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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gnossus; Gnostiker; Gnostikerkreuz; Gnothi seautón; Gnotschaft; Gnu; Gnubberkrankheit; Go

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Gnossus - Go.

Gott als vielmehr auf einen niedern Weltbildner (Demiurgos) zurückführen, welcher, selbst der Sinnenwelt verwandt, tief unter dem Pleroma steht. Die dem Judentum minder schroff gegenüberstehende Richtung nahm an, der höchste Gott habe durch dienende Engel diese Welt hervorgebracht und regiere sie auch durch solche; an die Spitze dieser Engel stellten sie jenen Weltbildner, welcher daher nicht selbständig, sondern nur nach den vom höchsten Gott ihm eingegebenen Ideen handelt und das jüdische Volk erzieht, ohne die ganze Bedeutung des von ihm vollbrachten Werkes selbst zu würdigen. Denn erst durch das Christentum wurde die höchste Idee der ganzen Schöpfung offenbar, wie auch der in der Person Christi erschienene Äon erhaben ist über den Demiurgos und seine Engel. Weiter entfernten sich vom Judentum diejenigen Gnostiker, welche die geschichtliche Kontinuität mit dem Alten Testament ganz abbrachen und den Judengott und seine Engel als gegen den höchsten Gott feindselige Wesen betrachteten. Der Gott des Alten Testaments ist ihnen ein hochmütiges und rachsüchtiges Wesen, während der höchste Gott, der Gott der Heiligkeit und der Liebe, zunächst in der irdischen Schöpfung lediglich durch einige in der Menschheit zerstreute göttliche Lebenskeime vertreten ist, deren Entwickelung der Demiurgos nach Kräften zu hemmen suchte, bis einer der höchsten Äonen sich in einem Scheinleib zur Erde herabließ, um die gefangenen, ihm verwandten höhern Geistesnaturen zum Bewußtsein ihrer Bestimmung zu bringen und wieder in das Pleroma hinaufzuziehen (vgl. Doketen). Das Christentum findet daher auf diesem Standpunkt einen Anknüpfungspunkt höchstens in jenen Mysterien, in denen eine höhere Weisheit sich als Geheimlehre fortgepflanzt haben sollte. Die gnostische Praxis war durchweg von einer Theorie bedingt, wonach der Geist ein Lichtfunke Gottes ist, von seiner Feindin, der Sinnenwelt, in schmachvoller Gefangenschaft gehalten. Es gilt daher, sich als Geistmenschen (Pneumatiker) im Gegensatz zu den vom Demiurgos oder gar vom Satan herrührenden Seelenmenschen (Psychikern) und Fleischesmenschen (Hylikern) zu bewähren, d. h. die sittliche Aufgabe besteht in vollkommener Askese, Einswerden mit dem Urquell des Geistes durch Gnosis und Entkörperung des Geistes. Dasselbe Ziel suchten einzelne Parteien freilich auf dem umgekehrten Weg zu erreichen durch ungezügelte Befriedigung der Geschlechtsliebe, auf welche Weise z. B. Karpokrates und sein Sohn Epiphanes ihre Verachtung gegen das Fleisch und den beschränkten Gesetzesstandpunkt des Demiurgos an den Tag legten (Antinomismus). An das Judentum sich anschließende Gnostiker waren besonders Cerinthus (s. d.) und der Verfasser der pseudoclementinischen Schriften (s. Elkesaiten). Die syrische, sich immer mehr vom Judentum entfernende Gnosis ist vertreten durch Saturninus oder Satornil und ganz besonders durch die in den verschiedensten Formen existierenden Ophiten (s. d.). Einer der letzten syrischen Gnostiker ist Bardesanes (s. d.). Die durchsichtigsten und reifsten gnostischen Systeme führen sich auf Basilides (s. d.), der zwischen der syrischen und ägyptischen Gnosis vermittelt, und ganz besonders auf den Alexandriner Valentinus (s. d.) zurück. Wie aber die Geschichte keinen Urheber der ganzen Richtung, sondern nur Gründer gnostischer Parteien kennt, so läßt sich auch die Zahl ihrer Anhänger nicht bestimmen. So großartig sich indes der Gnostizismus besonders um die Mitte des 2. Jahrh. entfaltete, so geistig bedeutenden Anhang er allenthalben gewonnen hatte, und so gewiß sogar hervorragende Kirchenlehrer noch im 3. Jahrh. mit ihm vielfache Berührungspunkte aufweisen (s. Alexandrinische Schule), so vermochte er sich doch bei der ungezügelten Willkür seiner proteusartigen Gestaltungen, dem immer entschlossenern Widerspruch der Kirche gegenüber, auf die Dauer nicht zu halten. Schon um 200 war die Auseinandersetzung zwischen kirchlicher und gnostischer Weltanschauung im Grundsatz vollzogen. Vgl. Matter, Histoire critique du gnosticisme (2. Aufl., Straßb. 1844, 3 Bde.; deutsch von Dörner, Heilbr. 1833); Lipsius, Der Gnostizismus (in Ersch und Grubers Encyklopädie, Bd. 71, Leipz. 1860); Mansel, The gnostic heresies (Lond. 1875).

Gnossus, s. Knosos.

Gnostiker, Gnostizismus, s. Gnosis.

Gnostikerkreuz, s. Fylfoot.

Gnothi seautón (griech., "Erkenne dich selbst"), Inschrift des delphischen Tempels (vgl. Delphi), wird einem der Sieben Weisen, bald dem Thales, bald dem Cheilon, zugeschrieben.

Gnotschaft, im Berchtesgadener Land s. v. w. Weiler, bestehend aus einzelnen an den Bergen zerstreut liegenden Häusern.

Gnu, s. Antilopen, S. 640.

Gnubberkrankheit, s. Traberkrankheit.

Go, das Nationalspiel der Japaner, ist ein Brettspiel, welches von zwei Personen auf einem quadratischen Brett von 19 mal 19 Linien, also 361 Durchschnittspunkten, mit 180 (unter sich vollkommen gleichen) schwarzen Steinen für den einen Spieler und 180 weißen Steinen für den andern gespielt wird. Die beiden Gegner setzen abwechselnd immer einen Stein auf einen beliebigen unbesetzten Durchschnittspunkt (also nicht wie beim Schach auf die Felder). Der Hauptzweck des Spiels besteht in dem Bilden von Ketten, um mittels derselben möglichst viel Raum zu gewinnen und die Steine des Gegners zu erobern. Unter einer Kette versteht man eine Folge von Steinen, die eine Anzahl von Durchschnittspunkten vollständig einschließt. Stellt nebenstehende Figur die Ecke des Brettes links unten vor, in welcher sich auf b3, b4, c2, c5, d1, d6, e2, e4, e6, f3, f5 schwarze Steine befinden, so bilden diese eine Kette, welche die unbesetzten oder "freien" Punkte c3, c4, d2, d3, d4, e3 und die weißen Steine d5, e5 vollständig einschließt. Die einmal gesetzten Steine bleiben entweder unverändert stehen (werden also nicht von einem Punkt zum andern gezogen), oder können vom Gegner durch Ketten getötet (geschlagen, vom Brett genommen) werden. Sind nämlich eine Anzahl Steine des Gegners so von einer Kette eingeschlossen, daß außer ihnen kein freier Punkt in derselben sich befindet, so sind sie getötet. Wäre z. B. in der durch die Figur gegebenen Stellung Schwarz am Zug, so würde er auf d4 einen schwarzen Stein setzen und damit die weißen Steine d5, e5 töten, da sie von der Kette c5, d6, e6, f5, e4, d4 vollständig eingeschlossen sind. Die "einfachsten" Ketten werden in der Mitte des Brettes von 4 Steinen (z. B. d3, e4, f3, e2), am Rand von 3 Steinen (z. B. d1, e2, f1), in der Ecke von 2 Steinen (z. B.

^[Abb.: Go (Spiel), Schema.]