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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Haag - Haar.

der günstigen Lage auch die Freiheit, deren sich die Presse, Handel und Verkehr in den Niederlanden erfreuten, wesentlich beitrug. Hier wurde 1609 mit Spanien ein zwölfjähriger Waffenstillstand auf der noch jetzt sogen. Trèveskammer, 1666 der Bundesvertrag zwischen Dänemark und den Niederlanden gegen England, 23. Jan. 1668 die Tripelallianz zwischen England, Schweden und den Niederlanden, 31. März 1710 das sogen. Haager Konzert zwischen dem deutschen Kaiser, England und Holland zur Aufrechthaltung der Neutralität der deutsch-schwedischen Provinzen in dem Krieg der nordischen Mächte gegen Schweden, 4. Jan. 1717 die Tripelallianz zwischen Frankreich, England und Holland zur Sicherung der Aufrechthaltung der Bestimmungen des Utrechter Friedens und endlich 17. Febr. 1717 der Friede zwischen Spanien, Savoyen und Österreich, worin ersteres die Bestimmungen der Tripelallianz anerkannte, sowie zahlreiche andre Verträge abgeschlossen. Stadtrecht erhielt H. erst durch König Ludwig Napoleon, der im übrigen aber die höchsten Behörden nach Utrecht und Amsterdam verlegte. Durch das Haus Oranien stieg H. als königliche Residenz bald zu höherm Glanz.

Haag, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Wasserburg, hat ein Amtsgericht, eine schöne Kirche und (1885) 1033 Einw. Die Grafschaft H. fiel 1566 an Bayern.

Haag, Karl, Maler, geb. 20. April 1820 zu Erlangen, war anfangs Schüler von Reindel in Nürnberg und setzte später in München unter Cornelius und in Rom seine Studien fort. Als er 1847 nach England ging, wurde er dort von der Aquarellmalerei so sehr angezogen, daß er sich ihr zu widmen beschloß und sich in London niederließ. Von dort machte er Reisen nach Belgien, Frankreich, Italien, Ägypten und Syrien und schuf eine Menge von Landschaften mit Figurenstaffage und Architekturbildern, die ethnographisch interessant und durch ihre lebensvolle Auffassung und Wärme des Kolorits künstlerisch bedeutend sind. Die besten darunter sind Szenen aus Italien und Tirol. Unter den übrigen erwähnen wir: den plötzlichen Schreck in der Wüste, wo ein Geier auf das Kamel eines Reisenden stürzt; die Gefahr in der Wüste, wo eine Mutter mit ihrem Kind hinter einem Kamel kauert und der Vater die Flinte auf zwei feindliche Reiter anlegt; die Ruinen von Baalbek; Panorama von Palmyra; Beduinenandacht; Vorposten in Montenegro; die Lektüre des Korans.

Haagengebirge, eine Kette der Salzburger Alpen, 2465 m hoch, erstreckt sich, südlich vom Blühnthal und nördlich vom Bluntathal begrenzt, nordöstlich bis zur Salzach, wo es mit den Ausläufern des gegenüberliegenden Tännengebirges den Paß Lueg (s. d.) bildet.

Haager Gesellschaft zur Verteidigung der christlichen Religion (Societas Hagana pro vindicanda religione christiana), ein am 19. Okt. 1785 von Heringa und vier andern reformierten Geistlichen Hollands gestifteter Verein, welcher Preisaufgaben über jeweils brennende Fragen der Religionswissenschaft, der christlichen Theologie und des kirchlichen Lebens ausschreibt, die eingelaufenen Arbeiten beurteilt und eine Auswahl derselben in fortlaufender Reihe veröffentlicht ("Werken van het Haagsche Genootschap", Leiden). Die Gesellschaft hat insofern einen internationalen Charakter, als sie lateinisch, holländisch, französisch und deutsch geschriebene Arbeiten zuläßt; auch ist der theologische Standpunkt, den sie vertritt, mit der Zeit ein recht weitherziger geworden. Zu den Vorständen gehören Theologen wie J. H. ^[Johannes Henricus] Scholten und A. Kuenen. Vgl. "Het Haagsche Genootschap tot verdediging van de christelijke godsdienst" (Leiden 1885).

Haanen, Remi van, holländ. Maler und Radierer, geb. 5. Jan. 1812 zu Oosterhout (Nordbrabant), siedelte 1836 nach Wien über, von wo er Reisen durch einen großen Teil von Europa machte. Seine zahlreichen Landschaften, meist in Öl, seltener in Wasserfarben ausgeführt, sind häufig Mondschein- oder auch Winterbilder von poetischer Anlage, aber von zu manierierter, durch Massenproduktion veranlaßter Ausführung. Die bedeutendsten derselben sind mehrere aus den Karpathen, eine vom Ufer der Theiß, eine holländische Kanallandschaft, Partie in Gelderland, Waldinterieur, Gewitter nach Sonnenuntergang und eine im Geist Hobbemas komponierte und trefflich beleuchtete Waldlandschaft.

Haar, die (Haarstrang), ein kahler Bergrücken in der preuß. Provinz Westfalen, der, von O. nach W. ziehend, von Brilon ab das rechte Ufer der Möhne und dann der Ruhr in einer Länge von 75 km begleitet und in der Gegend von Unna in das Ardey- und Ruhrkohlengebirge (s. d.) übergeht. Seine größte Höhe beträgt im O. beinahe 380, im W. (Bischofshaar bei Körbecke) 308 m. Gegen die Möhne und Ruhr hin fällt die H. schroff und felsig ab; nordwärts verflacht sie sich zu einer fruchtbaren Landschaft, dem Hellweg (s. d.). Auf der Höhe des Bergrückens läuft der Länge nach der Haarweg. Die H. zählt zum Gebiet des zur Kreidegruppe gehörigen Plänerkalks, der durch seine trocknen Flußbetten und unterirdischen Wasserläufe bekannt ist und viele Versteinerungen von Seetieren enthält. Merkwürdig ist die Menge von Salzquellen am nördlichen Fuß der H., die aber nicht, wie es sonst fast überall im Deutschen Reich der Fall ist, ein Steinsalzlager zur Grundlage haben. S. Karte "Westfalen".

Haar, Bernard ter, holländ. Dichter, geb. 13. Juni 1806 zu Amsterdam, studierte hier und in Leiden Theologie und Philologie, bekleidete darauf verschiedene Predigerstellen, bis er 1843 als Pastor in Amsterdam angestellt wurde, und erhielt 1854 die Professur der Kirchengeschichte an der Universität zu Utrecht. Seit 1876 in den Ruhestand versetzt, starb er 19. Nov. 1880 in Velp bei Arnheim. Außer einer populären Geschichte der Reformation ("Geschiedenis der kerkhervorming in tafereelen", Haag 1843; 5. Aufl. 1854; deutsch von Groß, Gotha 1856) und andern Schriften auf kirchenhistorischem Gebiet (z. B. "De historiographie der kerkgeschiedenis geschetst", Utrecht 1870-73, 2 Bde.) hat er erzählende und lyrische Dichtungen veröffentlicht, die sich besonders durch großen Wohllaut der Sprache und Anschaulichkeit der Schilderungen auszeichnen. Wir nennen die poetischen Erzählungen: "Joannes en Theagenes" (4. Aufl., Arnh. 1856) und "Huibert en Klaartje" (3. Aufl., Haarl. 1858), letztere noch heute eins der populärsten holländischen Gedichte; "De St. Paulusrots" (5. Aufl., Arnh. 1865); die lyrischen Sammlungen: "Verzameling van verspreide en onuitgegeven gedichten" (das. 1849, 3. Aufl. 1852) und "Zangen van vroegeren leeftijd en nieuwe gedichten" (das. 1851, 2. Aufl. 1857); eine dritte Sammlung "Gedichten" (1866; darin das prächtige "Eliza's vlucht") und "Laatste gedichten" (Haag 1879). Eine Ausgabe seiner "Kompleete gedichten" erschien in 3 Bänden (Leiden 1880). Vgl. Beets, Levensbericht van Bernard ter H. (Leiden 1881).