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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Handfeuerwaffen

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Handfeuerwaffen (Magazin- oder Repetiergewehre).

nen und Öffnen; 2) Vorschieben und Rechtsdrehen der Kammer: Schließen. Der Lauf ist brüniert, die eisernen Gewehrringe sind blau angelassen. Die Jägerbüchse M/71 ist von der gleichen innern Lauf- und Verschlußkonstruktion wie das Gewehr M/71, nur ist der Lauf 13 cm kürzer. Noch kürzer ist der Karabiner, der aber die gleiche Patrone wie das Gewehr M/71 verfeuert. Auch die bayrische Armee ist mit diesen Waffen M/71 ausgerüstet.

Über die Frage, ob im Prinzip das Kolben- dem Blockverschlußsystem vorzuziehen sei oder umgekehrt, ist viel gestritten worden. Im speziellen sei erwähnt, daß die Blockverschlüsse ein vollständiges Einsetzen der Patrone mit der Hand erfordern, damit der Verschlußblock am Patronenboden vorbei kann; mit der zunehmenden Verschmutzung des Gewehrs beim Schießen wird dies schwieriger, es setzt überhaupt eine gewisse Geschicklichkeit der Hand voraus, die durch große Kälte nicht unbedenklich beeinträchtigt wird. Bei den Kolbenverschlüssen dagegen wird die Patrone nur in die Ladeöffnung gelegt, das Einführen in das Patronenlager geschieht durch den Verschlußkolben beim Vorschieben desselben. Diesen Nachteil teilt mit den Blockverschlüssen der bis jetzt einzige Wellenverschluß des in Österreich als M/67/73 eingeführten Gewehrs nach der Konstruktion des Fabrikanten Werndl zu Steier (Textfig. 9 und Tafel I, Fig. 22). Das Verschlußstück; die Welle, ist ein massiver Cylinder mit Laderinne, Handhabe, vorderm und hinterm Zapfen zur Lagerung und einem Schlagstift mit Spiralfeder zur Zentralzündung. Das Lager für den vordern Zapfen ist unter dem Laufmundstück, der hintere dreieckige Zapfen liegt auf einer Feder im Schweifstück; er wird durch einen von oben in das Gehäuse eingeschobenen Reiter, die Stoßplatte, gehalten. Die vordere Fläche der letztern, wie die hintere der Welle, ist eine Schraubenfläche. Beim Linksdrehen der Welle, also Schließen, gleiten dieselben aufeinander hin und pressen die Stirnfläche zum festen Verschluß gegen das hintere Rohrende. Der Auszieher ist ein doppelter Winkelhebel, der mit dem einen Arm hinter den Patronenrand greift; auf den andern, in der Gehäusewand liegenden Arm schlägt die Welle mit der Endfläche der vorn in Fig. 9 sichtbaren Rinne beim Rechtsdrehen, also Öffnen der Welle. Die Entzündung geschieht durch einen Hahn. Der Verschluß erfordert drei Griffe: 1) Aufziehen des Hahns; 2) Rechtsdrehen der Welle: Öffnen; 3) Linksdrehen der Welle: Schließen. Bei aller Solidität hat es den Nachteil, daß durch einen besonders aufzuziehenden Hahn abgefeuert wird, wodurch der dritte Griff so lange unvermeidlich bleibt, als das Spannen des Hahns nicht mit dem Öffnen vereinigt wird, wie beim Martini-Gewehr.

Magazin- oder Repetiergewehre.

Nach dem jetzigen Standpunkt der Technik ist anzunehmen, daß die zwei Griffe der Einlader: Öffnen und Schließen, sich nicht mehr vereinfachen lassen. Versuche, das Schließen und Abfeuern zu vereinigen, haben noch keinen günstigen Erfolg gehabt. Um an Schnellfeuer zu gewinnen, mußte daher das Laden vereinfacht werden. Dies geschah durch Konstruktion der Magazin- oder Repetiergewehre. Sie erfordern nur die Griffe der Einlader, von denen sich ihr Schloßmechanismus meist nur durch den hinzugetretenen Zubringer mit Federn, der die Patrone aus dem Magazin hinter den Lauf bringt, unterscheiden. Sie müssen auch jederzeit als Einlader oder Repetiergewehre verwendbar sein. Bei ihnen hat man es in der Hand, die Überlegenheit des Schnellfeuers im geeigneten Gefechtsmoment zur Geltung zu bringen und das Füllen des Magazins, während dessen der Schütze ohne Verteidigung ist, zu gelegener Zeit vorzunehmen. Das Magazin ist entweder fest mit dem Gewehr verbunden oder an dasselbe anhängbar. Erstere Magazine liegen entweder im Vorderschaft unter dem Lauf oder im Kolben und haben die Form eines Rohrs, welches bei einigen neuern Systemen aus einem kastenförmigen Magazin im Kolben austritt. Die Patronen werden entweder durch eine Spiralfeder oder durch Zugstangen dem Zubringer zugeführt. Das Magazingewehr des Amerikaners Spencer (Tafel I, Fig. 23 u. 24) ist das einzige, das sich im Feld (im amerikanischen Krieg) bewährt hat. Das im Kolben sitzende Magazin faßt sieben Patronen. Das Gewehr erfordert drei Griffe. Seine Vorteile den Einladern gegenüber sind gering. Tyler Henry aus New Haven verbesserte seinen Verschluß und legte das Magazin für 15 Patronen unter den Lauf. Eine wesentliche Verbesserung erhielt dieses Gewehr durch den Präsidenten der New Haven-Arms-Company, Winchester, der in der rechten Deckplatte des Verschlußgehäuses eine ovale Öffnung anbrachte, durch welche die Patronen direkt auf den Zubringer gelegt werden, so daß das Gewehr nunmehr auch als Einlader zu verwenden ist. Hierdurch wurde das Henry-Repetiergewehr erst wirklich feldtauglich. 1869 wurde in der Schweiz eine durch Vetterli verbesserte Konstruktion dieses Systems eingeführt, bei welchem aber noch der Schlaghahn beibehalten war. Aus ihm entwickelte sich nach und nach das jetzige eidgenössische Ordonnanzgewehr, Konstruktion Vetterli (Tafel I. Fig. 19). Der eigentliche Verschlußmechanismus ist derselbe wie beim Einlader von Vetterli (Tafel I, Fig. 18); es tritt nur noch der Kniehebel mit dem Patronenzubringer (Zuschieber) hinzu. Beim Schließen des Gewehrs schiebt der Verschlußcylinder die hinter den Rohrmund gehobene Patrone in den Lauf, worauf sich der Zuschieber wieder senkt und, in seiner untersten Lage angekommen, eine neue Patrone aus dem Magazin empfängt. Will man mit Einzelladung schießen, verschließt man das Magazinrohr durch eine Sperrvorrichtung. Das unter dem Lauf im Vorderschaft liegende Magazin faßt elf Patronen, außerdem noch eine auf dem Zubringer, eine im Lauf, so daß das Gewehr mit 13 Patronen geladen werden kann. - In Österreich ist 1872 für die

^[Abb.: Fig. 9. Wellenverschluß des österreichischen Werndl-Gewehrs.]