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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gleichenberg; Gleicheniaceen; Gleichen-Rußwurm; Gleicher; Gleiche Stimmen; Gleichgewicht; Gleichheit

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Gleichenberg - Gleichheit.

Gleichenberg, Badeort in Steiermark, Bezirkshauptmannschaft Feldbach, liegt 330 m ü. M. in anmutigem Hügelland nahe der ungarischen Grenze, ist ein Komplex eleganter, in Parkanlagen zerstreuter Villen und hat ein Schloß, eine schöne Kirche, ein Fremdenhospital, ein Theater und mit dem Dorf gleichen Namens (1880) 1411 Einw. Von den bereits den Römern bekannten Heilquellen von G. hat der Hauptbrunnen, die Konstantinquelle (17,5° C.), im allgemeinen dieselbe Zusammensetzung wie die Emser Quellen bei stärkerm Prozentgehalt an kohlensaurem Natron und Chlornatrium und ist wie diese angezeigt gegen die Katarrhe aller Schleimhäute und zwar zunächst gegen jene der Verdauungswege sowie weiterhin mit Rücksicht auf das milde, windstille, feuchtwarme Klima gegen jene der Luftwege mit ihren Folgezuständen. Außer den alkalisch-muriatischen Quellen des Kurortes selbst (Konstantin-, Emma-, Werlequelle, Römerbrunnen) entspringt in dessen Nähe die gegen Chlorose renommierte Klausener Stahlquelle und der als Luxusgetränk beliebte und vielversandte Johannisbrunnen, ein alkalischer Säuerling. Der Export sämtlicher Quellen beträgt ca. 250,000 Flaschen, der jährliche Besuch des Kurortes 4200 Personen. Andre Kurmittel sind: kohlensaure Bäder, Fichtennadelbäder und Inhalationen, Schwimmbassin mit Kaltwasserheilanstalt, Milch- und Molkenkur etc. G. mit seiner Umgebung ist reich an schönen Punkten, darunter das Erzherzog Johann-Monument, der Parapluie mit Rundsicht, das alte Schloß G., der vulkanische, bewaldete Doppelkegel der Gleichenberge, der imposante Felsen der Riegersburg mit schönem Schloß, der Schloßberg von Kapfenstein und das Basaltplateau des Hochstraden. Vgl. die Badeschriften über G. von Hausen (Wien 1882), Clar (das. 1886), Höffinger (Graz 1885).

Gleicheniaceen, Familie der Farne (s. d., S. 54).

Gleichen-Rußwurm, 1) Emilie von, Schillers jüngste Tochter, geb. 25. Juli 1804 zu Weimar, wenige Monate vor dem Tode des Vaters, verbrachte ihre Kinderjahre unter den Augen ihrer Mutter zu Weimar, lebte 1827-28 in Berlin, eine Zeitlang in der Familie Wilhelm v. Humboldts, heiratete im Juli 1828 den nachmaligen bayrischen Kammerherrn Adalbert v. G. (geb. 28. Nov. 1803), mit dem sie in glücklicher Ehe auf Schloß Greifenstein ob Bonnland in Franken lebte; sie starb daselbst, halb erblindet, 25. Nov. 1872. Eine nach Intelligenz und Gemüt reichbegabte Frau, hat sie sich durch die Veröffentlichung interessanter Beiträge zur Lebensgeschichte Schillers und seiner Gattin verdient gemacht. Hierher gehören: "Der Briefwechsel von Schiller und Lotte 1788-1789" (Stuttg. 1856); "Schillers Beziehungen zu Eltern, Geschwistern und der Familie v. Wolzogen" (das. 1859); "Charlotte v. Schiller und ihre Freunde" (mit Urlichs hrsg., das. 1860-65, 3 Bde.); "Schillers Kalender" ein Stück Tagebuch (das. 1865); "Schillers dramatische Entwürfe" (das. 1867); "Schillers Briefwechsel mit seiner Schwester Christophine und seinem Schwager Reinwald" (nach ihrem Tod hrsg. von W. v. Maltzahn, Leipz. 1875). Ihr Gatte lebt seit einigen Jahren in Weimar.

2) Heinrich Ludwig, Freiherr von, Maler, Sohn der vorigen, geb. 25. Okt. 1836 zu Greifenstein, widmete sich erst seit 1869 der Kunst an der Kunstschule in Weimar, wo er sich unter Max Schmidt und Th. Hagen zum Landschaftsmaler ausbildete. Seine realistisch behandelten Landschaften und Straßenbilder (am Hafendamm bei Bregenz, Sommermittag, Herbstmorgen, Rehwechsel, Verödet, zur Erntezeit, das Potsdamer Thor in Berlin, Kanal Ponte longo in Venedig) streben nach dem Ausdruck schlichter Naturwahrheit. - Seinem Sohn Karl Alexander (geb. 1865) verlieh der Großherzog von Weimar den Namen Schiller v. G.

Gleicher, s. v. w. Äquator.

Gleiche Stimmen (Voces aequales) heißen Stimmen nur einer der beiden Hauptgattungen: Männerstimmen oder Frauenstimmen (Knabenstimmen), im Gegensatz zu den gemischten Stimmen (voces inaequales, voller oder gemischter Chor, plenus chorus), die aus Männerstimmen und Frauenstimmen (Knabenstimmen) zusammengesetzt sind.

Gleichgewicht (Aequilibrium), der durch das Zusammenwirken zweier oder mehrerer Kräfte, die sich aufheben, bedingte Zustand der Ruhe. Über das Gleichgewicht schwerer Körper in Bezug auf die Schwerkraft s. Standfähigkeit. - Über das G. der Staaten s. Politisches Gleichgewicht.

Gleichheit (Aequalitas), in der Logik Einerleiheit von Dingen in Ansehung der Größe. Insofern aber der Begriff der Größe nicht bloß extensiv, sondern auch intensiv zu fassen ist, kann G. auch den Dingen beigelegt werden, wenn sie in Ansehung solcher Eigenschaften miteinander übereinstimmen, auf welche der Begriff der intensiven Größe Anwendung findet, und in diesem Sinn spricht man von G. der Kraft, Kenntnis, Fertigkeit etc. Vollkommene G. findet, wie Leibniz richtig bemerkt und durch die Aufstellung des Prinzips von der Einerleiheit des Nichtzuunterscheidenden (de identitate indiscernibilium) zum Denkgesetz erhoben hat, niemals statt; wenn aber die Unterschiede so klein sind, daß sie nicht bemerkt werden, wie z. B. wenn ein Mensch um eine Linie länger ist als ein andrer, so nehmen wir mit Recht G. an. Absolute G. kann einem Ding nur beigelegt werden, insofern man es mit sich selbst vergleicht, nach dem Grundsatz: jedes Ding ist sich selbst gleich, A=A. In der Arithmetik versteht man unter G. eine derartige Übereinstimmung zweier Größen, daß man die eine statt der andern setzen kann. Das Zeichen dafür ist =, z. B. 5+3=8; 5-3=2. In der Geometrie bedeutet G. die Übereinstimmung ebener Figuren in ihrer Fläche oder die Übereinstimmung von Körpern im Volumen. Es können hiernach auch ebene Figuren und ebenso Körper verschiedener Art, z. B. ein Dreieck und ein Kreis, ein Prisma und eine Kugel einander gleich sein.

Im Rechts- und Staatsleben versteht man unter G. die gleichmäßige Anwendung der Rechtsgrundsätze auf alle Staatsangehörigen. Man pflegt diesen Grundsatz regelmäßig unter den sogen. allgemeinen Menschenrechten mit aufzuführen, und in verschiedenen deutschen Verfassungsurkunden, wie z. B. in denjenigen von Bayern, Sachsen und Baden, ist die G. vor dem Gesetz ausdrücklich gewährleistet. Beispiele für die Minderung und gänzliche Aufhebung der Rechtsfähigkeit und damit auch der G. vor dem Gesetz liegen vor in der Sklaverei des Altertums und Amerikas, in der Leibeigenschaft und in dem Unterschied, welchen die Standesverhältnisse und die Verschiedenheit der Religion bis in unser Jahrhundert in Ansehung der rechtlichen Behandlung der Einzelnen begründeten. Erst durch das nunmehrige deutsche Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 ist die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung für alle Teile des Deutschen Reichs sanktioniert worden. Am vollständigsten ist das Prinzip der G. auf dem Gebiet des Privatrechts durchgeführt, auf welchem der Mensch als Einzelner