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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hammer

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Hammer (Hebel-, Dampf-, Transmissionshämmer).

zwischen Kopf und Drehzapfen und zwar seitwärts, bei den dritten an einem über die Drehzapfen hinausgehenden Stück (bez. Schwanz) des Helms. Man hat die erstern am schwersten bis 5000 kg Fallgewicht mit geringer Geschwindigkeit (bis 100 Schläge in der Minute), die letztern von 25 kg Fallgewicht abwärts mit größter Geschwindigkeit (bis 400 Schläge pro Minute) gebaut. Da sie früher ausschließlich mit Wasserkraft betrieben wurden, so heißen sie auch Wasserhämmer. Die Hebelhämmer stehen jetzt nur noch als Schwanzhämmer in Anwendung und zwar in einer Anordnung, wie sie Fig. 1 vor Augen führt. Hier erkennt man in K den Hammerkopf an dem Helm H, der bei P in einem Gußeisengestell mit zwei Zapfen gelagert ist. Die Daumen d sitzen auf einer durch Riemen umgetriebenen Daumenwelle mit Schwungrad S und heben den H., dessen Schwanz bei e in einem Puffer die Hubbegrenzung erhält. Der Amboß A steht in dem Amboßstock B, während der H. auf dem Fundament F aufruht, das der Elastizität wegen aus einem Balkengerüst besteht.

In neuerer Zeit zieht man mit Recht diejenigen Hämmer vor, bei welchen der Hammerkopf oder Klotz sich vertikal in Rahmen bewegt (Vertikal- oder Rahmenhämmer), weil man denselben leicht jede beliebige Fallhöhe, also auch Wirkungsgröße geben kann, da die Hammerbahn mit der Amboßbahn stets parallel bleibt (Parallelhammer), und weil diese Hämmer ihrer aufrechten Stellung wegen wenig Platz brauchen. - Das Hebezeug des Hammerkopfes ist entweder eine Dampfmaschine, die unmittelbar mit dem H. verbunden ist, oder eine Transmission, weshalb man zweckmäßig Dampfhämmer und Transmissionshämmer unterscheidet.

Schon James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, hatte 1784 das Projekt eines Dampfhammers unter seinen Patenten, das deswegen nicht zur Ausführung gelangt ist, weil das Bedürfnis nach dieser Werkzeugmaschine noch nicht groß war, und so muß Nasmyth zu Patricroft bei Manchester als der Erfinder des Dampfhammers gelten, der 1839 Zeichnungen desselben herstellte, nach welchen 1842 zu Creusot in Frankreich der erste Dampfhammer gebaut wurde. Das Wesen dieser Konstruktion, welches in der direkten Verbindung des Hammerklotzes mit der Kolbenstange eines vertikal darübergestellten Cylinders bestand, in den unten Wasserdampf eintrat und Kolben nebst Klotz hob, der dann ohne Zuthun des Dampfes niederfiel, ist bis auf den heutigen Tag erhalten, wenn auch der Dampfhammer im Lauf der Zeit fast alle Wandlungen der Dampfmaschine mitgemacht hat. Namentlich ist hervorzuheben, daß man ihn doppelt wirkend, d. h. mit Oberdampf, konstruiert, so daß auch beim Niedergang der Dampfdruck mitwirkt, und daß die verschiedensten Steuerungsmechanismen (Schieber-, Hahn-, Ventilsteuerung), sowohl mit der Hand als selbstthätig beweglich, zur Verwendung gekommen sind.

Als Typus eines größern Dampfhammers kann der aus beifolgender Tafel links im Durchschnitt, rechts in der Ansicht gezeichnete gelten. Auf der Hüttensohle erhebt sich ein kräftiges, aus zwei Ständern bestehendes Hammergerüst, das oben den Dampfcylinder trägt, der durch Flantschen mit den Ständern verbunden ist und dadurch diese zugleich zusammenhält. Zwischen denselben wird der Hammerklotz oder das Fallgewicht in vertikalen Gleitbahnen sicher geführt und vermittelst der Kolbenstange mit dem Dampfkolben verbunden. Der links zugeführte Dampf tritt bei der entsprechenden Stellung des Eintrittsventils unter den Kolben und hebt denselben, wobei die im Cylinder vorhandene Luft durch eine oben sichtbare Reihe von Löchern entweicht. Schiebt sich dabei der Kolben bis über die Löcher in die Höhe, so wird über denselben die Luft wieder komprimiert und so als Luftpuffer (Reitel) benutzt, der das Durchschlagen durch den Cylinderdeckel verhindert. Infolge einer Umstellung der Ventile wird die Dampfzufuhr abgeschnitten, das Dampfausströmen eingeleitet und durch Niederfallen vermöge seines eignen Gewichts der H. zur Wirkung gebracht. Zur Aufnahme des Stoßes dient der Amboß, welcher zwischen den Ständern auf einem großen Eisenklotz befestigt ist, welcher Chabotte genannt und der Elastizität halber auf eine Holzunterlage gesetzt ist, die auf Mauerwerk oder hartem Boden (Fels) aufruht. Damit die Erschütterungen nicht auf den H. übertragen werden, sind die Ständer auf besondern Fundamentplatten und diese auf einem Grundmauerwerk befestigt, das mit dem Chabottenunterbau nicht in Berührung steht. - Die Umsteuerung, wodurch nicht nur der H. überhaupt in Thätigkeit gesetzt, sondern auch mit erstaunlicher Sicherheit reguliert wird, von dem kleinsten kaum bemerkbaren bis zu einem Schlag von mehr als 20,000 Kilogrammmeter, findet durch die Hand eines Arbeiters statt, der sich auf dem Wärterstand aufhält und mit einem Steuerhebel alles regiert. Nur wenn der H. zur höchsten Stellung emporsteigt, verschließt er selbst die Zuströmung indem er gegen einen Hebel stößt, der die notwendige Umsteuerung bewirkt.

Nach diesem Nasmythschen System werden jetzt die größten Hämmer gebaut, wovon die zwei allergrößten hier Erwähnung verdienen. Der eine befindet sich bei Krupp in Essen. Derselbe hat ein Fallgewicht von 50,000 kg und eine Fallhöhe von 3 m und entwickelt demnach bei einem Schlag eine Wirkung von 150,000 Kilogrammmeter. - Der andre steht in Creusot, besitzt ein Fallgewicht von 80,000 kg und eine Fallhöhe von 5 m und entwickelt demnach bei einem Schlag eine Wirkung von 400,000 Kilogrammmeter. Seine Chabotte hat ein Gewicht von fast 800,000 kg, und sein Gesamtgewicht beträgt 1,280,000 kg. Vier Kräne, die zusammen 460,000 kg zu heben und beliebig zu wenden, zu drehen etc. vermögen, stehen zur Bedienung um den 18½ m hohen und 12 m weiten Kran. Die Ventilsteuerung wird durch die Hand vorgenommen. Diese größte Hammeranlage der Welt mit sechs Bessemerbirnen

^[Abb.: Fig. 1. Hebelhammer.]