die Beimischung von Gallensäuren zum Blut bedingt zu sein scheinen. Der Kranke ist verdrießlich, klagt über große Abgeschlagenheit und allgemeine Schwäche; zuweilen aber treten auch schwerere Erscheinungen von seiten des Nervensystems hervor, namentlich heftiger Kopfschmerz, Schwindel, Delirien, Konvulsionen, dann aber auch wieder lähmungsartige Zustände, tiefe geistige Depression, Betäubung, Schlafsucht, selbst völlige Bewußtlosigkeit. Solche Fälle werden als bösartige G. (Icterus gravis, perniciosus) bezeichnet. Auch in den leichtern Fällen kommt ein höchst lästiges Hautjucken vor, auf welches die Kranken durch Kratzen und Zerkratzen der Haut reagieren. Die Haut ist spröde und trocken, mit kleienartigen Schüppchen bedeckt. Die Kranken haben einen garstigen bittern Geschmack im Mund. Zuweilen besteht Gelbsehen, weil die brechenden Medien des Auges gelb gefärbt sind. Sehr charakteristisch ist bei der G. das Verhalten des Pulses. Derselbe ist auffallend selten, macht manchmal nur 40 Schläge in der Minute. Es ist durch Versuche festgestellt, daß diese Verlangsamung des Pulses auf den im Blut vorhandenen Gallensäuren beruht, welche reizend auf den Herznerv (nervus vagus) einwirken. Die Körpertemperatur bei der G. ist niedrig, die Respiration verlangsamt. Die G. hat eine verschieden lange Dauer; bald hält sie nur einige Tage, bald mehrere Wochen und Monate, selbst bis zum Tod an. Es hängt dies ausschließlich von den Ursachen der G., bez. der Gallenresorption ab. Sind diese Ursachen vorübergehende, wie beim Dünndarmkatarrh, so schwindet bald danach auch die G., indem die Galle wieder frei in den Darm abfließt und der in den Säften und Geweben des Körpers angehäufte Gallenfarbstoff allmählich aus dem Körper mit dem Harn ausgeschieden wird. War die G. sehr stark, so gehen gewöhnlich mehrere Wochen darüber hin, bis aller Farbstoff aus den Geweben des Körpers entfernt ist. Wenn dagegen die der G. zu Grunde liegende Störung des Gallenapparats derart ist, daß monatelang keine Galle in den Darm gelangt, diese vielmehr sich im Blut anhäuft, so magert der Kranke in hohem Grad ab und geht schließlich an Erschöpfung zu Grunde. Die bösartigen Fälle von G., welche sich durch schwere typhusartige Symptome von seiten des Nervensystems auszeichnen, pflegen schon nach wenigen Tagen mit dem Tod zu endigen. - Die als Blutikterus (hämatogener Ikterus) aufgefaßten Arten der G., bei welchen die Gallenwege offen sind, entstehen, wenn bei normaler Leberthätigkeit durch erhöhten Zerfall farbiger Blutkörper (bei Neugebornen und schweren fieberhaften Krankheiten, z. B. biliösen Lungenentzündungen, biliösem Typhoid) mehr Galle gebildet wird, welche dann bei Erlahmung der Herzthätigkeit und Sinken des Blutdruckes in die Lymphgefäße und das Blut übertritt.

Die Behandlung der G. hat sich zunächst immer gegen das Grundleiden zurichten, welches die Gallenresorption veranlaßt. In der Regel sind wir ganz ohnmächtig gegenüber der primären Störung im Gallenapparat. Indessen wird man z. B. durch entsprechende Behandlung eines Duodenalkatarrhs oder durch Entfernung von Gallensteinen aus den Gallenwegen mittels einer Trinkkur in Karlsbad etc. oft genug eine Heilung der G. bewirken können. Vermag man die örtlichen Ursachen der G. nicht zu entfernen, so wird die Behandlung sich nur gegen einzelne Symptome der G. richten können, ohne das Übel selbst zu beseitigen. Man wird z. B. durch leichte Abführmittel den verzögerten Stuhlgang unterstützen, die gestörte Verdauung durch bittere Mittel, durch Ochsengalle, durch auflösende Mineralwässer zu verbessern suchen, durch lauwarme Bäder das lästige Hautjucken etc. bekämpfen. Leute, welche an G. leiden, brauchen zwar nicht immer notwendig das Bett zu hüten, dürfen vielmehr unter gewissen Voraussetzungen die freie Luft aufsuchen; aber sie dürfen sich körperlichen Anstrengungen und angestrengter geistiger Thätigkeit nicht aussetzen. Ihre Diät muß eine leichtverdauliche, vorzugsweise vegetabilische sein. Die G. der Neugebornen bedarf gar keiner besondern Behandlung, sie geht nach wenigen Tagen ganz von selbst vorüber.

Gelbsucht der Pflanzen (Icterus), eine Krankheit, bei welcher die sonst grün gefärbten Teile gelb erscheinen. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem vor dem natürlichen Tod vieler Kräuter eintretenden Gelbwerden sowie mit der herbstlichen Entfärbung des Laubes. Wie das bei Lichtmangel erfolgende Ausbleiben der grünen Färbung (Vergeilen, Etiolieren, s. Etiolement), beruht die G., welche sich auch bei hinlänglicher Beleuchtung entwickelt, auf einer unvollständigen Ausbildung der Chlorophyllkörner und zwar vorzugsweise infolge eines Mangels an Eisensalzen in der Nahrung der Pflanze (s. Chlorophyll). Durch Kultur von Pflanzen in völlig eisenfreien Nährlösungen läßt sich die G. hervorrufen. G. der Fichten, s. Rostpilze.

Gelbsucht der Schafe (bösartige oder akute G., Lupinenkrankheit, Lupinose, typhöse oder gelbe Leberentzündung der Schafe), eine nach der Fütterung eigentümlich verdorbener Substanzen, namentlich verdorbener Lupinen (Stroh, Körner, Schoten), im Herbst u. Winter entstehende fieberhafte akute Krankheit, welche vorzugsweise bei Schafen vorkommt, aber auch Pferde und andre Pflanzenfresser befallen kann. Bei der Entwickelung der Krankheit läßt sich ein Unterschied in der Anlage zwischen den verschiedenen Rassen oder in dem Alter und Geschlecht der Schafe nicht mit Sicherheit nachweisen. In einzelnen Fällen sollen indes Lämmer und Mutterschafe schwerer erkrankt sein als Hämmel. Ist das Lupinenfutter schädlich, so wird es von den Schafen nicht gern aufgenommen. Nur anfangs verzehren die Tiere größere Quantitäten, in den folgenden Tagen empfinden sie wegen des dem Futter anhaftenden unangenehmen Geschmacks einen Widerwillen gegen dasselbe. Manche Schafe gehen nur nach längerm Hungern an das Lupinenfutter. Wenn sie große Quantitäten verzehrt haben, so zeigen sich schon 2-3 Tage nachher die ersten Krankheitserscheinungen. Bei der fortgesetzten Aufnahme kleiner Mengen entwickelt sich die G. erst nach 5-8 Tagen und zuweilen selbst noch später. Die Krankheit bekundet sich durch Fieber; die Bluttemperatur erreicht nicht selten eine Höhe von 40-40,5°, und man zählt bis zu 130 Pulsen und darüber in einer Minute. Das Atmen ist anfangs normal, später etwas beschleunigt, Futteraufnahme gering oder selbst ganz verweigert; die im leichten Grad erkrankten Tiere verzehren noch schmackhaftes Stroh oder Heu und Hafer in geringen Mengen. Wasser wird im Anfang der Krankheit getrunken, in den spätern Stadien und bez. bei einem tödlichen Grade der Erkrankung nicht mehr. Dabei besteht eine starke Depression des Bewußtseins, zuweilen förmliche Betäubung. Die Tiere lassen den Kopf hängen, stemmen sich mit demselben auch wohl gegen die Stallwand oder die Krippe; sie liegen