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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Havanabraun; Havarie

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Havanabraun - Havarie.

thronenden Castillo del Principe. In größerer Entfernung, in südwestlicher Richtung, liegen die Vorstädte Horcon, El Cerro und Jesus del Monte mit kleinen und elenden Häuschen. Jenseit des Hafens, auf dessen Ostseite, liegen die Orte Casablanca (mit schwimmendem Dock) und Regla (mit großen Zuckerspeichern). Detachierte Forts verteidigen die Einfahrt zum Hafen und die Stadt. Die bedeutendsten Werke sind das 1589 auf steilem Felsen am Hafeneingang erbaute Castillo del Morro, das Castillo de la Cabaña an der Ostseite der Hafeneinfahrt, das Castillo de Atares im S. und das Castillo del Principe im W. Ein Arsenal mit Schiffswerften liegt am innern Hafen. Eine großartige, 1832-1837 angelegte Wasserleitung versieht die Stadt täglich mit 120 Mill. Lit. Wasser. H. mit den Vorstädten hatte 1817: 139,996 Einw., 1873: 230,000 Einw., von welchen die Hälfte Schwarze sind. Die Industrie leistet Großes in der Fabrikation von Zigarren, ist aber sonst unbedeutend. Desto wichtiger ist der Handel, denn H. ist der Mittelpunkt des spanisch-amerikanischen Verkehrs, und alle seefahrenden Nationen der Welt sind stets in seinem Hafen vertreten. Die größern Seeschiffe können an den Kais der Stadt anlegen. Die Ausfuhr besteht wesentlich aus Zucker, Melasse, Kaffee, Tabak, Zigarren, Honig, Wachs und Rum. Die Einfuhr erstreckt sich namentlich auf Dörrfleisch, Stockfische, Mehl, Reis, Schmalz, Wein, Öl, Steinkohlen und Fabrikwaren. Die Vereinigten Staaten und England nehmen an diesem Handel den Löwenanteil in Anspruch. H. ist Sitz eines deutschen Berufskonsuls. Die milden Anstalten stehen meistens unter Obhut Barmherziger Schwestern. Unter den sieben Hospitälern verdient die sogen. "Beneficencia" Erwähnung, eine Anstalt, welche gleichzeitig Krankenhaus, Armenhaus, Irren- und Waisenhaus in sich faßt. Die ehemaligen Barracones oder Kasernen für Sklaven dienen jetzt als Gefängnis. Für den Unterricht ist durch zahlreiche Schulen gesorgt, unter welchen eine 1728 gegründete Universität (25 Professoren, 300 Studenten) den ersten Rang einnimmt. Außerdem findet man ein Priesterseminar, eine Malerschule, eine Kriegsschule, eine technische Schule, einen botanischen Garten, eine von der Ökonomischen Gesellschaft unterhaltene Bibliothek u. a. Für Unterhaltung sorgen 4 Theater, ein Stierkampfplatz etc. - H. wurde 1519 auf die jetzige Stelle verlegt, nachdem es 1515 von Diego Velasquez an der Südküste, in ungesunder Gegend, nahe dem jetzigen Hafen Baracoa, gegründet worden war. Einen bedeutenden Aufschwung nahm es aber erst im 17. Jahrh., als die Spanier den herrlichen Hafen von H. zum Stapelplatz aller spanischen Besitzungen in Amerika und zum Vereinigungspunkt jener berühmten Gallionen machten, welche das Gold Perus und Mexikos nach Europa brachten. 1563 von einem französischen Seeräuber erobert, wurde die Stadt noch mehrmals von den Engländern und Franzosen, auch ein zweites Mal von Seeräubern und zuletzt (14. Aug. 1762) wiederum von den Engländern genommen, die sie jedoch infolge des Pariser Friedens von 1763 an die Spanier zurückgaben, in deren ungestörtem Besitz sie seitdem verblieben ist.

Havanabraun, s. v. w. Anilinbraun.

Havarie (Havarei, Haverei, franz. Avarie, engl. Average, ital., span. und portug. Avaría), im allgemeinen Bezeichnung für Schäden und Unkosten, welche während einer Seereise Schiff und Ladung treffen. Sind solche lediglich durch einen Unfall verursacht, so spricht man von partikulärer oder besonderer H. (avarie particulière, particular average), welche von dem dadurch betroffenen Eigentümer des Schiffs oder der Ladung zu tragen ist (deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 703). Handelt es sich dagegen um Schäden und Kosten, welche auf der Seefahrt im allgemeinen Interesse erwachsen, so spricht man von gemeinschaftlicher H. (avarie commune), bei welch letzterer wiederum zwischen kleiner und großer H. unterschieden wird. Als kleine oder ordinäre H. (avarie ordinaire, petty average) bezeichnet man nämlich die Unkosten, welche durch die Seereisen an und für sich verursacht werden, wie Lotsen-, Hafen-, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantänegelder, Auseisungskosten u. dgl. Das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch behandelt aber derartige Unkosten nicht als H., bestimmt vielmehr (Art. 622), daß sie von dem Verfrachter allein zu tragen sind. Die eigentliche H., welche (und zwar abgesehen von dem größern oder kleinern Betrag des Schadens) große oder extraordinäre H. (avarie grosse, general average) genannt wird, setzt dagegen einen Verlust voraus, der durch das gemeinsame Interesse geboten war und ebendarum auch von den Interessenten gemeinschaftlich zu tragen ist. Dieses Rechtsinstitut verdankt einem in das römische Recht übergegangenen Gesetz der Insel Rhodos über den sogen. Seewurf (lex Rhodia de jactu) seine Entstehung. Hiernach sollten für den Fall, daß in gemeinsamer Seenot zur Erleichterung des Schiffs Waren über Bord geworfen worden, alle, welche bei der Rettung des Schiffs mit interessiert (omnes, quorum interfuit jacturam fieri), den Schaden tragen helfen, ein Grundsatz, welcher dann in der Praxis des Seehandelsrechts auch auf andre Schäden und Kosten gleicher Art übertragen wurde. Nach dem allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch insbesondere sind die Voraussetzungen der großen H. folgende (Art. 702): 1) Eine wirkliche Seegefahr, welche Schiff und Ladung gemeinsam bedrohte, gleichviel ob durch Verschulden eines Dritten oder eines Beteiligten, oder durch bloßen Zufall herbeigeführt; nur daß der Schuldige im erstern Fall noch außerdem für den Schaden haftet, auch, wenn er ein Beteiligter ist, für den speziell von ihm erlittenen Schaden keine Vergütung beanspruchen kann (Art. 704). 2) Ein Verlust, welcher dem Schiff oder der Ladung absichtlich durch den Schiffer oder auf dessen Geheiß zum Zweck der Rettung zugefügt wurde. Das Handelsgesetzbuch zählt in dieser Beziehung (Art. 708) folgende Hauptfälle (jedoch nur beispielsweise) auf: das Überbordwerfen von Waren, Schiffsteilen oder Schiffsgerätschaften; das Kappen von Masten, Wegschneiden von Tauen oder Segeln, das Schlippen und Kappen von Ankern, Ankertauen oder Ankerketten; das Überladen der Ladung zur Erleichterung des Schiffs auf Leichterfahrzeuge; die absichtliche Strandung; das Einlaufen in einen Nothafen; die Verteidigung gegen Feinde oder Seeräuber, die dabei vorgekommenen Beschädigungen des Schiffs oder der Ladung, die dabei verbrauchte Munition, die Heilungs- und Begräbniskosten der Verwundeten und Gefallenen von der Schiffsmannschaft; die Loskaufung des Schiffs sowie die Kosten, welche durch Beschaffung der zur Deckung der großen H. während der Reise erforderlichen Gelder erwachsen. 3) Erfolg dieser Maßregeln, also gänzliche oder doch teilweise Errettung des Schiffs und der Ladung aus der Gefahr. Der so entstandene Schade ist von allen denjenigen in verhältnismäßiger Weise zu tragen, zu deren Vorteil jenes Opfer gereichte, also auch mit