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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gerstenmilch; Gerstenwasser; Gerstenzucker; Gerster; Gerstner; Gerstungen; Gertner; Gertrud; Gertruidenberg; Geruch

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Gerstenmilch - Geruch.

das Wiederauftreten des Leidens gewährt öfteres Bestreichen der Lidränder mit roter Präzipitatsalbe.

Gerstenmilch, s. Orgeade.

Gerstenwasser, s. Gerste, S. 191.

Gerstenzucker (Saccharum hordeatum), mit Gerstenauszug gekochte Bonbonmasse, welche nach dem Ausgießen in Streifen zerschnitten wird, die man mehrmals um sich selbst dreht. Beliebtes Hustenmittel.

Gerster (Gardini-G.), Etelka, Opersängerin, geb. 1856 zu Kaschau in Ungarn, trat schon mit zwölf Jahren in einem Wohlthätigkeitskonzert mit solchem Erfolg auf, daß der zufällig anwesende Direktor des Wiener Konservatoriums, Hellmesberger, die Eltern bestimmte, ihre Tochter der Gesanglehrerin Marchesi in Wien zur weitern Ausbildung zu übergeben. Nach Beendigung ihrer Studien betrat sie im Januar 1876 die Bühne zu Venedig als Gilda in "Rigoletto", sang später in Marseille und Genua und endlich 1877 im Krollschen Theater zu Berlin, wo sie das Publikum und die Kritik derart enthusiasmierte, daß ihr Ruf sich schnell über ganz Europa verbreitete. Nachdem sie sich noch in demselben Jahr mit dem Opernunternehmer Gardini verheiratet und beim schlesischen Musikfest in Breslau mitgewirkt hatte, unternahm sie größere Kunstreisen, die sie zuerst nach Paris und London, dann auch nach Amerika führten, wo sie überall durch ihre Meisterschaft im Kunstgesang, als dramatische Sängerin auch in naiven Rollen, z. B. Sonnambula, reichen Beifall erntete.

Gerstner, 1) Franz Joseph, Ritter von, Ingenieur, geb. 23. Febr. 1756 zu Komotau in Böhmen, studierte zu Prag Mathematik, wurde 1788 Lehrer der Mathematik in Prag, übernahm später die Oberleitung des von ihm begründeten polytechnischen Instituts daselbst und wurde 1811 Vorstand der Wasserbaudirektion für Böhmen. Er starb 25. Juni 1832 in Mladiegov bei Gitschin. 30 Jahre lang kam fast keine bedeutende Unternehmung in Böhmen ohne seine mittelbare oder unmittelbare Teilnahme zu stande. Sein Hauptwerk ist das "Handbuch der Mechanik" (Prag 1831, Bd. 1; 2. Aufl. von seinem Sohn, 1832-1834, 3 Bde.). Seine Arbeit "Ob und in welchen Fällen der Bau schiffbarer Kanäle Eisenwegen oder gemachten Straßen vorzuziehen sei" (Prag 1813) hatte großen Einfluß auf die Entwickelung des Eisenbahnwesens in Mitteleuropa.

2) Franz Anton von, Ingenieur, Sohn des vorigen, geb. 11. Mai 1793 zu Prag, besuchte das polytechnische Institut daselbst, ward 1818 Professor der praktischen Geometrie am polytechnischen Institut in Wien, studierte wiederholt das Eisenbahnwesen in England, betrieb 1823-24 die Vorarbeiten für die Bahnstrecke von der Moldau zur Donau und übernahm 1825 auch die Oberleitung des Baues. Da jedoch die Aktionäre beschlossen, die zweite Hälfte der Bahn nach einem weniger kostspieligen, aber auch unzweckmäßigern System zu bauen, trat G. von der Leitung zurück. 1829 ging er wieder nach England und 1834 nach Petersburg, wo er die erste Eisenbahn in Rußland, von Zarskoje Selo nach Petersburg, baute. 1838 begab er sich nach Nordamerika, um die dortigen Eisenbahnbauten zu untersuchen, und starb 12. April 1840 in New York. Er schrieb: "Lehrgegenstände der praktischen Geometrie" (Wien 1818). - Seine amerikanischen Beobachtungen wurden von seiner Gattin in der "Beschreibung einer Reise durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika" (Leipz. 1842) herausgegeben und von L. Klein bearbeitet in der Schrift "Die innern Kommunikationen der Vereinigten Staaten von Nordamerika" (Wien 1842, 2 Bde.).

Gerstungen, Flecken im sachsen-weimar. Kreis Eisenach, an der Werra und der Linie Kassel-Dietendorf der Preußischen Staatsbahn, hat ein Amtsgericht, Backsteinfabrikation und (1885) 1722 evang. Einwohner. - G. gehörte ursprünglich den Landgrafen von Thüringen. In den Jahren 1073 und 1085 wurden hier Reichstage gehalten; 1074 ward daselbst Friede zwischen Kaiser Heinrich IV. und den mit den Sachsen verbündeten Thüringern geschlossen. Während der Irrungen zwischen dem König Adolf und den Söhnen Albrechts des Unartigen kam G. 1292 unter die Botmäßigkeit des Abtes von Fulda und blieb in dessen Besitz, bis 1403 Landgraf Balthasar es zurückkaufte.

Gertner, Johann Wilhelm, dän. Maler, geb. 1818 zu Kopenhagen, besuchte die Kunstschule seiner Vaterstadt und zeichnete anfangs Gegenstände des Museums der Altertümer für den Kupferstich. Nach des Königs Friedrich VI. Tod erhielt G. den Auftrag, die Krönungsfeierlichkeiten in lebensgroßen Figuren darzustellen. Seine Porträte in Öl: Thorwaldsen, Professor Dahl, König Friedrich VII. etc., sind mit Sauberkeit und Korrektheit ausgeführt, leiden aber durch Härte. Von seinen Genrebildern sind die Kinder am Meeresufer und die zwei Freunde hervorzuheben. Er starb 30. März 1871 in Kopenhagen.

Gertrud (althochd. Gêrdrûd, "Speerjungfrau, Speerkämpferin"), 1) Heilige, Tochter des fränk. Majordomus Pippin von Landen, geb. 626, ward 647 Äbtissin des Klosters zu Nyvel und starb 659. Im Volksglauben galt sie wie die altheidnische Göttin Freyja als Schutzheilige der Reisenden, welche ihr zu Ehren die Gertrudsminne tranken (vgl. Gesundheittrinken). Ihr Tag 17. März. - 2) G. v. Hackeborn, Äbtissin des Cistercienserklosters Helfta bei Eisleben, starb 1291. - 3) Die große G., ebenfalls Nonne in dem genannten Kloster Helfta. Den Inhalt ihrer Visionen, deren sie seit 1281 gewürdigt zu sein glaubte, legte sie nieder in dem Buch "Insinuationes divinae pietatis".

4) Einzige Tochter des Kaisers Lothar und Richenzas von Nordheim, geb. 1115, Erbin der supplinburgischen, braunschweigischen und nordheimischen Güter, wurde 1127 die Gemahlin Heinrichs des Stolzen von Bayern, welchem sie 1129 Heinrich den Löwen gebar, und heiratete, seit 1139 Witwe, 1142 den Markgrafen Heinrich Jasomirgott von Österreich, der bald darauf mit dem Herzogtum Bayern belehnt wurde. Sie starb schon 18. April 1143 in Kindesnöten und wurde zu Königslutter begraben.

Gertruidenberg, s. Geertruidenberg.

Geruch (Olfactus), das Vermögen, mittels des Riechnervs eigentümliche Empfindungen (Gerüche) wahrzunehmen, welche sich aber nicht genauer beschreiben lassen. Der Vorgang beim Riechen besteht darin, daß die Endorgane des Geruchsnervs (nervus olfactorius) durch die Berührung mit gewissen flüchtigen oder gasförmigen Stoffen, die mit dem Einatmungsstrom in die Nasenhöhle gelangen, in Erregung versetzt werden. Diese Erregung wird durch die Fasern des Geruchsnervs auf das Zentralorgan des Geruchssinns im Gehirn übertragen, und dadurch wird in uns die Vorstellung einer Geruchsempfindung erweckt, deren Quelle wir stets unwillkürlich nach außen verlegen. Als das Organ des Geruchssinns wird gewöhnlich die Nase bezeichnet; genau genommen jedoch ist es nur ein kleiner Teil der Nasenschleimhaut, welcher beim Riechen unmittelbar in Frage kommt (s. Nase). Alle Wirbeltiere besitzen deutliche Geruchsorgane und also wahrscheinlich