Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gesicht

237

Gesicht (Verbleib des ins Auge fallenden Lichts).

entoptischen Erscheinungen hervor. Es werden beim Eindringen des Lichts in das Innere des Auges Schatten der betreffenden Körper auf die Netzhaut geworfen, und das Auge gewahrt jetzt diese undurchsichtigen Teile als mehr oder weniger deutliche Schattenbilder. Die Ursache der entoptischen Erscheinungen liegt in Trübungen der Hornhaut, der Linse oder des Glaskörpers; doch vermögen auch die vor der lichtempfindenden Schicht der Netzhaut befindlichen Blutgefäße Schattenbilder zu erzeugen. Diese Wahrnehmung der Netzhautgefäße bezeichnet man als die Purkinjesche Aderfigur; sie kennzeichnet sich als deutlicher Gefäßbaum im Gesichtsfeld, der ganz demjenigen gleicht, welcher durch Injektion der Netzhautgefäße erhalten oder mittels des Augenspiegels wahrgenommen wird. Man kann diese Aderfigur jeden Augenblick erzeugen, wenn man in einem finstern Zimmer eine dunkle Wand fixiert und etwas seitwärts vom Auge ein Kerzenlicht hin und her bewegt. Die entoptischen Erscheinungen des Glaskörpers zeichnen sich vor denen der andern Gebilde durch ihre Beweglichkeit aus, weshalb sie auch als fliegende Mücken (mouches volantes) bezeichnet werden. Noch einen andern Mangel teilt das Auge mit zahlreichen optischen Instrumenten. Die Bilder besitzen nämlich oftmals farbige Säume wegen der ungleichen Brechbarkeit der verschiedenfarbigen Strahlen. Man bezeichnet diesen Mangel als chromatische Abweichung. Diese sowohl als die monochromatische Abweichung werden übrigens durch die Iris sehr gemäßigt, indem diese die Randstrahlen abschneidet.

Verbleib des ins Auge fallenden Lichts.

Das auf den Augenhintergrund fallende Licht wird keineswegs von dem Pigment der Aderhaut ganz verschluckt, denn man kann nachweisen, wie ein Flammenbildchen auf der Netzhaut als Lichtquelle wirkt, welche den ganzen übrigen Augenhintergrund mit einem merklichen Lichtschimmer überzieht. Früher nahm man eine Lichtentwickelung, eine Art Phosphoreszenz, im Innern des Auges selbst an und suchte hierdurch das Leuchten des Auges mancher Tiere, welches von dem Erregungszustand und dem Willen des Tiers abhängig sein sollte, zu erklären. Wir wissen jetzt, daß das Augenleuchten auf eine Zurückwerfung von solchem Licht zurückzuführen ist, welches vorher von außen eingefallen ist, und dieser Vorgang wird durch eine das Licht stark reflektierende Membran, das sogen. Tapetum lucidum, welche unmittelbar unter der Netzhaut liegt, äußerst begünstigt. In völlig finstern Räumen wird niemals Augenleuchten beobachtet. Aber weil die Lichtmenge, welche beim Leuchten reflektiert wird, nur gering ist, darf die Umgebung nur schwach beleuchtet sein, soll überhaupt das Augenleuchten wahrgenommen werden.

Um die Wirkung des ins Auge dringenden Lichts kennen zu lernen, haben wir uns zunächst mit der Einrichtung der Netzhaut vertraut zu machen. Diese ist die innerste der Augenhäute und setzt sich zusammen aus den Fasern des Sehnervs, aus eigentümlichen Anhangsgebilden dieser Fasern und endlich aus einer bindegewebigen Stützsubstanz, in welche die eigentlichen nervösen Elemente eingelagert sind. Der feinere Bau der Netzhaut ist äußerst verwickelt; es sei deshalb hier nur kurz erwähnt, daß man auf einem zur Flächenausbreitung der Netzhaut senkrechten Schnitt zehn verschiedene Schichten deutlich unterscheiden kann, wie bei Fig. 3 (vom Innern des Augapfels nach außen) angegeben. Die ganzen Schichten kann man als ein schwammartig durchlöchertes Bindegewebe auffassen, in dessen Lücken die eigentlichen nervösen Elemente eingelagert sind. In der Faserschicht, Ganglienzellenschicht und den beiden Körnerschichten sind die Lücken verhältnismäßig groß, und hier dominiert daher das Nervengewebe. In den beiden Körnchenschichten herrscht die Bindesubstanz vor. Die beiden Begrenzungsschichten bestehen ganz aus Stützsubstanz; die äußere ist zum Zweck des Durchtritts der nervösen Elemente filigranartig durchbrochen. Die Stäbchen und Zapfen sind ausschließlich nervöse Elemente, und die Pigmentschicht ist gewissermaßen als eine Umhüllungsschicht derselben aufzufassen. Sie bildet ein regelmäßiges Mosaik von platten, sechseckigen Zellen, welche pigmenthaltige Fortsätze zwischen die Stäbchen und Zapfen aussenden.

Die Verbindung zwischen den am weitesten nach außen gelegenen Stäbchen und Zapfen und den dem Innenraum des Augapfels fast unmittelbar anliegenden Fasern des Sehnervs (nur die innere Begrenzungsschicht bildet eine schwache Scheidewand) erfolgt derartig, daß die Fasern dieses Nervs sich an die Ganglienzellen begeben. Diese Zellen, die sich im

^[Abb.: Fig. 3.

Schichten in der Netzhaut des Menschen. Reihenfolge der Schichten (von innen nach außen): 1 Innere Begrenzungsschicht, 2 Nervenfaserschicht, 3 Ganglienzellenschicht, 4 innere Körnchenschicht, 5 innere Körnerschicht, 6 äußere Körnchenschicht, 7 äußere Körnerschicht, 8 äußere Begrenzungsschicht, 9 Schicht der Stäbchen und Zapfen, 10 Pigmentschicht.]