Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Haemostatica; Hämos; Hämospasie; Hampden; Hampel; Hampelmann; Hampshire

61

Hämos - Hampshire.

Schwere und Spannung zum Stuhlgang, der dann aber häufig genug wegen seiner Schmerzhaftigkeit über Gebühr hinausgeschoben wird, und geben somit von neuem Veranlassung zur Verhärtung der Kotmassen und zur Verstopfung. Gleichzeitig fühlen sich die Kranken matt und abgeschlagen; das durch die entzündliche Reizung und durch die krankhafte Absonderung hervorgerufene immerwährende Jucken und Stechen am After macht sie verdrießlich, es entstehen wohl auch öfters Eingenommenheit des Kopfes, ein Gefühl von Spannung im Unterleib, Schmerzen im Kreuz und Verdauungsbeschwerden; die Gemütsverstimmung kann sich bis zur Melancholie steigern. Nimmt unter solchen Erscheinungen und bei vielleicht fortdauernder mechanischer Reizung der Schleimhaut durch verhärtete Kotmassen die Blutüberfüllung der Schleimhaut zu, so reißen die Gefäße, und es tritt Blutung ein, welche wesentliche Erleichterung bringt, insofern infolge davon besonders die Spannung und der Druck im Kreuz bald nachlassen und auch die übrigen Erscheinungen verschwinden. Seit alten Zeiten hat man sich gewöhnt, in den H. eine für den davon Befallenen höchst erwünschte Erscheinung zu erblicken, weil dieselben bewirken sollen, daß der Körper von vielen andern Übeln durch sie befreit bleibe. Auf dieser Anschauung beruht der für die H. gebräuchliche Name der "güldenen Ader". Ihre scheinbare Begründung findet jene irrtümliche Meinung in dem Umstand, daß Individuen, welche an den verschiedensten, oft höchst lästigen Symptomen von seiten des Unterleibs, Magens, Gehirns etc. leiden, die auffallendste Erleichterung dieser Symptome empfinden, sobald eine entsprechend reichliche Blutung aus der Mastdarmschleimhaut eingetreten ist. Von der Unterdrückung der Hämorrhoidalblutung hat man oft üble Folgen gesehen. Bei Männern entwickeln sich unter solchen Umständen oft ähnliche Erscheinungen wie bei Frauen in den klimakterischen Jahren, welche häufig ebenso wie die periodischen alle 3-4 Wochen wiederkehrenden Anschwellungen der Knoten ohne Blutung (sogen. trockne oder blinde H.) zu Vergleichen geführt haben, die aber alles innern Zusammenhanges entbehren. Die Voraussage betreffs der Heilung ist ungünstig, da nur selten und dann erst in höherm Greisenalter selbständige Rückbildungen vorkommen. Wegen der drohenden Gefahr einer Blutgerinnung innerhalb der Knoten, Embolie oder Venenentzündung, namentlich aber wegen allzu starker Blutungen ist die operative Entfernung größerer Knoten zu empfehlen. Im übrigen richtet sich die Behandlung womöglich auf das ursachliche Übel, d. h. also Entfernung verhärteter Kotballen, Vermeiden mechanischer Reizungen, wie Reiten, anhaltendes Sitzen u. dgl., Bekämpfung der bereits eingetretenen Blutarmut durch kräftigende Nahrung, überhaupt eine richtige Lebensweise; Einfachheit im Essen und Trinken, Sorge für regelmäßigen Stuhlgang, ausgiebige Bewegung zu Fuß, Turnen, Baden in fließendem Wasser dienen zur Verhütung der H. Zur Regulierung der Ausleerungen dienen am besten Klystiere, die lauwarm oder kalt genommen werden, innerlich höchstens leichte Abführmittel, wie Weinstein, Rhabarber u. dgl., und, wenn die Kreuzschmerzen heftiger werden und die einmal gewohnten Blutentleerungen ausbleiben, einige Blutegel an dem After oder auch kalte Sitzbäder. Die schmerzhaften Knoten bestreicht man mit mildernden Salben. Heftige Blutungen müssen gestillt werden, zumal bei solchen Individuen, welche ohnehin nicht zu viel Blut haben. Am sichersten geschieht dies wiederum durch kalte Klystiere, im Notfall mit Zusätzen von Gerbsäure, Eisentinktur, oder durch Einführung eines Tampons. Sehr blutreiche, vollsaftige Hämorrhoidarier gebrauchen oft mit gutem Erfolg eine jährliche Trinkkur in Kissingen, Homburg und ähnliche Mineralwasserkuren.

Hämos, im Altertum Name sämtlicher Gebirge zwischen dem Schwarzen und dem Adriatischen Meer; im engern Sinn der jetzige Balkan.

Hämospasie (griech.), s. Schröpfen.

Haemostatica (griech.), blutstillende Mittel, s. Blutung, S. 90.

Hampden (spr. hämmd'n), John, engl. Politiker, geb. 1594 zu London als Sprößling einer alten Familie in Buckinghamshire und mit Cromwell verwandt, studierte zu Oxford und widmete sich dann der Bewirtschaftung seines Stammgutes und historischen Studien. Im J. 1625 für den Flecken Grampound ins Parlament gewählt, that er sich wenig hervor, bestritt aber entschieden das Recht des Königs zur Erhebung von Zwangsanleihen und nicht bewilligten Steuern. 1637 verweigerte er die Zahlung von 20 Schillingen, die auf seinen Anteil an der verfassungswidrigen Abgabe des Schiffsgeldes fielen, brachte die Sache vor den obersten Gerichtshof, wurde zwar verurteilt, gewann aber dadurch die höchste Popularität. Die oft wiederholte Erzählung, daß er an der Ausführung eines Plans, mit Cromwell, Pym u. a. nach Amerika auszuwandern, durch die Regierung verhindert worden sei, ist unbegründet. Im Parlament von 1640 trat er an die Spitze der Opposition und gehörte zu den fünf Mitgliedern des Unterhauses, welche 1642 vor dem Oberhaus des Hochverrats angeklagt wurden. Als der Kampf zwischen dem Parlament und dem König ausbrach, ward H. in den Sicherheitsausschuß des erstern gewählt und führte ein Regiment gegen die königlichen Truppen ins Feld. Bei Chalgrovefield, einige Meilen von Oxford, ward er in einem Reitertreffen 18. Juni 1643 tödlich verwundet und starb sechs Tage danach. Im J. 1843 ward ihm an dieser Stätte ein Denkmal errichtet. Vgl. Nugent, Memorials of John H. (4. Aufl., Lond. 1856); Venedey, John H. und die Lehre vom gesetzlichen Widerstand (3. Aufl., Duisb. 1865).

Hampel, s. v. w. Kretin.

Hampelmann, komische Lokalfigur der Frankfurter Volksbühne.

Hampshire (spr. häm[p]schir, auch Hants und Southamptonshire genannt), Grafschaft im südöstlichen England, grenzt im N. an die Grafschaft Berks, im O. an Surrey und Sussex, im S. an den Kanal, im W. an Dorset und Wilts und hat einen Flächenraum von 4199 qkm (76,3 QM.). Die Küste ist größtenteils niedrig und wird von dem Langston- und Portsmouthhafen und dem Southamptonwater tief eingeschnitten. Große Salzmarschen kommen im westlichen Teil vor. Das Innere der Grafschaft wird von den Kreidehügeln der nördlichen und südlichen Downs durchzogen (bis 152 m hoch). Als die wichtigsten Flüsse sind der Itching und Avon zu nennen. Das Land hat ausgedehnte Heiden, trockne und große Waldungen mit Buchen und Eichen (New Forest im SW., Alice Holt und Woolmer Forest im O., Forst von Bere im SO.) und zählt (1881) 593,470 Einw. (Zunahme seit 1871: 9 Proz.). Auf Ackerland und Gärten kamen 1884: 47 Proz., auf Grasland 22 Proz., auf Wald 10 Proz. des Areals. Die Viehzucht ist bedeutend, namentlich die Schafzucht; die Schweine von H. geben ausgezeichnete Schinken. Man zählte 1885: 28,189 Ackerpferde, 82,561 Rinder, 524,715 Schafe,