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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Geld und Brief

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Geld (Geldbedarf und Geldmenge, Geldwert und Güterpreise) - Geld und Brief.

sentlich davon ab, daß die Art und Menge des Geldes dem jeweiligen Bedarf der Zirkulation, Wertbewahrung und Kapitalbildung entsprechen. Die Art des Geldes ist durch die Währungs- und Münzverhältnisse bestimmt und soll sich den großen Veränderungen anpassen, welche jede Volkswirtschaft im Lauf der Zeit durchmacht; mit dem Übergang von der Kindheit zur Reife scheint auch derjenige von der Silber- zur Goldwährung und von niedern zu höhern Einheitsmünzen parallel zu gehen. (Vgl. Währung.) Ebensowenig wie sich starre, absolut gültige Grundsätze über die Art des Geldes aufstellen lassen, ist es möglich, einen allgemein gültigen Satz für die erforderliche Geldmenge zu formulieren. Mann kann nur jene Faktoren bezeichnen, von deren Veränderung der Geldbedarf abhängt, und mit welchen die Geldmenge jeweilig im Einklang stehen soll. Diese Faktoren sind: zunächst der Umfang der Verkehrsoperationen, welche sich in einer bestimmten Wirtschaftsperiode vollziehen und ihrerseits hauptsächlich von dem gesamten Gütervorrat einer Volkswirtschaft, von der Reproduktion innerhalb desselben, von der Lebhaftigkeit und Vielgestaltigkeit der Umsätze bedingt sind; dann die Geschwindigkeit, mit welcher das vorhandene G. zirkuliert, weil von dieser die Intensität der Wirksamkeit jedes Geldstücks abhängt. Das Verhältnis, welches sich in solcher Weise zwischen Gütertauschoperationen und Geldmenge herausstellt, wird aber wesentlich modifiziert, je nachdem nebenher mehr oder weniger Umsätze durch Naturaltausch und durch Kredit bewerkstelligt werden; denn in beiden Fällen wird mehr oder weniger G. entbehrlich; es wird endlich modifiziert durch die wechselnde Menge jener Geldvorräte, welche als Kassenbestände in allen Privatwirtschaften vorhanden, also gewissermaßen latent sind, sowie derjenigen Geldmenge, welche zur weitern Kapitalbildung zeitweilig aufgespeichert, also auch dem Zirkulationsdienst entzogen ist. Diesen komplizierten Elementen des Bedarfs angemessen, soll die Geldmenge auch periodenweise vermehrt oder vermindert werden können, um den Geldstand weder allzu flüssig (abundant) noch allzu knapp werden zu lassen; denn aus beiden Extremen gehen Störungen auf dem Geldmarkt hervor, deren Folgen oft ungemein weit um sich greifen. Wird der Geldstand zu flüssig, ohne daß für einen Abfluß der disponibeln Leihkapitalien gesorgt wird, so entsteht daraus eine Verbilligung derselben, die einen übermäßigen Anreiz zu neuen Unternehmungen hervorrufen, eine Überproduktion und Krise heraufbeschwören kann, sich nachträglich und bei längerer Dauer in Apathie und Marasmus äußert; wird der Geldstand zu knapp, so steigen die Diskontsätze, es fehlen der Zirkulation die erforderlichen Tauschwerkzeuge, Unternehmungen geraten ins Stocken, und die Produktion selbst wird gehemmt. Die internationale Kreditorganisation, die Entwickelung des Bankwesens und die Leichtigkeit der Transporte von G. und Geldstoff bieten die Mittel, um örtliche Anomalien dieser Art leicht auszugleichen (hervorragendes Muster in der Diskontpolitik der Bank von England). Treten aber dergleichen Verschiebungen des Verhältnisses zwischen Geldbedarf und Geldmenge in ganzen Ländergruppen gleichzeitig auf, so bewirken sie unvermeidlich Krankheiten in der Volkswirtschaft.

5) Geldwert und Güterpreise. Von den Wirkungen, welche die Überfülle oder Knappheit des Geldstandes auf den Preis der disponibeln Leihkapitalien ausübt, und die sich im Zinsfuß äußern, sind diejenigen wohl zu unterscheiden, welche der Überfluß oder Mangel des in den Zirkulationsadern vorhandenen Geldes auf die Güterpreise ausübt. Da der Preis der Verkehrsgüter als Geldpreis ausgedrückt wird, kann eine Änderung desselben von zwei Seiten erfolgen: es kann entweder einerseits die Änderung eine primäre sein, indem der Tauschwert der Güter selbst aus irgend welcher Veranlassung schwankt, oder es kann anderseits der Maßstab, mit welchem die Preise gemessen werden, d. h. der Geldwert, sich ändern; das Zusammentreffen beider Faktoren kann natürlich, je nachdem sie im gleichen oder entgegengesetzten Sinn wirken, eine Abschwächung oder Verstärkung dieser Vorgänge hervorrufen. Sogenannte allgemeine Teurungen können zumeist auf ein Sinken des Geldpreises zurückgeführt werden, denn dieses hat eine ähnliche Konsequenz, wie wenn man beim Wägen oder Messen ein und dasselbe Objekt einmal mit korrekten Gewichten und Maßstäben, das andre Mal mit gefälschten (leichtern) Gewichten oder kürzern Maßstäben bestimmt hätte. Umgekehrt kann auch ein allgemeines Sinken der Güterpreise entweder eine primäre oder eine reflektorische, von der Erhöhung des Geldwertes veranlaßte Erscheinung sein. In Fällen dieser Art spricht man von einer veränderten Kaufkraft des Geldes; man hat dabei richtigerweise nur an das echte Währungsgeld zu denken. Unter normalen Verhältnissen hängt also die Veränderung in der Kaufkraft des Geldes von großen, weitreichenden Änderungen im Marktpreis des als Geldstoff dienenden Edelmetalls, bez. der daraus geprägten Währungsmünzen ab; in Ländern mit Papierwährung äußert sie sich als Reflexerscheinung des Disagios.

Die Geschichte der Volkswirtschaft bietet zahlreiche Belege für dergleichen allgemeine Verschiebungen der Preise infolge von Schwankungen des Geldwertes. In neuerer Zeit schreiben viele Autoritäten (Jevons, Laspeyres, Soetbeer) die in den Jahren 1850-70 eingetretene Teurung der Waren jener Entwertung des Geldes zu, welche als Folge der rapiden Vermehrung der Gold- und Silberzuflüsse angesehen wird. Ebenso glauben einige (Goschen, Giffen, Arendt), daß die seit 1873 erfolgte Senkung der meisten Güterpreise entweder ganz oder großenteils auf ein Steigen der Kaufkraft des als allgemeines Währungsmetall auf dem Weltmarkt zum Maßstab gewordenen Goldes zurückzuführen sei. Diese Behauptung ist jedoch noch strittig und hat bedeutende Autoritäten (Hansard, Nasse, Soetbeer) gegen sich. Litteratur. Vgl. J. G. ^[Johann Gottfried] Hoffmann, Die Lehre vom G. (Berl. 1838); C. Knies, Das G. (1. Abt. des Werkes "G. und Kredit", 2. Aufl., das. 1885); Goldschmidt, Handelsrecht, Bd. 1, S. 1060-1231 (Erlang. 1864); Jevons, Money and the mechanism of exchange (4. Aufl., Lond. 1878; deutsch, Leipz. 1876); Jäger, Das G. (Stuttg. 1877); Poor, Money and its laws (Lond. 1877); E. Nasse, G. und Münzwesen (in Schönbergs "Handbuch der politischen Ökonomie", Bd. 1, 2. Aufl. 1885); Martello, La moneta (Flor. 1883, mit Einleitung von Ferrara); Lehr, Beiträge zur Statistik der Preise, insbesondere des Geldes etc. (Frankf. a. M. 1885).

Geld und Brief (abgekürzt G. und B., neuerdings auch Geld und Papier, abgekürzt G. und P.), s. v. w. "bezahlt" ("gesucht" oder "gefragt", d. h. begehrt) und "angeboten", zwei Rubriken in Staatspapier- und Wechselkurszetteln. Ist in der mit B. überschriebenen Kolonne der Kurs für Ungarrente mit 74½ notiert, in der mit G. überschriebenen aber mit 74¼