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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hamburg

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Hamburg (Umgebung; Geschichte).

burgs ist das Johanneum, ursprünglich die von Bugenhagen 1529 in dem von Adolf IV. gestifteten Johanniskloster eingeweihte lateinische Schule, jetzt aus einem Gymnasium und einer Realschule bestehend (das früher mit dem Johanneum verbundene akademische Gymnasium, eine Vorstufe für die Universität, ist aufgehoben); das Wilhelmsgymnasium; die Gewerbeschule und Schule für Bauhandwerker; die höhere Bürgerschule; zahlreiche Privat- und Volksschulen; die St. Johannisklosterschule für Mädchen mit einem Lehrerinnenseminar. Ferner sind vorhanden eine Navigationsschule, verbunden mit einem astronomischen Observatorium; Lehranstalten für Chirurgie und Pharmazie; ansehnliche Bibliotheken und wissenschaftliche Sammlungen; ein botanischer und ein zoologischer Garten (1863 von Alfr. Brehm eingerichtet); eine bedeutende Gemäldegalerie (meist Bilder neuerer Zeit) und Sammlung von Skulpturen, ein Kupferstichkabinett etc. in der Kunsthalle; das Kunst- und Gewerbemuseum; das Museum für Völkerkunde; die anthropologische und prähistorische Sammlung nebst Sammlung für hamburgische Altertümer; das naturhistorische Museum, für welches ein eignes Gebäude jetzt im Bau begriffen ist. Viele in der deutschen Litteratur- und Kunstgeschichte berühmte Namen stehen mit H. in enger Verbindung. Wir erinnern nur an Fleming, der seine letzten Lebenstage in H. verlebte, an Ph. Zesen, der 1643 daselbst die Deutschgesinnte Genossenschaft gründete, an die Dichter Brockes, Hagedorn und Neumeister, besonders aber an Lessing, der dort seine "Dramaturgie" schrieb (wie denn das Hamburger Theater der damaligen Zeit unter der Direktion von Ackermann und Schröder eine für die Entwickelung des deutschen Schauspielwesens bedeutende Stellung einnimmt); ferner an Klopstock, der 1774-1803 in H. wohnte, und dessen Wohnhaus in der Königsstraße durch eine Inschrift kenntlich ist, endlich an Reimarus, Voß, Gerstenberg, Claudius u. a. Die bedeutendsten Gesellschaften und Vereine für wissenschaftliche, künstlerische und andre Zwecke sind: die Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens (1805 gegründet, mit Bibliothek und Lesezirkel); der Schulwissenschaftliche Bildungsverein (1825 gegründet); die Gesellschaft zur Verbreitung mathematischer Kenntnisse (schon 1690 gegründet); der Kunstverein; der Verein für Kunst und Wissenschaft (seit 1868); der Anthropologische Verein (seit 1871); die Geographische Gesellschaft (seit 1873); die Hamburg-Altonaische Bibelgesellschaft; der Naturwissenschaftliche Verein (1837 gegründet); der Ärztliche Verein (1816 gegründet) mit einer 12,000 Bände starken Bibliothek und einer anatomischen Sammlung; die Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe, Patriotische Gesellschaft genannt (1765 gegründet), die eine Menge andrer nützlicher Institute (außer den oben genannten die Navigationsschule, die Kreditkasse, die Zeichenschule für Handwerker, welche später zu einer großen städtischen Gewerbeschule erweitert wurde, u. a.) ins Leben rief; der Architekten- und Ingenieurverein; der Garten- und Blumenbauverein für H., Altona und deren Umgegend (1836 gestiftet, 1875 reorganisiert), der jährlich eine Blumen- und Früchteausstellung veranstaltet; der Verein für hamburgische Geschichte (seit 1839).

[Umgebungen.] Die Umgebung Hamburgs verschönert sich mehr und mehr und bietet große Annehmlichkeiten, besonders reizende Gartenanlagen und Erholungsorte, dar. Seit 1860 hat auch die Ausdehnung des von den Städtern bewohnten Gebiets in der Nähe der Stadt ungemein zugenommen. Fast nach allen Richtungen hin sind dort Häusermassen neu ausgeführt worden, so daß nur der Name von Vorstädten fehlt. Vom W. Altonas und Ottensens her bis nach Eppendorf, Barmbek, Wandsbek und Horn (3 km östlich von St. Georg) zieht sich eine beinahe ununterbrochene Häuserreihe hin, welche sich in der Mitte dieser Strecke von der Elbe aus fast 4 km landeinwärts erstreckt. Immer mehr wird es Sitte, daß die Geschäftsleute außerhalb der Stadt und zwar Winter und Sommer hindurch wohnen und nur zu den Geschäftsstunden (etwa 10-5 Uhr) in der Stadt sind.

Einzelne Gegenden in der Altstadt werden immer mehr von Bewohnern verlassen und dienen hauptsächlich zu Speichern (Warenmagazinen) und Kontoren. Die ganze riesige Häusermasse wird nach allen Richtungen von Omnibussen durchfahren; auch für Pferdeeisenbahnen bestehen in der Stadt und Umgegend mehrere Linien. Die besuchtesten Orte in der Nachbarschaft auf hamburgischem und holsteinischem Gebiet sind Wandsbek, Eppendorf, Horn, Harvestehude, Uhlenhorst, Bergedorf, Reinbek, Friedrichsruh und Blankenese. Vgl. beifolgende Karte.

Geschichte der Stadt und des Staats Hamburg.

Wahrscheinlich ist H. aus einem der beiden von Karl d. Gr. um 808 an der Alster gegen die Slawen angelegten Blockhäuser oder Kastelle entstanden und zwar unter dem Namen Hammaburg. Zwar wurde die Hammaburg von den Wilzen bald wieder zerstört, jedoch 810 neu aufgebaut, und 811 erhielt sie eine Kirche, welche der Mittelpunkt der Verbreitung der Kultur nicht nur für Nordalbingien und die Cimbrische Halbinsel, sondern auch für die dänischen Inseln und selbst für Schweden und Norwegen ward. Im J. 831 ward H. zum Bistum, 834 zum Erzbistum erhoben; dem Bischof und nachherigen Erzbischof Ansgar (s. d.) wurden in der betreffenden Fundationsurkunde auch die Länder Grönlandia, Islandia und Scandinavia als Sprengel angewiesen. Ansgar gründete zwar eine Klosterschule und wirkte unermüdlich für die Ausbreitung des Christentums, allein dieselbe schritt nur sehr langsam fort. Fischerei blieb geraume Zeit fast der einzige Nahrungszweig der Bewohner. Nachdem die Stadt, die Domkirche und das Kloster 845 von den Normannen eingeäschert worden waren, wurde 848 das Erzbistum H. mit dem Bistum Bremen vereinigt und der Sitz des erstern nach Bremen verlegt. Wieder aufgebaut, wurde die Stadt noch mehrmals von Verwüstungszügen der Dänen und Slawen heimgesucht. Hermann Billung, der seit 936 die Nord- und Ostgrenze Sachsens tapfer verteidigte und 959 dies Herzogtum erhielt, schützte H. gegen dessen Feinde. Bei der großen Erhebung der Slawen nach Ottos II. Tod (983) fiel es aber wieder in deren Gewalt und wurde ihnen erst 987 wieder abgenommen. Erzbischof Unwan (1013-29) gründete an Stelle des Klosters ein Domkapitel, und Alebrand (Bezelin, 1035-43) erbaute 1037 den Dom. Erzbischof Adalbert (1043-72) errichtete in H. eine Burg. Gegen 1072 wurde die Stadt von den Slawen abermals verbrannt, erholte sich jedoch so schnell wieder, daß schon 1126 ein neuer Dom dastand.

Im J. 1110 gelangten die Grafen von Schauenburg zum Besitz Holsteins und Hamburgs. Graf Adolf III. gründete 1188 neben der bisherigen Altstadt (Petrikirchspiel) auf der Stelle der Neuen Burg die Neustadt (Nikolaikirchspiel), die von kaufmännischen Ansiedlern bevölkert wurde, und wirkte H. gegen