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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Haustorien - Haut.

nung eines umfassenden, selbständigen Urteils auf dem Gebiet der Tierzüchtung. Der H. in Halle ist die erste Versuchsstätte für systematische tierzüchterische Forschung und dient in dieser Beziehung sowohl praktisch bedeutsamen als streng wissenschaftlichen Zwecken. Von den Tieren werden, soweit es irgend erforderlich erscheint, nach ihrem Tod Skelette, Weichteile und Haut konserviert, über die Entwickelung, Körperbildung und Maßverhältnisse sowie über die Nutzbarkeit der Individuen werden ausführlichste Nachrichten gesammelt und mit der Photographie der Tiere aufbewahrt, so daß hier für die tierzüchterische Forschung eine Grundlage geschaffen wird, wie sie bisher in gleicher Vollständigkeit und Vielseitigkeit nirgends existierte. Von den im Halleschen H. zur Ausführung gelangten Untersuchungen sind namentlich die über Bastardzuchten hervorzuheben. So wurde hier die vielventilierte Frage über Existenz und Eigenschaften des Bastards von Pferdehengst und Eselstute zur Erledigung gebracht; ebenso studierte man das Verhältnis des Grunzochsen zu dem Hausrind und die Paarung von Muflon und Hausschaf und gelangte zu sehr wichtigen Resultaten.

Haustorien (lat., Saugwarzen, Saugwurzeln), Teile der Schmarotzerpflanzen, welche die Rolle von Saugorganen spielen und die für den Schmarotzer nötige Nahrung aus der Nährpflanze aufsaugen und in denselben überführen. Bei manchen parasitischen Pilzen finden sie sich in Gestalt kurzer, lappiger Auswüchse an der Seite der Myceliumfäden; bei epiphyten Schmarotzerpilzen (Erysiphe) berühren dieselben innig die Außenfläche der Epidermiszellen; aber sie kommen auch bei vielen endophyten Schmarotzern, z. B. bei Ustilagineen, Uredineen und Peronosporeen, vor, wo sie von den zwischen den Zellen hinwachsenden Myceliumfäden durch die Zellhaut ins Innere der Zellen hineinragen. Bei phanerogamen Parasiten, wie z. B. bei den Arten von Cuscuta, spielen kurze, warzenförmige Bildungen die Rolle von H.; sie entstehen an denjenigen Stellen, an welche sich der Schmarotzer anlegt. Von ihrer Grundfläche aus dringt ein zapfenförmiger Teil (Saugfortsatz oder Saugwurzel) in das Gewebe der Nährpflanze ein, feine Gefäßbündel legen sich an Gefäßbündelteile des Wirtes an und verwachsen fest mit ihnen. Die H. entspringen bald auf Wurzeln, wie bei den Rhinanthaceen, Santalaceen u. a., bald auf Stengeln, wie bei Cuscuta, Cassytha und Viscum. Letzteres bildet in der Rinde der Nährpflanze wuchernde Rindenwurzeln, die keilförmige Senker in die Holzschichten des Wirtes aussenden.

Haustruppen, Truppen, die zum Dienst um die Person des Fürsten bestimmt sind. H. kamen schon bei den persischen Königen und deren Satrapen vor; später in Rom, unter den frühern Cäsaren als Prätorianer oder Leibwache der Imperatoren, unter den spätern als copiae palatinae. Die türkischen Sultane hatten H. in den Spahis, Janitscharen und Thoptschis. In Frankreich entstanden H. 1493 als Ordonnanzkompanien, die 1671 durch Ludwig XIV. von den Truppen als Maison militaire du roi getrennt wurden; als solche bestanden sie bis zur Revolution und 1816 bis 1830. Napoleon III. setzte die Cent-Gardes an ihre Stelle. In Brandenburg entstanden H. 1542 als Trabantengarde, die 1713 aufgelöst wurde. In Österreich besteht die Arcierenleibgarde (s. Arciere), in Bayern Hartschiere. In Rußland dienten im 16. und 17. Jahrh. die Druschine und die Strelitzen als H. Peter d. Gr. hob alle diese auf und errichtete aus seinen ehemaligen Spielgefährten eine Leibwache, aus welcher später das jetzige Preobraschenskische Garderegiment entstand. Vgl. Garde.

Hausurne, s. Gefäße, prähistorische.

Hausvater (Paterfamilias), der Familienvater in seiner Stellung als Oberhaupt der Familie im Verhältnis zu den unter seiner väterlichen Gewalt Stehenden. S. Väterliche Gewalt.

Hausverfassungen s. Hausgesetze.

Hausverträge s. Hausgesetze.

Hausvogt, niederer Aufsichtsbeamter für Schlösser oder öffentliche Gebäude; Hausvogtei, bekannte Gefangenanstalt, namentlich für Untersuchungsgefangene des ehemaligen Kreisgerichts in Berlin, deren Andenken auch in dem Namen eines Platzes fortlebt.

Hauswirtschaft (Haushalt, Haushaltung) umfaßt denjenigen Kreis von wirtschaftlichen Thätigkeiten, welche das Erworbene, den Besitz, zu Rate hält, bez. mit Hilfe desselben durch Anschaffungen und Umformungen Genüsse erzielt. Der letztere Teil der H. bildet vorzüglich ein Gebiet für die Wirksamkeit der Frau, welche durch richtige Verteilung der Ausgaben, wirtschaftliche Verwendung, tüchtige Ordnung des Haushalts gute Erfolge nicht allein in finanzieller, sondern auch in sittlicher Beziehung erzielen kann. Mit Ausdehnung der Arbeitsteilung und Anwendung wirksamer, billig arbeitender Maschinen werden der H. durch den spekulativen Erwerbetrieb manche Thätigkeiten der Selbstbereitung entzogen, welche, wie das Spinnen, Stricken, Brotbacken etc., früher einen großen Teil der Zeit von Hausfrau und Gesinde in Anspruch nahmen. Hierdurch wurde, sofern die entstandene Lücke im Wirken der Frauen nicht anderweit durch nutzbringende Thätigkeiten ausgefüllt werden konnte, der Haushalt vielfach verteuert. Auch übte diese Erscheinung einen wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung der Frauenfrage (s. d.) aus. Vgl. Hirth, Familienbudget und häusliche Buchführung (Leipz. 1874); E. Engel, Das Rechnungsbuch der Hausfrau (Berl. 1882); Davidis, Anleitung zur selbständigen Führung von Stadt- und Landhaushaltungen (13. Aufl., Leipz. 1886); Kübler (Frau Scherr), Das Hauswesen (10. Aufl., Stuttg. 1883); v. Thirnau, Die häusliche Ökonomie (Leipz. 1881); Schäfer, Lehrbuch der H. (Stuttg. 1886); Wilhelmi u. Löbe, Haushaltungslexikon (Straßburg 1883).

Hauswurz, Pflanzengattung, s. Sempervivum.

Hauszinssteuer, s. Gebäudesteuer.

Haut (Integumentum, Integument), die Bekleidung der Oberfläche und der verschiedenen Höhlen des tierischen Körpers, im übertragenen Sinn auch s. v. w. Membran (membrana), d. h. eine dünne, ausgedehnte Schicht irgend eines Gewebes (Sehnenhaut, Faserhaut, Knochenhaut). Gewöhnlich unterscheidet man die äußere Bedeckung des Körpers schlechthin als H. von derjenigen seiner Höhlen (Darmkanal, Leibeshöhle), welche als Schleimhaut (s. d.) bezeichnet wird; beide gehen meist ohne scharfe Grenze ineinander über. Jede H. besteht aus einer oder mehreren Schichten Zellen (Epithelzellen), die je nach Lage und Funktion des Hautteils verschiedene Beschaffenheit haben. Bei vielen niedern Tieren sind die meisten derartigen Zellen und zwar sowohl die der äußern als auch der innern (Schleim-) H. mit Wimpern besetzt, welche zur Fortbewegung des Körpers im Wasser und auch zur Fortleitung der in den Darm aufgenommenen Nahrungsteilchen oder zur Zirkulation des Bluts in der Leibeshöhle Verwendung finden. Dieses sogen. Flimmerepithel (s. Flimmer), bei Wirbeltieren verhältnismäßig nur noch in