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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gregor

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Gregor (Päpste).

Scharen fliehen, um zuerst im Kloster zu Monte Cassino, später in Salerno eine Zuflucht zu suchen. Hier starb er 25. Mai 1085. G. war ohne Zweifel ein großer Mann. Gelangten auch die meisten seiner Gedanken erst nach seinem Tod zur Durchführung, so haben sie doch die Geschichte des Abendlandes in völlig neue Bahnen gelenkt und wirken fort bis auf die Gegenwart. Er hat die Idee eines absoluten Papstregiments über die Welt nachdrücklich aufgestellt, systematisch entwickelt (besonders in dem sogen. Dictatus) und praktisch zu verwirklichen den Anfang gemacht. Um die Durchführung seiner Pläne anzubahnen, wußte er die überaus günstigen Verhältnisse mit großem Scharfsinn zu benutzen. G. faßte das geistliche Wesen wie ein politisches Gemeinwesen, und die Frage nach der Verfassung, also der Form, überwog bei ihm bei weitem die nach der geistigen und sittlichen Bedeutung des Evangeliums. Daher war G. gleichgültig gegen die Häresien seiner Zeit, besonders gegen Berengar von Tours (s. d.), während er eine Opposition gegen die Kirchengesetze als eine fluchwürdige That ansah. Wenn er Sonne und Mond mit der Kirche und dem Staat verglich, so hatte in diesem Vergleich für G. nicht bloß das Verhältnis der Massenverteilung beider Organismen eine Wahrheit, sondern er bemerkte auch in dem Leuchten des Mondes mit erborgtem Licht und in dem Verschwinden desselben, wenn die Sonne sich erhebt, bedeutsame Beziehungen zwischen Königtum und Kirche. Von diesen Ideen war er durchdrungen, auch fähig, für sie zu leiden und zu arbeiten, ja für die Verwirklichung derselben das Leben einzusetzen. Zur Erkenntnis seines Wesens dient vornehmlich die Briefsammlung, die wir von ihm besitzen, am besten herausgegeben von Jaffé in "Bibliotheca rerum germanicarum", Bd. 2 (Berl. 1866). Über seine Geschichte vgl. Voigt, Hildebrand als Papst G. VII. und sein Zeitalter (2. Aufl., Weim. 1846); Söltl, G. VII. (Leipz. 1847); Helfenstein, Gregors VII. Bestrebungen nach den Streitschriften seiner Zeit (Frankf. 1856); Gfrörer, Papst G. VII. (Schaffh. 1859-61, 7 Bde.); Villemain, Histoire de Grégoire VII (2. Aufl., Par. 1886, 2 Bde.); Langeron, Grégoire VII et les origines de la doctrine ultramontaine (2. Aufl., das. 1874).

8) G. (VIII.), früher unter dem Namen Mauritius Burdinus Erzbischof von Braga in Spanien, wurde von der kaiserlichen Partei in Rom dem Papst Gelasius II. entgegengestellt (1118) und hielt sich anfangs mit Hilfe deutscher Truppen, mußte aber, von des Gelasius Nachfolger Calixtus II. bedrängt, nach Sutri flüchten, ward von den Einwohnern dieser Stadt 1121 ausgeliefert und starb 1125 im Kerker.

9) G. VIII., geboren zu Benevent, früher Alberto de Spinacchio, wurde Kardinal von San Lorenzo und, empfohlen durch Mäßigung und Liebe zum Frieden, im Oktober 1187 Papst, starb aber schon 17. Dez. d. J. in Pisa.

10) G. IX., vorher Ugolino Conti, Graf von Signia, aus Anagni gebürtig, wurde als ein Nepote Innocenz' III. 1199 zum Kardinalbischof von Ostia erhoben und bestieg 9. März 1227 nach dem Ableben Honorius' III., unter welchem er, gleich ausgezeichnet durch Gewandtheit und Energie, an der Spitze aller Geschäfte gestanden, den päpstlichen Stuhl als ein Greis von 77 Jahren, aber noch in seltener Kraft des Körpers. Er überbot Innocenz III. noch an Heftigkeit und Ungestüm im Kampf gegen Friedrich II., über den er wegen der Verzögerung des versprochenen Kreuzzugs sofort den Bann aussprach. In seiner Leidenschaft und Unversöhnlichkeit bekämpfte er den Kaiser sogar, während derselbe in Palästina war, und ließ zügellose Scharen in Apulien einfallen, ward aber 1230 zum Frieden von San Germano gezwungen. Nachdem er die kaiserliche Hilfe gegen die widerspenstigen Römer angerufen, begann er den Kampf mit Friedrich II. um die Herrschaft der Welt von neuem, indem er sich mit den Lombarden verbündete und 1239 den Bann über den Kaiser aussprach. In mehreren Manifesten wütete er gegen seinen Feind und sprach die schroffsten hierarchischen Grundsätze aus. Als Friedrichs Heere darauf im Sommer 1241 gegen Rom rückten, starb G. noch vor der Entscheidung, 21. Aug. 1241. Die fünf Bücher seiner "Dekretalen", die er durch Raymundus de Peñaforte sammeln und ordnen ließ, sind das Seitenstück zu der weltlichen Gesetzgebung Kaiser Friedrichs II. Vgl. Balan, Storia di Gregorio IX e del suoi tempi (Modena 1872); Felten, G. IX. (Freiburg 1886).

11) G. X., vorher Tebaldo de Visconti, geboren zu Piacenza, begleitete als Archidiakon zu Lüttich den Prinzen Eduard von Wales auf seiner Wallfahrt nach Palästina und ward 1. Sept. 1271 zum Papst erhoben. Er suchte auf dem allgemeinen Konzil zu Lyon 1274 für einen neuen Kreuzzug zu wirken und war unermüdlich thätig für die Beilegung der Zwietracht unter den Fürsten in Italien und Deutschland. Er verfaßte selbst eine Schrift, um Guelfen und Ghibellinen zu versöhnen, und war bemüht, die Zustände Deutschlands aus der traurigen Zerrissenheit des Interregnums zu retten und durch Neuwahl eines Königs dem Deutschen Reich neuen Zusammenhalt zu verschaffen. Rudolf von Habsburg fand 1273 bei ihm Unterstützung. Seine Bemühungen für die Kirche, seine Versuche einer Aussöhnung der Griechen mit Rom blieben aber ebenso wie seine politische Wirksamkeit ohne dauernden Erfolg. G. starb auf der Rückkehr von Lausanne zu Arezzo 10. Jan. 1276.

12) G. XI., früher Pierre Roger von Beaufort, Kardinaldiakon von Santa Maria Nuova, ein Bruderssohn Clemens' VI., aus Limoges gebürtig, ward 30. Dez. 1370 Papst und residierte bis September 1376 zu Avignon. Als Johanna von Sizilien 1373 ihre Besitzungen an Friedrich von Aragonien verkaufte, nahm er das Oberhoheitsrecht in Anspruch, konnte aber seine Absicht hier ebensowenig durchsetzen wie im Streit mit den Florentinern, welche zuletzt seine Unterthanen im Kirchenstaat gegen ihn aufwiegelten. Auf die Bitte der heil. Katharina von Siena kehrte G. nach Italien zurück und wurde im Januar 1377 in Rom feierlich eingeführt, vermochte jedoch sich nicht daselbst zu behaupten und erhob daher bald darauf Anagni zu seiner Residenz; starb 27. März 1378. Er war es, der 1373: 19 Sätze aus den Schriften Wiclefs und 13 Artikel des "Sachsenspiegels" verdammte.

13) G. XII., vorher Angelo Cornaro (Corrario), Kardinal und Bischof von Venedig und Chalkis, Titularpatriarch von Konstantinopel, wurde von der italienischen Partei der Kardinäle 2. Dez. 1406 zum Papst gewählt, aber, da er so wenig wie sein französisch-spanischer Gegenpapst Benedikt XIII. ernstliche Schritte that, dem Wohl der Kirche Opfer zu bringen, von seinen Kardinälen verlassen und auf dem Konzil zu Pisa 1409 abgesetzt. Zwar weigerte er sich, diese Absetzung anzuerkennen, aber als das Konstanzer Konzil zusammentrat, zeigte er demselben 4. Juli 1415 durch seinen Legaten seine Entsagung an und vollzog dieselbe 7. Okt., worauf er zum Kardinalbischof von Porto und ständigen Legaten der Mark Ancona ernannt ward. Er starb 1417 in Recanati.

14) G. XIII., vorher Ugo Buoncompagno, geb.